Black Hawk
Destination Hell
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Hoppla, da ist dem Rezensenten irgendwie einer der neuzeitlichen Longplayer von Black Hawk durch die Lappen gegangen – zwischen A Mighty Metal Axe und Destination Hell lagert noch The End Of The World, das bisher nicht den Weg in den hiesigen Player gefunden hat. Ergo muß die Frage unbeantwortet bleiben, ob die Hamburger nach dem für ihre Verhältnisse geradezu experimentellen Straight To Hell und dem wieder deutlich basischeren A Mighty Metal Axe mit der apokalyptisch betitelten Scheibe nochmal einen Schritt zur Seite getan haben oder nicht. Destination Hell jedenfalls knüpft zwar im Titel, nicht aber in der Ausrichtung an Straight To Hell an, sondern zieht sich wie schon A Mighty Metal Axe relativ konsequent auf die althergebrachten Mittachtziger-Metal-Stilmittel zurück, tut dies aber immerhin mit einer deutlich größeren Treffsicherheit als das Axt-Album. Das könnte daran liegen, dass der auf jenem nicht zu hörende Wolfgang Tewes nicht nur an die Gitarre zurückgekehrt ist, sondern auch gleich noch die komplette Kompositionsarbeit übernommen hat, und dass er gute Ideen hat, weiß man ja schon von den früheren Alben unter seiner Beteiligung.
Freilich ist auch auf Destination Hell nicht alles Gold, was glänzt, und das Album fällt gleich mit einem Problem ins Haus, nämlich den viel zu bemüht wirkenden „Hate“-Shouts am Beginn des gleichnamigen Openers. Die kommen in abgeschwächter Form dann nochmal im Refrain und passen sich dort besser ein, obwohl das Hochgleiten von Sänger Udo Bethke am jeweils zweiten Refrainzeilenende abermals einen sehr gewöhnungsbedürftigen Eindruck hinterläßt. Dabei ist der Song an sich nicht schlecht, kombiniert gekonnt Speed mit einigen Verharrungen im Midtempo, und dann ist da noch das melodisch-elegante Hauptsolo, in dem Tewes sich austoben darf und das auf hohem Niveau tut. Wie er das in der Konzertsituation hinbekommt, bliebe zu prüfen: Black Hawk waren zumindest zum Zeitpunkt des Einspielens von Destination Hell nur ein Quartett mit Tewes als einzigem Gitarristen, aber der Grundsound der Band ist eigentlich auf zwei Gitarren aufgebaut. Im Titeltrack beispielsweise hat Tewes ein dreiteiliges Hauptsolo konzipiert, das klar vorsieht, dass den zweiten Teil der Gitarrenpartner übernimmt.
Besagter Titeltrack steht an zweiter Position des Albums und markiert die Wende zum Besseren: Bethke wirkt nicht übermotiviert, Tewes schreibt einen nachvollziehbaren Refrain, die Rhythmusgruppe tut das, wofür sie da ist – und schon haben wir soliden Traditionsmetal, was in diesem Falle als Kompliment gemeint ist. Von dieser Sorte finden sich noch ein paar weitere Exempel auf dem reichlich dreiviertelstündigen Werk, beginnend gleich mit „Smoking Gun“, wo man sich zwar erst ein bißchen in die Drumverschiebungen unter dem Hauptsolo hineinhören muß und vielleicht auch enttäuscht sein könnte, dass Tewes den Anflug eines neoklassischen Laufs nicht weiterführt, aber ansonsten ebenfalls blitzsauberer Classic Metal aus den Boxen schallt, der im Intro zudem klarmacht, dass diese Musik ihre Wurzeln im Blues hat. „Time“ wiederum besitzt eine Introgestaltung, die die Weiterentwicklung in feisten Classic Doom ermöglichen würde. Tewes zieht diese Option letztlich nicht, aber sehr schleppend bleibt die Nummer trotzdem, bis im hinteren Teil des Hauptsolos die Zeit plötzlich zu rennen beginnt – eine gelungene Überraschung, auch wenn sie keinen Einfluß auf die Finalentwicklung besitzt, sondern das schleppende Tempo bis zum abschließenden Weckerklingeln übernimmt. Angesichts der hohen Qualität verzeiht man hier auch gern, dass das eingeworfene „Satisfaction“-Shouting wieder mal eher bemüht anmutet. Gewöhnen muß man sich auch daran, dass der Speedie „Voices From The Dark“ im hinteren Strophenteil unvermittelt abgebremst wird und die Leadgitarre im vorderen Teil des Solos irgendwie ein wenig zusammenhanglos über dem Unterbau schwebt, was sich erst mit dem ersten Tonartwechsel ändert. Dafür macht der kurze doppelläufige Einwurf vor der Refrainwiederkehr richtig Spaß und unterstreicht in Tateinheit mit dem kurzen Midtempo-Finale zudem die obenstehende These, dass Black Hawk eigentlich einen zweiten Gitarristen brauchen.
