Klez.e - "Klar haben wir das Rad nicht neu erfunden"
Info |
Gesprächspartner: Klez.e
Zeit: 13.11.2004
Interview: Telefon
Stil: Prog Pop
Internet: http://www.klez-e.de
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Klez.e hat sich mit dem kürzlich erschienenen Album „Leben Daneben“ blitzschnell in die Münder der Indie-Pop-Szene katapultiert, ist überall im Gespräch und längst mehr als ein Geheimtipp. Die Stimme von Sänger Tobias ist auch im Alltagsleben sehr sanft und zerbrechlich. Der äußerst sympathische Berliner erzählt von Erfahrungen mit den Medien, Vergleichen, Delbo, uvm.
MAS: Wie lief eure Tour denn so?
Tobias: Super! Es was ja unsere erste Tour. Klar haben wir vorher schon gespielt und so, aber nur so vereinzelte Gigs. Am Stück zehn Tage hintereinander zu spielen, war schon ne große Erfahrung für uns, das hat uns alle auch noch mal näher zusammen gebracht. Wir haben festgestellt, dass wir richtig gut zusammenpassen. Wir haben uns noch mal um einiges lieber gewonnen (lacht)
MAS: Wie waren die Publikumsreaktionen so?
Tobias: Auch gut. Die Besucherzahlen waren unterschiedlich. Die Tour ist ja leider sehr kurzfristig zustande gekommen. Die erste Booking Agentur, bei der wir waren, haben leider gar nichts gemacht für uns. Dann haben wir kurz vor Tourbeginn noch die Agentur gewechselt und die haben dann auch ganz schnell diese zehn Tage voll bekommen. Das war natürlich super, hatte aber den Nachteil, dass wir teilweise nur als erste Band noch reingenommen wurden. Da gab’s dann auch kaum Werbung und bei zwei, drei Konzerten hat man schon gemerkt, dass die Leute eigentlich nicht gerade wegen uns da waren. Es hat aber trotzdem gut funktioniert.
MAS: Anfang nächsten Jahres kommt dann der zweite Teil eurer Tour. Ändert ihr da was?
Tobias: Wir haben ja mehr Zeit und die Agentur arbeitet da jetzt auch schon dafür. Das wird dann auch wohl eher als Klez.e angekündigt sein. Wir werden aber trotzdem wieder mit Bands zusammen fahren, weil wir das sehr gut finden. Ich würde nicht so was sagen wie „wir haben Vorbands“ oder „wir sind Vorband“, man fährt einfach mit einer Band, die man gut leiden kann und man wechselt sich ab. Ich mag dieses Vorband-Hauptband-Ding eh nicht so, man spielt eben zusammen.
MAS: Man hat mir gesagt, dass ihr sogar auf MTV gelaufen seid.
Tobias: Ja, auf MTV Spin eben.
MAS: Hättet ihr damit gerechnet?
Tobias: Naja, nee, eigentlich nicht. Wir haben dieses Video gedreht und haben schon darauf gehofft, dass es irgendwo unterkommt. Der erste Gedanke war Fast Forward, was ja im deutschen Musikfernsehen so ziemlich die einzige Möglichkeit für Indie-Bands ist. Früher gab’s da ja noch Onyx und Viva Zwei. Jetzt gibt’s nur noch Charlotte und das sind so viele Bands, die versuchen ihr Video da dann irgendwie rein zubekommen. Es ist wirklich sehr schwer geworden, gute Musik ins Fernsehen zu bringen. Ich möchte mich jetzt hier aber nicht nach vorne spielen, es gibt ja viele Bands, die wir auch gut finden und uns freuen würden, die auch mal zu sehen. Wir waren dann sehr glücklich, als die Nachricht kam, dass es läuft. Man merkt auch immer wieder, wenn ich zum Beispiel mit Delbo unterwegs bin, dass mich Leute darauf ansprechen und meinen, dass sie mein Gesicht schon im Fernsehen gesehen haben. Das scheint schon ein wichtiger Punkt zu sein, eine neue Band in die Runde zu bringen.
MAS: Wie ist es für euch den Medien als ernsthafte, sensible Musiker ausgeliefert zu sein?
Tobias: Das ist ja alles noch ziemlich neu für uns. So viel Erfahrung haben wir ja noch nicht gesammelt. Ich bin anfangs an die Interviews auch sehr naiv rangegangen und habe versucht so viel ich bzw. Band zu sein wie es geht. Aber hier und da ging das schon nach hinten los. Da brauchen wir wohl erst noch die richtig schlechten Erfahrungen, um zu merken, welche Themen man besser nicht anspricht. Zum Beispiel bei einem Thema habe ich schon krass gemerkt, dass das ein Punkt ist, der in Deutschland eine wichtige Rolle spielt. Wenn man sich darüber äußert, warum man deutsch singt, habe ich in den ersten Interviews noch gesagt, dass ich deutsch singe, weil ich deutsch bin. Das habe ich ja aber nicht so gemeint, dass ich Deutscher bin und stolz drauf bin oder so. Das haben ein paar Bands gemacht und wurden sofort in eine rechte Ecke gestellt. Das hab ich so nicht gewollt. Mit „Muttersprache“ hätte ich das einfach besser ausdrücken können. Heute sage ich eher, dass ich deutsch singe, weil ich kein Englisch kann, was auch stimmt.
