Julian Siegel Jazz Orchestra

Tales From The Jacquard


Info
Musikrichtung: Big Band Jazz

VÖ: 23.07.2021

(Whirlwind Recordings)

Gesamtspielzeit: 75:12

Internet:

http://juliansiegel.tumblr.com/
http://uk-promotion.net/
http://www.whirlwindrecordings.com/


2018 stellte der britische Jazzmusiker Julian Siegel sein Album "Vista" im Quartett-Format vor. Nun, aktuell erschienen, hat er dieses Quartett erheblich erweitert und nennt die Formation entsprechend Julian Siegel Jazz Orchestra.

Mit "Vista" hatte der Saxofonist ein lockeres Konzept vorgestellt, mit verschiedenen stilistischen Ausprägungen. Hard Bop, freier gestalteter Jazz, Latin Jazz, modaler Jazz, ein Hauch Bebop, also quer durch die Jazzgeschichte, dabei mit recht individuellem Ausdruck.

Tales From The Jacquard, so wird es im begleitenden Booklet erklärt, entstand, als der Protagonist 2017 einen Auftrag erhielt, ein Stück für Jazz-Orchester zu komponieren. Die Entstehungsgeschichte kann man auch detailliert nachlesen. Das Jazz-Orchester umfasst schließlich neunzehn Akteure inklusive des Dirigenten. Neben der erst aktuell bekannt gewordenen Saxofonistin Tori Freestone finden wir als wohl bekanntesten Namen einen Veteranen der britischen Szene, den Trompeter Henry Lowther. Aber letztlich sind es alle Musiker, die brillant das umsetzen, was Siegel komponiert hat, bis auf den Titel "Fantasy In D", der von Cedar Walton stammt. Wer im Einzelnen soliert, kann man im aufklappbaren CD-Cover nachlesen.

Neben den sehr interessant aufgebauten Kompositionen zeigt sich Siegel ebenfalls für die Arrangements verantwortlich, und beides auf hohem Niveau. Ingesamt ergibt sich ein relativ einheitliches Bild, es sind klassische Arrangements, anknüpfend an verschiedene Orchesterleiter wie Oliver Nelson, Quincy Jones, Gil Evans und ein wenig vielleicht auch in Richtung Duke Ellington. So ist ein eigentlich klassisches Big-Band-Album entstanden mit einer allerdings sehr persönlichen Ausprägung, und es klingt wesentlich europäischer als die vorgenannten Beispiele. So empfinde ich dann schon eher eine Nähe zu den verschiedenen Big Bands in Deutschland, wie etwa die NDR oder die WDR Big Band zu arbeiten pflegen.

Tales From The Jacquard ist allerdings nur ein Bestandteil der ganzen Platte, die Suite umfasst letztlich nur die ersten drei Songs mit einer Spieldauer von etwa einunddreissig Minuten. "Blues" schleppt sich recht schwergängig und wirkt im Aufbau recht dramatisch, der tiefe Klang von Posaunen bestimmt die Atmosphäre, frei und spielerisch erhebt sich Jason Yarde mit seinem Solo auf dem Sopransaxofon. Einen Hauch New Orleans mag man hier und da auch spüren, an die dortigen Brass Bands.

Leichter fliessen solche Stücke wie "Song", im sanften Balladen-Modus oder das swingende "The Missing Link", das für mich ganz viel von klassischen Big Bands atmet. "The Goose" klingt "moderner", mit Ausprägungen von Fusion, es rockt gar ein wenig hier und da, und mit der "Fantasy In D" wird noch einmal ein flott swingender Abschluss mit einem sehr kompliziert wirkenden, verschachteltem Arrangement, geboten. Ja, insgesamt ist das eine Platte mit niveauvoller und hochwertiger Musik geworden, Musik, die begeistern und mitreissen kann, auch wenn zumindest bei der Suite Hauptaugenmerk auf der Komposition liegen mag, die mitunter klare Grenzen festlegt.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Tales From The Jacquard (part 1) (7:05)
2 Tales From The Jacquard (part 2) (6:30)
3 Tales From The Jacquard (part 3) (17:44)
4 Blues (7:49)
5 Song (8:47)
6 The Missing Link (10:04)
7 The Goose (10:21)
8 Fantasy In D (6:41)
Besetzung

Julian Siegel (tenor & soprano saxophones, bass clarinet, composition, arrangements)
Nick Smart (conductor)
Tom Walsh, Percy Pursglove, Henry Lowther & Claus Stötter (trumpets)
Mark Nightingale, Trevor Mires & Harry Brown (trombones)
Richard Henry (bass trombone, tuba)
Mike Chillingworth (alto saxophone)
Jason Yarde (alto & soprano saxophones)
Stan Sulzmann (tenor saxophone)
Tori Freestone (tenor saxophone, flute)
Gemma Moore (baritone saxophone, bass clarinet)
Mike Outram (guitar)
Liam Noble (piano)
Oli Hayhurst (double bass)
Gene Calderazzo (drums)



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