Savage Grace
Demo 1991 – New York Tapes
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Mit den Alben Master Of Disguise und After The Fall From Grace sowie den EPs The Dominatress und Ride Into The Night verschafften sich Savage Grace in den Mittachtzigern einen Kultstatus, gelten diese Werke doch noch heute als überwiegend starke Beiträge zu einem damals gerade in der Entfaltung befindlichen Genre, das man später als melodischen Speed Metal zu bezeichnen pflegte. Ein wild rotierendes Besetzungskarussell und diverse andere strukturelle Gründe führten allerdings dazu, dass die Karriere der Band vor sich hin dümpelte. Als schon bald der eigentlich begeisterungsfähige Stil der Formation nicht mehr gefragt war, versuchten Savage Grace ab 1987/88 mit einem Stilwechsel vom Boom des Hardrock mit gewissen Sleaze-Einflüssen zu profitierten, scheiterten damit allerdings und verschwanden letztlich für längere Zeit auf dem Bandfriedhof, dem sie erst lange nach Anbruch des neuen Jahrtausends wieder entstiegen, nun wieder mit dem althergebrachten Stil der Mittachtziger.
Für alle, die wissen wollen, wie die Combo nach dem Stilwechsel klang, und nicht auf eigene Erfahrungen aus der damaligen Zeit zurückgreifen können, hat Bandkopf Christian Logue sein Archiv entstaubt und zehn Songs zutage gefördert. „Recorded in Los Angeles and New York City 1989-1991“ kann man den strukturellen Angaben im Booklet der CD entnehmen, auf die diese Nummern gepreßt wurden, was neben der Tracklist, der Besetzungsangabe (inclusive zweier Engineerer) und der Information, dass Magnus „Devo“ Andersson anno 2021 das Remastering besorgte (was etwas überrascht, da man den Mann ja eher aus anderen musikalischen Gefilden kennt), aber auch schon das Einzige ist, was man an Wissenswertem hier erfahren kann. Liner Notes oder auch nur eine Information, welcher Song zu welcher Session gehört, sucht man jedenfalls vergeblich, und so läßt sich auch nicht auflösen, welches der in verschiedenen Nachschlagewerken kursierenden Line-ups welche Songs eingespielt hat (im untenstehenden Kasten sind daher alle aufgeführt, die in irgendeiner Quelle genannt werden). Zu allem Überfluß hat die Download-Version des Re-Releases mit New York Daze einen anderen Titel und ein anderes Artwork bekommen – die Songs sind offensichtlich aber die gleichen.
Die Encyclopedia Metallum kennt ein Vier-Track-Demo aus dem Jahr 1991, und dessen Songs finden sich auch allesamt auf der CD wieder, zudem fokussiert in deren erster Hälfte, in der sich drei dieser vier Nummern befinden, während „You Say Goodbye“ erst weiter hinten an Position 8 kommt. „Main Line Lover“ (1993 auch auf dem Sampler American Metal veröffentlicht) und „All Tanked Up“ bilden hingegen auch auf der CD die beiden ersten Tracks, wie sie das bereits auf dem Demo taten. Schon diese beiden Songs machen die stilistische Richtung der damals neuen Savage Grace klar – ihr Hardrock unterschritt eine gewisse Grundhärte nach wie vor nicht, und die Sleaze-Elemente waren nicht so stark ausgeprägt wie etwa bei den Millionensellern Guns ‘n Roses, aber deutlich genug allemal, um klarzumachen, dass die Formation mit ihrem alten Sound markant gebrochen hatte. Dafür könnte man sie natürlich grundsätzlich verdammen, und die vermutlich eher wenigen Anhänger, die dieses Material damals überhaupt zu Gehör bekamen, taten das wohl auch – aber man vergißt dabei zwei Dinge. Zum einen paßt die Stimme von Logue zum neuen Stil erstaunlich gut und fast noch besser als zum Melodic Speed der früheren Tage, wo der Vokalist doch bisweilen an Grenzen stieß. Zum zweiten aber sind die Songs zwar sicherlich keine absoluten Glanzlichter, können indes mit der zweiten Genrereihe der Spätachtziger und Frühneunziger durchaus mithalten, zumal man einige Dinge wie das noch nicht ganz ausgereift wirkende zweistimmige Gesangsarrangement in der Bridge von „Mad Fool For You“ bei einer „richtigen“ Aufnahme sicherlich noch ausgefeilt hätte. Ansonsten findet man durchaus einige gute Ideen in dem Material, die das Hören lohnend machen – der Mittelteil von „Mad Fool For You“, in dem der Mitsingpart für die Konzertsituation strukturell schon angelegt ist, bildet da nur eins von etlichen Beispielen. Ein wenig aus dem Rahmen fällt „Bare Bottom Blues“, der vierte Demotrack, auf der CD an Position 5 gelandet – hier ist tatsächlich ein wenig mehr Blues enthalten, so dass man bisweilen fast eine härtere Version von Aerosmith vor sich zu haben glaubt.
Gute Instrumentalisten konnte Logue für seine Band eigentlich immer an Land ziehen, und auch die hier aktiven machen ihre Sache gut, ohne freilich absolute Glanzlichter abzuliefern. Das ist auch so ein bißchen das Problem des ganzen Releases: Er wirkt wie eine graue Maus, musikalisch wie optisch. Gut, Savage Grace hatten fast immer üble Klischeecover, da ist das der CD um Längen besser – aber der Gesamteindruck bleibt unauffällig und wie einleitend bekundet auch informationsseitig sparsam. Zudem muß der Hörer wissen, was ihn erwartet: Wer auf kernigen Melodic Speed hofft, wird enttäuscht, während derjenige, den das hier stilistisch interessieren könnte, weil er vielleicht auch die in einem Interview im That’s It! Nr. 7 genannten Vergleichsbands Zodiac Mindwarp oder Circus Of Power mag, den Bandnamen Savage Grace wohl kaum auf dem Schirm haben wird. Wenigstens gibt es soundmäßig kaum was zu deuteln – bei einigen Songs klirren die Becken ein wenig zu sehr, und für „You Say Goodbye“ hatte Andersson offensichtlich nur ein im Solo ziemlich leierndes Band als Vorlage zur Verfügung, das der Aufarbeitung Grenzen setzte. Ansonsten kann man mit den zehn Songs aber durchaus seinen Spaß haben, wenn man die richtige Erwartungshaltung mitgebracht hat. Gerade der flotte Closer „Crazy Saturday Night“ macht ziemlich Laune und wird so manchen Hörer animieren, die Repeat-Taste zu drücken, obwohl bei Lichte betrachtet auf der Scheibe wie schon mehrfach erwähnt keine Wunderdinge passieren. Hörenswert sind die reichlich 40 Minuten Musik freilich allemal.
Roland Ludwig
Trackliste |
1 | Main Line Lover | 4:02 |
2 | All Tanked Up | 4:53 |
3 | Love Expediter | 4:03 |
4 | You’re Not That Girl I Used To Know | 4:00 |
5 | Bare Bottom Blues | 3:53 |
6 | If You’re Buyin’ We’re Drinkin’ | 4:11 |
7 | Mad Fool For You | 4:25 |
8 | You Say Goodbye | 4:12 |
9 | Such A Dirty Mind | 4:14 |
10 | Crazy Saturday Night | 3:20 |
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Besetzung |
Christian Logue (Voc, Git)
Mark Marshall (Git)
Gene Chapman (Git)
Keith Alexander (Git)
Mike Branning (B)
Marshall Lee (Dr)
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