MAS: Wie ist das mit CD-Kritiken? Wie ist es, dass überhaupt die Möglichkeit besteht von jemandem total zerrissen zu werden?
Tobias: Hmm, na ja, letztendlich ist alles Geschmackssache. Man kann nicht damit rechnen, dass die Leute gut finden, was man macht. Nun waren die meisten Kritiken recht gut. Es gab auch ein paar Verrisse, aber das waren wenig und bei den meisten davon hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass es nicht auf eine Geschmackssache hinausläuft, sondern derjenige sich mit der Sache nicht auseinandergesetzt hat. Zum Beispiel ein Vergleich mit Trainingsjacken und Hamburger Schule kann ich nicht nachvollziehen. Wenn jemand aber mit dem Gesang nicht klarkommt, verstehe ich das, da er schon sehr speziell ist und die Stimme sehr hoch ist. Wenn das jemand nicht mag ist das okay.
MAS: Wobei ja gerade das doch eine sehr persönliche Sache ist.
Tobias: Ja, wenn es jetzt die Kritiken durchgehend so gewesen wären, klar, dann hätten wir wohl aufgehört oder nur für uns Musik gemacht. Dadurch, dass es aber überwiegend positiv war, passt das schon.
MAS: Du spielst ja auch bei Delbo. Wie verteilst du da den Fokus?
Tobias: Das ist für mich gleichberechtigt. Delbo gibt es ja schon viel länger und manche Lieder, die mir im Kopf rumschwirrten, hätten da einfach nicht reingepasst. Außerdem singe ich bei Delbo auch nicht. Ich habe hier ja ein Studio in Berlin und da ist man schon schnell dabei auf den Record-Knopf zu drücken und was aufzunehmen. Daraus entstand dann Klez.e. Wenn einfach manche Sachen in der Schublade verschwinden würden, nur weil sie bei Delbo nicht passen, wäre das schade. Außerdem wollte ich auch mal im Mittelpunkt stehen und singen.
MAS: Wie ist es dann für dich, dass Klez.e, die es viel kürzer gibt, viel schneller die Aufmerksamkeit bekommen haben als Delbo?
Tobias: Ich glaube, das wäre ohne die Erfahrung, die wir mit Delbo gesammelt haben, nicht gegangen. Da konnten wir auf vieles, was wir gelernt hatten zurückgreifen. Ich hänge ja auch in dem Loob Label drin. Die erste Delbo Platte ist auch schon auf dem Label erschienen und aus den Fehlern konnte man dann einfach lernen. Oder wir haben auch viele Kontakte geknüpft, die wir jetzt auch verwenden konnten. Ich denke, dass es deshalb schneller ging. Ich kann auch gar nicht abschätzen, ob es eher im Gespräch ist als Delbo.
MAS: Im Moment bestimmt.
Tobias: Es ist ja auch zugänglicher und weniger kantig. Mal kucken wie’s weitergeht.
MAS: Es gibt ja bei euch ständig den Radiohead- bzw. Notwist-Vergleich. Wird der auf Dauer eher zur Last als zum Kompiment?
Tobias: Leute werden immer vergleichen wollen. Die darüber schreiben, wollen vergleichen. Die es lesen, wollen Vergleiche. Wenn’s nicht Notwist und Radiohead wären, wär’s was anderes. Deshalb ist es schon positiv für uns. Es liegt auch einfach auf der Hand, wenn man was mit Elektronik und Gitarren macht. Wenn da die Elektronik ein bisschen rumplackert denkt man einfach an Notwist, Console oder die elektronischen Sachen von Aphex Twin und Radiohead. Klar haben wir das Rad nicht neu erfunden. Mit der nächsten Platte wird das aber bestimmt noch eigenständiger, als es jetzt schon ist. Vielleicht kann man das dann auch als eigenes Ding wahrnehmen. Solange es aber nicht gerade „Radiohead auf deutsch“ heißt, hab ich kein Problem bin Vergleichen.
MAS: Komponierst du bei den Songs alle Instrumente selbst?
Tobias: Bei den vier, fünf Songs, aus denen Klez.e entstand war das so. Da hab ich alles selbst eingespielt und das entstand alles aus meinem Kopf heraus. Mit der Band zusammen haben wir die Songs dann aber schon noch verbessert. Auf der Platte sind fünf Lieder von mir, der Rest ist von der Band als Ganzes. Das Meiste entsteht mit der Band im Proberaum. Ich will da gar keine klassische Sänger/Chef-Position einnehmen. Die Gleichberechtigung ist mir sehr wichtig. Es ist also ausdrücklich kein Soloprojekt von mir.
Kevin Kirchenbauer
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