Eine Warnung an alle leicht Traumatisierbaren! Sex wird dieses Editorial von Anfang bis Ende prägen – nur mittendrin nicht.

„Man müsste Klavier spielen können. Wer Klavier spielt, hat Glück bei den Frau'n“ wusste Johannes Heesters schon 1941. Ende der 70er wurde Udo Lindenberg deutlicher. Er spricht von „Ange[i]lika aus Winsen an der Luhe. Die lässt nämlich keinen Star in Ruhe“. Das hat seinen Preis, denn „Bodo, der Roadie, sagt: Ey, wenn du nur eine Nacht bei mir wohnst, dann mach ich dich bekannt mit all den Beatles, den Bee Gees und den Stones.“

Warum ich das sage? Die fast magische (sexuelle) Ausstrahlung gerade von Musikern ist lange bekannt. Und auch die Praxis, dass jungen Frauen, die in das Beuteschema der Musiker passen, während eines Konzertes Backstage-Pässe für die After Show Partys zugesteckt werden, kann man kaum noch als offenes Geheimnis bezeichnen. Dass es nach den Konzerten von Rammstein zu sexuellen Handlungen gekommen sein soll, hat mich daher kaum überrascht.

Überraschender war dann eher die überraschend überraschte Überraschung der überraschten Öffentlichkeit. Offenbar hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch niemand im Medien-Zirkus etwas von der Trias Sex & Drugs & Rock’n’Roll gehört – und auch nichts davon, dass sich vor den Bühneneingängen und den Hotels der Stars und Promis regelmäßig willige und junge Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts einfinden, für die die Vorstellung einmal das Bett mit ihrem Idol zu teilen, als Vorstufe des Himmels erscheint.

Ich weiß nicht, was sich bei den After Show Partys von Rammstein abspielt. Die Vorstellung, dass bei der Band Grenzen verantwortungslos überschritten werden, ist spätestens nach der Lektüre von Keyboarder Flakes Autobiographie alles andere als unwahrscheinlich. Dass die Band es aber nötig hat, Frauen mit Drogen, Alkohol, Machtmissbrauch und KO-Tropfen gefügig zu machen, erscheint mir völlig unrealistisch.

Wenn jetzt eine Unschuld vom Lande auftaucht, die furchtbar entsetzt war als sie miterleben musste, was sich im Backstage-Bereich einer Band abspielen mag, ist das ja eventuell noch nachvollziehbar. Dass aber nun rudelweise Frauen ihre Stimme erheben, die wohl allesamt erwartet hatten, dass man im Backstage-Bereich eines Rock-Konzertes ausschließlich bei Jasmin-Tee über ihre Lieblingspferde sprechen würde, das sprengt wirklich die Grenzen der Vorstellbarkeit.

Dass bei uns nebenbei auch immer noch die Unschuldsvermutung vor einer legalen Verurteilung zu gelten hat, sei zumindest am Rande vermerkt.

Wir hoffen, dass wir Euch auch ohne Anwendung unmittelbaren Zwangs dazu verleiten können in unserer aktuellen Ausgabe zu stöbern. Roland war wie üblich auf der Piste und hat unter anderem den Oregon State University Chamber Choir gehört. Ich habe gelesen, u.a. die Biographie von Rick Rubin. Außerdem gibt es neue Folgen unserer beiden monatlichen Kolumnen. Vor 25 Jahren habe ich Spyro Gyra in meine Sammlung aufgenommen und Ingo hat einen unsterblichen Evergreen von Barry Manilow neu interpretiert.

Last not least hat sich eine mir persönlich bekannte Autorin durch den Tod der französischen Ikone Jane Birkin zu einem sehr persönlichen Rückblick in die 70er inspirieren lassen. (Ja, ja, ja, seit gefühlten 100 Jahren gibt es in der MAS wieder einen Beitrag eines weiblichen Autors – Frauen aller Genres lasst Euch das eine Einladung sein!; Red.)

Eine zwangslose Lektüre wünscht

Norbert von Fransecky