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30 Jahre Donner: W.A.S.P. auf Jubiläumstour
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30 Years Of Thunder - mit diesem Motto bewirbt Heavy Metal-Prediger Blackie Lawless auf seiner Homepage die diesjährige Tour zum 30-jährigen Bandjubiläum. Es wird eine spektakuläre Show mit vielen Pyros, einer zweistündigen Spielzeit und einer besonderen Setlist versprochen. Außerdem soll der legendäre Mikrophonständer „Elvis“ mit an Bord sein. Das alles waren für mich definitiv genügend Gründe, den Weg nach München in Kauf zu nehmen. Ums Backstage-Werk herrscht hektisches Treiben. Zahlreiche Kuttenträger verschiedensten Alters tummeln sich um die Halle. Es ist fast nicht zu glauben, das W.A.S.P. doch noch so viele Fans ziehen.
Die erste Vorgruppe bekomme ich nur akustisch mit - zwei Vorbands sind mir mittlerweile definitiv zu viel. Die zweite Vorband ALPHA TIGER nimmt ihre Chance wahr und spielt sich um Kopf und Kragen. Der Einsatz stimmt, der Sound ist für eine Vorband fabelhaft und die 80er Jahre Spandex/Haarspray/Retro-Band legt sich mächtig ins Zeug. Der Sänger bringt seine Parts in bester Geoff Tate-Manier unter die Leute und die restlichen Bandmitglieder spielen ebenfalls sehr gut zusammen. Als Zugabe wird der Riot-Klassiker „Warrior“ rausgehauen, der vom Publikum begeistert aufgenommen wird. Alpha Tiger bekommen zu Recht sehr viel Applaus und man kann bei ihnen wirklich von einem mehr als gut erfüllten „Anheizerjob“ sprechen.
Die Bühne wird sofort nach Alpha Tiger umgebaut. Links und rechts werden riesige W.A.S.P.-Backdrops unter dem Motto „30 Years Of Thunder“ aufgestellt, die gleichzeitig als Video-Leinwände verwendet werden können. Ich warte auf den Mikrophon-Ständer „Elvis“, der jedoch leider nicht aufgebaut wird. W.A.S.P. kommen nach einem „Best-Of-Intro“ ihrer größten Hits wie immer mit riesigem Bewegungsdrang auf die Bühne. Bassist Mike Duda springt von einer Seite auf die Bühne auf die andere, Blackie Lawless dreht von der ersten Sekunde an am Rad und peitscht das Publikum an. „On Your Knees“ plättet von Beginn an und der druckvolle Sound tut sein übriges. Fakt ist: W.A.S.P. machen an dem Abend keine Gefangenen, sondern geben Vollgas. Blackie ist bei allerbester Laune und brüllt seine Gesangsparts mit einer Inbrunst ins Publikum, das einem Hören und Sehen vergeht. Den Song „The Torture Never Stops“ habe ich live noch nie gehört. Er kommt beim Publikum bestens an. Überhaupt muss man sagen, dass die Münchner dem „Gesetzlosen“ und seiner Truppe einen geradezu überschwänglichen Empfang bereiten. „Wild Child“ peitscht das Publikum ziemlich nach vorne. Die Stimmung in der Halle ist wirklich klasse. Der Smasher „Sleeping In The Fire“ bringt die guten alten Zeiten zurück, in denen der durchgeknallte Chris Holmes noch mit von der Partie war. „The Headless Children“ bekommt eine geniale Videountermalung und beim Überhit „I Wanna Be Somebody“ animiert ein bestens aufgelegter Blackie das Publikum zum Mitsingen. So gut wie an diesem Abend habe ich das bis jetzt live noch nie gesehen.
Etwas blass bleibt einzig Gitarrist Doug Blair, der sich nicht allzu viel bewegt und einfach seinen Job überaus solide, aber unspektakulär erledigt. Ganz anders Blackie Lawless. Er peitscht das Publikum pausenlos an, schaut mit dem Gesicht in Richtung Himmel und scheint sich immer wieder mal mit einer Art übersinnlichen Macht zu unterhalten. Wie gesagt: sehr durchgeknallt, der Gute. An Blackie sind die vergangenen 30 Jahre natürlich nicht spurlos vorüber gegangen. Dies sieht man leider am Besten, wenn man ab und zu auf die Videountermalungen schaut, die im Hintergrund laufen. Dies machen W.A.S.P. für meine Begriffe auch ziemlich ungeschickt. Bei Songs des Konzeptalbums The Crimson Idol passt das natürlich, aber bei den restlichen Songs ist das ziemlich Fehl am Platze. Ich möchte die Band live sehen, und keine Videos. Rein optisch ist er ziemlich gealtert, aber die Stimme ist top.
