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Reviews

Unanimated

In The Forest Of The Dreaming Dead


Info

Musikrichtung: Black Metal

VÖ: 11.06.2021 (02/1993)

(Century Media / Sony)

Gesamtspielzeit: 63:22

Internet:

http://www.facebook.com/unanimatedofficial

Der schwedische Black Metal entwickelte sich in den Neunzigern in eine andere Richtung als der norwegische. Viele, wenn auch nicht alle extremeren schwedischen Bands standen zu ihren Wurzeln im klassischen Metal, und so war es einerseits kein Zufall, dass der Melodic Death Metal gerade hier erfunden wurde, andererseits aber auch jenseits dessen sowieso diffuser Grenze zum Black Metal gern ein wärmerer, melodischerer Anspruch an die eigene Musik gepflegt wurde.
Die diesbezügliche Entwicklung kann man an einer Band wie Unanimated prototypisch festmachen. Das Proberaumdemo aus dem Jahr 1990 soll noch ziemliches Gepolter enthalten haben, aber mit dem 1991er Demo Fire Storm zeigte der Trend schon deutlich in Richtung atmosphärisch und melodisch vielfältigen Black Metals, wenngleich der Sound noch so baßarm ausfällt, dass man mutmaßen könnte, Richard Cabeza sei nur zum Singen, nicht aber zum Baßspielen im Studio gewesen. Wie diese Nummern mit einem etwas professionelleren Soundgewand klangen, konnte man dann zwei Jahre später auf dem Debütalbum In The Forest Of The Dreaming Dead hören, das bis auf das Intro „The Call“ auch alle Demonummern in Neueinspielungen enthält. Das zurückhaltende Albumintro „At Dawn“ läßt Interessantes erhoffen, und der Opener „Whispering Shadows“, in einigen Pressungen, jedoch nicht der vorliegenden mit „At Dawn“ zu einem Track vereint, löst das Versprechen ein: Intelligent arrangierter extremer Metal ist da zu hören, immer mit dieser Gitarrenmelodiedurchwebung, die man aus dem klassischen Metal schätzt, dazu tempovariabel, aber Peter Stjärnvind nur gelegentlich Höchstgeschwindigkeit andeuten lassend, so als ob er demonstrieren wolle, dass er das auch könne, wenn es notwendig erscheint. Für einen markanten Extremitätsfaktor sorgt der Gesang von Neuzugang Micke Jansson, der sich durchgehend aggressiv durch das Material röhrt und schreit, nur in „Storms From The Skies Of Grief“ andeutend, dass er auch sowas wie eine angerauhte Epic-Metal-Stimme ins Feld führen könnte, wenn er denn wollte – aber offenkundig will er nicht. Für die musikalische Vielfalt müssen also seine Mitstreiter sorgen, und obwohl Neu-Bassist Daniel Lofthagen auch weiterhin relativ weit im Hintergrund bleibt, allerdings in atmosphärischen Passagen durchaus wichtige Funktionen erfüllt, erledigen die Gitarristen Jonas Mellberg und Jojje Bohlin diese Aufgabe mit spielerisch anmutender Leichtigkeit, zumal sie auch noch als Hauptkomponisten fungieren. Und da kommt so mancherlei Hörenswertes zum Vorschein, etwa die interessante Dreiertaktkonstruktion in „Blackness Of The Fallen Star“, die Teilen dieses Songs eine fast beschwingte Grundstimmung verleiht, oder die atmosphärische Prägung weiter Teile von „Fire Storm“, die wohl nicht zufällig etwas an das erinnert, was Tiamat anno 1991 auf The Astral Sleep praktiziert hatten – das Material von Clouds dürften Unanimated, als sie im Mai/Juni 1992 ihr Album einspielten, hingegen noch nicht gekannt haben, zumindest in dessen studiotechnischer Endausfeilung noch nicht. Die Arrangements sprechen für ein schon recht ausgeprägtes Können der noch jungen Musiker, lediglich die einfallslose Ausblendung von „Wind Of A Dismal Past“ gerade in einem interessanten Solopart stellt diesbezüglich einen gewissen Downer dar. „Storms From The Skies Of Grief“ täuscht lange Zeit ein Instrumentalstück an, „Silence Ends“ stellt dann wirklich eins dar, das einige der Themen für das folgende „Mournful Twilight“ bereits einführt. Nicht nur hier, sondern an vielen anderen Stellen des Albums sorgt Gastkeyboarder Jocke Westman für interessante atmosphärische Untermalungen, die der Vielschichtigkeit des Albums neue Nuancen hinzufügen und trotzdem weit davon entfernt sind, das Material etwa zu verwässern. Im Albumcloser „Cold Northern Breeze“ hören wir dann tatsächlich über weite Strecken Cleangesang, aber nicht von Micke – hier ist tatsächlich Tiamat-Kopf Johan Edlund als Gast am Start und veredelt diese abermals sehr atmosphärisch geprägte, von sehnsüchtiger Gitarrenmelodik durchzogene und gar nicht so kalt wirkende Nummer. Der Rezensent hat lange überlegen müssen, bis ihm einfiel, an welchen Song ihn die markante Gitarrenmelodie ab 3:45 erinnert – des Rätsels Lösung: der Midtempo-Mittelteil von Iron Maidens „Fear Of The Dark“, zum Zeitpunkt der Einspielung des Unanimated-Tracks gerade erst erschienen und hier in einer deutlich anders rhythmisierten, aber melodisch nicht unähnlichen Parallelentwicklung zu hören. Ach ja, und der oben erwähnte angerauhte Gesang in „Storms From The Skies Of Grief“ klingt irgendwie noch viel stärker nach Johan Edlund als der in „Cold Northern Breeze“ ...