Bei einer eventuellen LP-Edition müßte man jetzt die Platte drehen und bekäme einen eher ungewöhnlichen B-Seiten-Opener, nämlich „The Eyes Of The Beast“, mit knapp sechs Minuten längster Song der Scheibe und zudem noch stärker am Doom kratzend als „Time“. Bethke wechselt hier zwischen Ozzy-artigem Klagen und einigen Shouts (leider wieder nicht alle ganz glücklich), und kurioserweise sieht er auch auf dem Bandfoto aus wie eine etwas gesündere Version des einstigen Black-Sabbath-Shouters, wobei Tewes hier aber nicht den Iommi gibt, vielleicht allenfalls den Iommi der Achtziger. Die Ohoho-Passagen, aus denen man ganz hinten in der linken Box auch Black-Hawk-Dauergast Conny Bethke heraushört, über Solo-Drum-Background erinnern an eine Passage aus dem Schaffen von Arija, aber dem Rezensenten ist noch nicht eingefallen, an welche. „Speed Ride“ macht seinem Titel alle Ehre und ist der einzige Song der Scheibe, der die Vierminutenmarke nicht erreicht, was aber auch nicht verwundert, wenn der Protagonist gemäß der völlig unprätentiösen Lyrics so schnell unterwegs ist, dass die Straße zu brennen beginnt – und der Soundeffekt im Intro und im Outro läßt auch ahnen, dass hier nicht nur eine kleine Geschwindigkeitsüberschreitung stattgefunden hat. „Bleeding Heart“ stellt die Ballade des Albums dar, das Ehepaar Bethke hier im Duett singend, was in der Kombination der Stimmfärbungen irgendwie an Aleš Brichta und Pavla Kapitánová erinnert. Renato Angelo steuert hier zudem einen sanften Keyboardteppich bei – alles nicht kompliziert, aber wirkungsvoll und einfach gut. „Under Horizon“ stellt einen Raumflug dar und ist daher etwas luftiger konzipiert als die anderen Midtempotracks der CD, wird aber etwas durch den zu einfallslosen, wenngleich durchaus merkfähigen Refrain ausgebremst. Das macht „Masters Of Metal“ besser, die finale Midtempo-Hymne, die freilich textlich aus allgemein bekannten Elementen, also Songtiteln besteht, die jeder geneigte Anhänger im Blut hat. Zwar verwundert die Refrainzeile „we like it fast“ in dieser feisten Midtemponummer, aber dass Black Hawk schnell spielen können, wenn sie das wollen, haben sie an anderen Stellen von Destination Hell zur Genüge bewiesen. „Masters Of Metal“ wirkt jedenfalls viel ehrlicher als alles, was Manowar in diesem Jahrtausend so abgeliefert haben, und Majesty schlägt man damit auch noch aus dem Feld. „Long live rock and roll“, fordert Bethke in der letzten Zeile, und das wollen wir doch auch alle hoffen. Für Traditionsmetalliebhaber, denen Ehrlichkeit wichtig ist und die dann über ein paar Schwächen hinwegzusehen bzw. hinwegzuhören geneigt sind und die keine lyrischen Meisterleistungen verlangen, ist Destination Hell zumindest einen Hörtest wert, vielleicht aber nicht mit dem wie beschrieben teils etwas verunglückten Opener beginnend.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Hate | 4:09 |
2 | Destination Hell | 4:39 |
3 | Smoking Guns | 4:28 |
4 | Time | 5:14 |
5 | Voices From The Dark | 4:08 |
6 | The Eyes Of The Beast | 5:55 |
7 | Speed Ride | 3:48 |
8 | Bleeding Heart | 4:57 |
9 | Under Horizon | 4:00 |
10 | Masters Of Metal | 4:39 |
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Besetzung |
Udo Bethke (Voc)
Wolfgang Tewes (Git)
Michael „Zottel“ Wiekenberg (B)
Matthias Moßfeldt (Dr)
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