Līva Dumpe

Tālskatis


Info
Musikrichtung: Avantgarde, Jazz

VÖ: 21.06.2024

(Eigenlabel /self published)

Gesamtspielzeit: 44:15

Internet:

https://livadumpe.com/
https://jazzfuel.com/


Mit der Sängerin und Keyboarderin Līva Dumpe führt uns der musikalische Pfad nach Litauen. Das wird uns dann auch noch vor Ohren geführt, wenn die ersten beiden Songs in Landessprache erklingen, der Rest erklingt auf Englisch oder ist instrumental. Tālskatis ist das Debüt-Album der Künstlerin unter eigenem Namen, bevor sie vorher bereits tätig war im Quintett- und Sextett-Format.

In den letzten vier Jahren lebte und studierte die Protagonistin in den Niederlanden und gründete diese Formation im Jahre 2022 in Amsterdam mit dem Ziel, Jazz, experimentelle und kreative Musik zu vereinen. Bereits nach drei Songs kann man feststellen, dass es den Musikern*innen wohl gelungen ist.

Nach dem relativ ruhigen, die Kollektion eröffnenden Titelsong, wird es ein wenig kreativer mit dem zweiten Song, der leicht schwebend und luftig ist, gesanglich variiert Līva Dumpe in verschiedenen Tonlagen, ein jazziges Feeling bestimmt den Song, unterstützt durch das Flötensolo von Ketija Ringa-Karahona. "Compromise" ist es dann, der in eine experimentell-avantgardisch geprägte Richtung schwenkt. Der Text wird teils gesprochen und in die unruhige und ein wenig hektische Stimmung integriert, eine klare Struktur bleibt außen vor, Improvisation steht hier an erster Stelle, zunächst soliert Gitarrist Massimo Imperatore einfallsreich und virtuos über holperndem Rhythmusgefüge. "Compromise", so der Songtitel, Kompromisse geht man wohl nicht ein, oder? Heisst es im Text doch auch: "A man comes into my life, and I have to compromise? For what? For what? For what?"

Die sehr ungewöhnliche Konstruktion der Songs setzt sich fort, stets werden neue Überraschungen aufgefahren und man ist bereits gespannt auf den folgenden Song. Mit der "Sonata No.1 in G major" wird ein Instrumental vorgelegt, Flöte und Piano plus Stimme ohne Worte. Darauf folgt dann eine Mini-Sinfonie, die auch eine Bedeutung haben soll. So entstand "Fight mini-symphony" im ersten Monat nach der russischen Invasion in der Ukraine und erinnert an die ängstliche Atmosphäre in Lettland, die durch die Erinnerung an die noch nicht lange zurückliegende sowjetische Besatzung ausgelöst wurde. Ebenfalls wird eine leicht verstörende Hörsituation geschaffen, die Stimmung wirkt zerrissen und man scheint die Angst zu spüren, Angst und Verwirrung, die Protagonistin spielt hier stark mit ihrer Stimme, wie man es teils auch aus dem Jazzbereich kennt, kein Scat, teils schreiende Klänge, ich muss ganz spontan an Linda Sharrock denken, das klingt doch sehr in diese Richtung, und das war seinerzeit Free Jazz, den Linda mit ihrem Gatten Sonny aufnahm.

Mit einem skurrilen Text kann der "Cocktail Song" aufwarten, Līva fragt, "Am I an olive in cocktail? Drowning in cocktails...Mommy, help me!" Dazu erzeugt der Gitarrist pluckernde Klangfetzen, ein abermals sehr avantgardistischer Song! Noch einmal wortlos werden wir verabschiedet, die Vokal-Parts erinnern mich nunmehr an Flora Purim, aber die Musik ist natürlich anders, hier wieder einmal nah am freien Jazz angedockt, sehr unruhig und recht hektisch.

Mithin ist das oben erwähnte Ziel der Protagonistin mit Sicherheit erfüllt worden, doch ob sie damit viel Erfolg in der breiten Masse haben wird, ist zu bezweifeln. Individualisten, die auf der Suche nach ungewöhnlicher Musik sind, dürften hier jedoch ihre Erfüllung finden können.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Tālskatis
2 Zieda un cirvja strīdā
3 Compromise
4 Hidden storm
5 Sonata No 1. in G major
6 Fight mini-symphony: I. Inner child fight
7 Fight mini-symphony: II. Watching
8 Fight mini-symphony: III. Fight dance
9 Cocktail song
10 Raisin rondo
Besetzung

Līva Dumpe (voice, piano, synth)
Ketija Ringa-Karahona (flute, alto flute)
Massimo Imperatore (guitar)
Omer Govreen (double bass)
Ilia Rayskin (drums)



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