Die ein Jahr nach dem originalen Release auf No Fashion Records erschienene US-Pressung von Pavement Records enthielt mit dem Venom-Cover „Buried Alive“ noch einen Bonustrack, der laut der Encylopedia Metallum auch auf dem hier vorliegenden remasterten Re-Release von Century Media vorhanden sein soll. In der Tracklist ausgewiesen ist er nicht – aber er findet sich versteckt nach ein paar Sekunden Pause am Ende von „Cold Northern Breeze“. Jansson singt hier ein wenig anders und trifft den Tonfall von Cronos ziemlich gut, und beim Einspielen war offenbar nur einer der Gitarristen anwesend, was man gleich zum Stilmittel erhoben hat, indem dort, wo entweder Mellberg oder Bohlin Leadgitarre spielen, tatsächlich keine Rhythmusgitarre drunterliegt, sondern Lofthagen die markante Rolle übernimmt, die er in so einem Fall auch live eingenommen hätte – und Venom besaßen bekanntlich in der klassischen Besetzung keinen Zweitgitarristen.
Als regulär ausgewiesene Bonustracks gibt es auf der Century-Media-Pressung die vier (plus Intro) des Fire Storm-Demos, die auch schon auf dem 2008 bzw. 2009 erschienenen Re-Release von Regain Records enthalten waren. „The Call“ ist ein düsteres Intro, und alle vier Songs – zu denen interessanterweise „Fire Storm“ gar nicht gehört – bieten wie erwähnt die Möglichkeit, sie mit ihren späteren Neueinspielungen auf dem Album zu vergleichen. An den Songstrukturen ist dabei relativ wenig verändert worden – das Urteil, dass die Songwriter damals schon recht weit fortgeschritten waren, darf also auch bereits hier gefällt werden, wenngleich man sich aufgrund des Soundgewandes etwas mehr Mühe geben muß, um die Einfälle entsprechend nachvollziehen zu können. Hier wäre durchaus nicht auszuschließen gewesen, dass sich die Band in Richtung des norwegischen klirrend-kalten Black Metals weiterentwickelt, was aber, wie uns die Musikgeschichte lehrt, nicht geschehen ist. Keyboards gibt es auch schon hier, beigesteuert allerdings noch von Mellberg im Nebenjob, und den markanten Unterschied neben dem Sound bildet Cabezas Gesang, der zumindest in „Through The Gates“ noch ein wenig tiefer und deathmetallastiger daherkommt, während „The Blackness Of The Fallen Star“ (ja, hier mit Artikel vornedran) im dreiertaktigen Teil unter Beweis stellt, dass auch Cabeza das hellere Kreischen hinbekommt, während er in den geradzahligen Takten wieder etwas tiefer agiert. Parts dieses Songs erinnern etwas an den Asphyx-Klassiker „Thoughts Of An Atheist“, der zwar in einer offiziellen Einspielung erst 1994 veröffentlicht wurde, aber schon seit 1989 als Demoversion „im Umlauf“ war – das kann also Zufall sein, aber auch eine unbewußte oder gar bewußte Verbeugung nach Holland.
So bietet sich mit diesem Re-Release die Gelegenheit, in die Geschichte einer der bedeutendsten schwedischen Extrem-Metal-Bands der ersten Hälfte der Neunziger einzutauchen. Die Century-Media-Version bietet alle Texte, einige historische Dokumente und Liner Notes von Chris Dick, zum Teil in Form eines Interviews mit Cabeza, der die Band 1989 mit gründete, sie aber vor dem Einspielen des Debütalbums wieder verließ, weil Nuclear Blast damals darauf bestanden, dass er sich für eine seiner beiden Bands entscheidet – und er entschied sich für Dismember. Heute wäre so eine Ansage eher unvorstellbar, und auch in diesem Fall glätteten sich die Wogen dann bald, so dass Cabeza vor dem zweiten Unanimated-Album Ancient God Of Evil (Review folgt) zur Band zurückkehrte, ohne aber Dismember zu verlassen.
Sowohl die originale No-Fashion-Pressung als auch die US-Version enthielten als Cover übrigens ein simples Bandfoto – zu jener Zeit im extremen Metal eher ungewöhnlich. Erst der 2008er Regain-Re-Release fährt das mäßig gelungene Schädelwald-Cover auf, das jetzt auch für den neuen Re-Release Verwendung gefunden hat und im letzten Jahrtausend als Backcover gedient hatte. Wer besagte Regain-Fassung, die auch schon remastert worden sein soll, bereits im Schrank hat, kann sich den Neuerwerb der abermals remasterten aktuellen Fassung also sparen, für alle anderen könnte das Demomaterial durchaus einen gewissen Zusatzreiz ausüben.



Roland Ludwig

Trackliste

1At Dawn1:15
2Whispering Shadows3:11
3Blackness Of The Fallen Star4:17
4Fire Storm5:28
5Storms From The Skies Of Grief3:37
6Through The Gates3:53
7Wind Of A Dismal Past3:57
8Silence Ends1:34
9Mournful Twilight3:24
10In The Forest Of The Dreaming Dead4:43
11Cold Northern Breeze (including Buried Alive)8:11
12The Call (Demo 1991)1:43
13Through The Gates (Demo 1991)4:03
14The Blackness Of The Fallen Star (Demo 1991)5:06
15Storms From The Skies Of Grief (Demo 1991)3:37
16In The Forest Of The Dreaming Dead (Demo 1991)5:31

Besetzung

Micke Jansson (Voc, 1-11)
Jonas Mellberg (Git, 1-16; Keys, 12-16)
Jojje Bohlin (Git)
Daniel Lofthagen (B, 1-11)
Richard Cabeza (Voc, B, 12-16)
Peter Stjärnvind (Dr)
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