Die Songs von Crimson Idol werden mit sehr guten Videosequenzen untermalt. Dadurch werden die düsteren Lyrics verstärkt und die Songs kommen noch intensiver rüber. Leider wird durch den Crimson Idol-Block auch die Stimmung bei den Fans ein bisschen gedrückter. Danach wird ein kurzer Werbeblock eingeblendet, auf dem man Blackie Lawless ganz kurz in einem Promo-Video der Ulk-Rocker „Spinal Tap“ sieht. Die Pause dauert ein paar Minuten, die von der Band zum kurzen „Ausschnaufen“ genutzt wird. Schlagzeuger Mike Dupke überbrückt die Pause mit einem fulminanten Schlagzeugsolo. Im Hintergrund sieht man Autos, die bei irgendwelchen Rennen mitmachen - und er produziert den Soundtrack dazu. Die Idee ist originell und kommt im Publikum gut an. Blackie und der Rest der Truppe kommen zurück auf die Bühne und jetzt wird auch der legendäre Mikrophonständer „Elvis“ installiert. Blackie erzählt, dass er diesen vor etlichen Jahren von den Filmkulissenbauern des Walt Disney-Konzerns entwerfen ließ. Laut Blackie hat ihn der Mikrophonständer 10 000 Dollars gekostet. Eine Wahnsinnssumme. Aber daran lässt sich erkennen, welche Beträge in den goldenen 80ern teilweise im Spiel waren. Blackie lässt es sich natürlich nicht nehmen, auf „Elvis“ zu steigen und ihn hin- und her zu schwenken. Einmal klettert er sogar komplett darauf.
Mit dem Doppelschlag „Heaven’s Hung In Black“ und dem obligatorischen „Blind In Texas“ lassen es die Amis noch einmal richtig krachen, bevor sie sich kurz und schmerzlos vom begeisterten Publikum verabschieden und die Bühne in einem Affentempo wieder verlassen. München will noch eine Zugabe und fordert diese auch vehement ein. Das ganze Bitten und Betteln bringt jedoch nichts. Das Konzert ist nach 90 Minuten vorbei. Die Stimmung im Publikum war während des kompletten Konzerts absolut fantastisch. Man hat gemerkt, dass sich die Spielfreude der Band optimal auf das Publikum übertragen hat. W.A.S.P. waren ebenfalls sehr motiviert und haben sich für ihre Verhältnisse sogar ziemlich lange auf der Bühne gehalten. Normalerweise ist nach 70 Minuten Schluss. Trotzdem bleibt ein großer Kritikpunkt: Wenn man auf der eigenen Homepage mit einer Zwei-Stunden-Show wirbt und Pyros, Gimmicks und etliche Show-Effekte verspricht, muss man eigentlich mehr bringen. Pyros waren Fehlanzeige, eine Kettensäge oder sonstige Effekte wurden komplett ausgespart und zu zwei Stunden Spielzeit hätten ebenfalls noch 30 Minuten gefehlt. Der einzige besondere Effekt war der viel zu selten benutzte Mikrophon-Ständer „Elvis“ und die 90 Minuten Spielzeit. Dies ist in meinen Augen zu wenig. So feiert man keinen 30sten Geburtstag, Blackie. Außerdem wäre es anlässlich des Jubiläums eine feine Sache gewesen, von jedem Album zumindest einen Song zu spielen.
Fazit: Spielfreude und Einsatz haben absolut gestimmt. Aber für eine 30th Anniversary Tour wurde einfach zu wenig geboten.
Setlist:
On Your Knees
The Torture Never Stops
The Real Me
L.O.V.E. Machine
Wild Child
Sleeping (in the Fire) / Forever Free
The Headless Children
I Wanna Be Somebody
The Titanic Overture
The Crimson Idol Medley
The Idol
The Great Misconceptions of Me
Schlagzeugsolo
Heaven's Hung in Black
Blind in Texas
Stefan Graßl
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