Unanimated
Ancient God Of Evil
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Mit In The Forest Of The Dreaming Dead hatten Unanimated ein starkes Debütalbum vorgelegt und zugleich einen Markstein für die Entwicklung des schwedischen Black Metal gesetzt, der sich auch in der Zukunft deutlich melodielastiger und vom klassischen Metal beeinflußt präsentierte (Ausnahmen wie Marduk bestätigen die Regel) als derjenige aus anderen Regionen der Welt, speziell der aus dem benachbarten Norwegen. Auf Ancient God Of Evil, Album Numero 2, gingen Unanimated diesbezüglich noch einen Schritt weiter und markierten ihren Sound schon fast als Parallelentwicklung zu demjenigen, was man in Südschweden zu dieser Zeit als Melodic Death Metal aus der Taufe hob. Zwar war Gründungsmitglied Richard Cabeza an den Baß zurückgekehrt, hatte gleich noch das umgedrehte Kreuz mitgebracht, das für das Coverartwork abgelichtet wurde, und firmierte nunmehr als Richard Daemon, aber neue Extremitätsrekorde in puncto lyrischer Bösartigkeit stellte der Zweitling trotz des Titels und des von Cabeza so bezeichneten „Anti-Life“-Konzeptes mancher Texte nicht auf und musikalisch erst recht nicht. Die neun Songs gebärden sich statt dessen noch kontrollierter als die des Debütalbums, und dank der relativ klaren Produktion von Dan Swanö wirkt die Scheibe noch melodielastiger als das Material des Debütalbums, zumal auch Drummer Peter Stjärnvind noch ein wenig öfter in midtempolastige Gefilde herunterschaltet, gern auch ein wenig komplexer arrangiert wie im von einer klassischen Iron-Maiden-Harmonie eingeleiteten Schlußteil von „Oceans Of Time“ oder über weite Strecken in „Eye Of The Greyhound“. Diesbezüglich hat der Opener „Life Demise“ ein Stück weit auf eine falsche Fährte geführt: Ohne Intro oder sonstige Vorwarnung prescht hier nämlich ein – wenn auch hochmelodisch unterriffter – Prügelpart los, und Micke Jansson läßt einen herben Kreischer los, als habe ihn der Leibhaftige gerade an einer Stelle gepackt, wo das Ganze ein eher unangenehmes Gefühl hinterläßt. Dass das Material einen Deut geradliniger wirkt als das vom Debüt, dürfte eine akustische Täuschung sein, zu der auch der Fakt beiträgt, dass mit „Mireille“ ein trotz einiger dramatisch anmutender Drumelemente ruhiges Instrumental in der Albummitte steht, das Material somit grundlegend in zwei große härtere Blöcke gliedernd. Aber generell gilt, dass Jojje Bohlin und Jonas Mellberg kompositorisch wie gitarrenseitig nochmal zwei Schippen auf den Melodiehaufen gelegt haben, was vor allem Rückkehrer Cabeza aka Daemon nicht so richtig in den Kram gepaßt hat, der tendenziell lieber extremer werden wollte. Da nützte auch nichts, dass er im Intro von „The Depths Of A Black Sea“ mal mit einer tragenden Rolle in den Vordergrund gehen durfte. Selbst Jansson variiert seine Stimme an zwei, drei Stellen stärker als auf dem Vorgänger und offenbart sowohl in „Life Demise“ als auch in „Eye Of The Greyhound“ eine sehr tiefe Klarstimme, die ihn beispielsweise auch für eine Doom- oder Gothic-Kapelle qualifiziert hätte – sofern er das selber ist und nicht ein Gastmusiker wie etwa Dan Swanö himself, worüber das Booklet des hier vorliegenden Re-Releases leider keine Auskunft gibt, während wie schon auf dem Debütalbum Jocke Westman die Keyboards eingespielt hat, die einige Passagen wieder wirkungsvoll akustisch untermalen. Ob Swanö auch die Idee zu einigen außergewöhnlichen Verzierungen wie den plötzlichen, sehr verhallt eingemischten Paukenschlägen in „Ruins“ hatte oder ob das schon von vornherein so geplant war, können nur Insider beurteilen. Fest steht allerdings, dass die neun Songs von Ancient God Of Evil mit einer anderen Leadstimme und an einigen Stellen etwas zurückhaltenderem Drumming eine blitzsaubere Traditionsmetalscheibe abgegeben hätten. Selbst aus „Dying Emotions Domain“, mit wildem Geprügel anhebend, wird bald eine deutlich kontrolliertere und umfangreich mit verschrobenem Midtempo-Drumming arbeitende Nummer, die gar eine Art hitverdächtigen keyboarduntermalten Refrain besitzt, der nur deswegen nicht zum Hit geworden ist, weil Jansson auch hier die Vocals intensiv herauskeift und die Klarstimme nur später im Song in einigen geflüsterten Passagen zutagetritt. Auch der Refrain des Closers „Die Alone“ oder dessen dem sanften Keyboardintro folgendes Melodiethema wie auch schon das einführende letztgenannte in „Life Demise“ haben definitiv das Zeug, sich langfristig im Großhirn einzunisten, wenngleich man natürlich mit dem fröhlichen Mitsingen von Zeilen wie „Dark and misty, I die alone“ ein bißchen vorsichtig sein sollte.
