Epitaph
History Box 2 Bonus-CD (Review-Serie, Folge 7)
Epitaph-Review-Serie (History Box 2; The Polydor Years 1971 - 1972), Folge 7: Bonus-CD
Mit der Bonus-CD der zweiten History-Box, die die Jahre Epitaphs bei Polydor umfasst, schließen wir den zweiten Teil der Review-Serie ab. Diese Bonus-CD beinhaltet – typisch für solche CDs – ein Sammelsurium unterschiedlicher Aufnahmen, die den zeitlichen Rahmen der Polydor-Jahre sprengen. Nicht alle Aufnahmen sind datiert. Sie scheinen auf der CD aber – mit einer Ausnahme - in historischer Reihenfolge zu erscheinen.
Als ich dieses Intro schrieb, hoffte ich noch auf eine Fortsetzung, denn weder Outside the Law, das vierte Album der Band, noch die Alben, die nach der Reunion im Jahre 2001 ab 2007 erschienen sind, wurden bisher im Rahmen der History-Box vorgestellt.
Nun ist aus der Hoffnung Gewissheit geworden, aber ganz anders als gedacht. Ob die History-Box noch weitere Folgen haben wird, weiß ich immer noch nicht. Aber auf meinen Schreibtisch liegt eine brandaktuelle CD mit dem coolen Titel Don't let the gray Hair fool you!, die in der nächsten Ausgabe als Folge 8 der Epitaph-Review-Serie besprochen werden wird.
Frühe Demos
Die ersten beiden Stücke führen uns an den Beginn der Bandkarriere. Das Demo ist im April 1970 unter einfachsten Bedingungen live in einem Hamburger Tonstudio aufgenommen worden. Ob das schon nach dem Wechsel der in Dortmund gegründeten Band nach Hannover geschehen ist, bleibt offen. Der Umzug geschah ebenfalls im Frühjahr 1970.
Wir erleben einen eher rohen Gitarren-Rock, der insbesondere bei dem zweiten Stück in ein ziemliches Solo-Gedudel ausufert. Passt in die Zeit, ist kompositorisch aber noch unausgegoren.
Der Beat Club von Radio Bremen
Es folgen zwei Stücke von einem undatierten Auftritt im Bremer Beat Club, von denen bislang nur eins, stark gekürzt, veröffentlicht wurde.
Die beiden recht langen Stücke unterscheiden sich deutlich, sind sich aber darin einig, dass man von einer Live-Situation nichts merkt. Das ruhig progressiv beginnende „Early Morning” knüpft als intensive mäandernder Kraut-Jam an die Demos an, während das wunderbar weiche „Little Maggie“ die West Coast Ausrichtung vorbereitet, die auf späteren Epitaph-Alben zu finden ist.
Singles und b-Seiten
Ebenfalls undatiert sind die Stücke 5 bis 9, die als Singles oder b-Seiten erschienen sind. Hier ist es besonders bedauerlich, dass Datierungen fehlen. Das starke „We love yuo Alice“ würde z.B. gut zu den Rock’n’Roll-Klassikern (Track 16 und 17) passen. Das kraftvolle, rau gesungene „Autumn ‘71“, das man eher Birth Control zuordnen würde, passt zu „Wings on my Shoes“ von den Lost Tapes.
Das eröffnende „London Town Girl“ ist ein kraftvoller angeprogter Rock, der auch auf einem Jane-Album funktioniert hätte.
The lost Tapes
1975, also erst nach dem 1974 auf dem amerikanischen Label Billingsgate erschienen Album Outside the Law, waren Epitaph in ihrer Gründungsstadt Dortmund im Studio, um Songs für ein viertes Album einzuspielen, das nie erscheinen sollte. Sechs Stücke davon (Track 10 bis 15) befinden sich auf dieser CD unter der Bezeichnung The lost Tapes. Aufgenommen wurde damals eine größere Anzahl von Songs, die aufgrund der Kapazität einer CD hier offenbar nicht komplett aufgenommen werden konnten. Auf der 2010er Wiederveröffentlichung von Outside the Law befanden sich ebenfalls Aufnahmen der Lost Tapes. Neben zwei Stücken, die jetzt wieder dabei sind, findet sich dort das hier ausgelassene „Wasted so much Time“. Im Booklet von 2010 wurden die Lost Tapes übrigens erst ins Jahr 1976 datiert.
2010 hatte man gut ausgewählt, denn der treibende Rocker „Train to the City“ und der melodische Rocker „Kind of a Man“ sind die Highlights der Lost Tapes.
Einwurf
(Das Kapazitäts-Problem hätte man lösen können, wenn man die beiden Alben Epitaph und Stop look and listen nicht auf eine CD gepresst hätte. Dann hätte man die kompletten Lost Tapes auf eine Bonus-CD packen könnten und die anderen Bonus-Track zeitlich passend auf eine der dann 3 CDs verteilen können.)
Das Rock’n’Roll-Album
Wann auch immer, wurde der Band das Angebot gemacht ein Album mit Rock’n’Roll Klassikern im Epitaph-Stil aufzunehmen. Das wurde unter Beteiligung des legendären Pianisten Gottfried Böttger in demselben Hamburger Tonstudio gemacht, in dem schon die frühen Demos eingespielt wurden. Ob es noch weitere Aufnahmen gibt, verrät das Booklet nicht. Veröffentlicht wurde das geplante Album nicht.
Ein großer Verlust ist das nicht. Epitaph interpretieren die Klassiker solide, ohne ihnen viel Neues hinzuzugeben. Eine prima Sache, um bei einem Konzert die Party-Stimmung anzuheizen, ansonsten braucht man dieser Cover-Versionen eher nicht.
Epitaph als Backing Band
Der letzte Song der Bonus-CD dürfte historisch noch vor den Demos zu verorten sein, die die CD einleiten. Er wurde auch bereits veröffentlicht, aber nicht unter dem Namen Epitaph, sondern auf der Günter Boas-LP Piano Blues. Epitaph hatten ihm bei einer Reihe von Gigs als Backing Band begleitet und dann die LP mit ihm aufgenommen. Während einer Pause spielten Epitaph einige eigene Songs, die ihnen dann den Plattenvertrag mit Polydor einbrachten.
Das bringt der Compilation eine herrliche Boogie-Woogie Nummer ein, die über ein tolles Hammer-Piano verfügt. Ein tolles Finale, das vielleicht erklärt, warum das Stück nicht historisch richtiger an den Anfang der Compilation gestellt wurde.
Fazit:
Während viel derartige Bonus-CDs vor allem Material präsentieren, das zu „seiner Zeit“ zu Recht unveröffentlicht blieb, liefert die History Box 2 mit ihrer Bonus-CD echten Mehrwert.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 I'm trying (5:34)
2 Changing World (5:50)
3 Early Morning (7:17)
4 Little Maggie (7:18)
5 London Town Girl (3:27)
6 Paradise for Sale (3:17)
7 Autumn '71 (4:29)
8 Are you ready (4:22)
9 We love you Alice (3:33)
10 Better Games (4:05)
11 She's burning (4:47)
12 Wings on my Shoes (2:59)
13 Train to the City (4:02)
14 Another Day is calling (3:28)
15 Kind of a Man (4:55)
16 Long tall Sally (3:28)
17 Shakin' all over (3:24)
18 Feeling shaky (3:22)
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