Auch mit Ancient God Of Evil kamen Unanimated trotz der musikalischen Klasse businesstechnisch keinen Schritt weiter, und bandinterne Spannungen führten alsbald zum vorläufigen Verschwinden der Combo auf dem Bandfriedhof. Wenn man sich vor Augen hält, dass Mellberg kurze Zeit später für Therion eine epische Ballade wie „The Siren Of The Woods“ (noch heute ein ergreifender seelenstreichelnder Geniestreich allerhöchster Kategorie) schrieb, Cabeza aka Daemon aber härter und roher zu Werke gehen wollte, war irgendwie klar, dass das intern nicht mehr gut gehen konnte. Erst im neuen Jahrtausend raufte sich die Band wieder zusammen und spielte 2008 auf dem Party.San-Festival ihren ersten Gig außerhalb Schwedens überhaupt – aber das ist dann schon wieder eine andere Geschichte.
Lange Zeit vergriffen gewesen, wurde auch Ancient God Of Evil zunächst 2008 von Regain Records re-releast und dann noch ein weiteres Mal, nunmehr mit einem 2020 von Dan Swanö angefertigten Remastering. Letztere Version hören wir sowohl auf der Version von Century Media Records als auch auf der hier vorliegenden brasilianischen Pressung von My Dark Desires Records, die im Jewelcase mit zusätzlichem Pappschuber und Posterbeilage kommt. Im Booklet finden sich die Lyrics, einige historische Dokumente und die Fortsetzung des Interviews mit Cabeza, dessen erster Teil im Re-Release von In The Forest Of The Dreaming Dead zu finden war. Von der Tracklist her sind sowohl bei Century Media als auch bei My Dark Desires nur die neun Songs der Originalfassung enthalten – die Chance, auch noch die alten Japan-Bonustracks, nämlich eine abermalige Neueinspielung des schon auf dem Debüt neu eingezimmerten 1991er Demotracks „Storms Of The Skies Of Grief“ und ein Outro, dazuzupacken, wurde leider nicht genutzt, und auch die nach dem Album noch aufgenommenen Beiträge für Tribute-Sampler an Slayer („Dead Skin Mask“) und Bathory („Raise The Dead“) hätte man durchaus sinnvoll noch mit hinzufügen können, was gleichfalls nicht geschah. Eine bereits vor dem Album eingespielte Cover-EP, die letztlich nie erschien, ist laut Cabeza dagegen komplett verschollen. Auch in der vorliegenden Form stellt Ancient God Of Evil allerdings ein musikalisch hochgradig interessantes und empfehlenswertes Werk dar, sofern man in der Lage ist, die etwas aufgesetzt wirkende böse Attitüde zu ignorieren.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Life Demise | 4:01 |
2 | Eye Of The Greyhound | 4:31 |
3 | Oceans Of Time | 5:55 |
4 | Dead Calm | 4:01 |
5 | Mireille | 2:39 |
6 | The Depths Of A Black Sea | 3:55 |
7 | Ruins | 3:57 |
8 | Dying Emotions Domain | 4:47 |
9 | Die Alone | 5:25 |
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Besetzung |
Micke Jansson (Voc)
Jonas Mellberg (Git)
Jojje Bohlin (Git)
Richard Cabeza (B)
Peter Stjärnvind (Dr)
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