Kali Trio

Loom


Info
Musikrichtung: Avantgarde / Soundscapes

VÖ: 18.03.2021

(Ronin Rhythm Records)

Gesamtspielzeit: 45:12


Wenn ich richtig zähle, haben sieben kulturelle Einrichtungen und Stiftungen der Schweiz, Luzerns und des Kantons St. Gallen dem Kali Trio bei der Finanzierung dieses Albums unter die Arme gegriffen. Das ist großzügig, aber sicher auch notwendig. Denn ich gehe stark davon aus, dass der potenzielle Käuferkreis für dieses ästhetisch schön aufgemachte Digi-Pack doch eher übersichtlich sein wird.

Ich versuche mal zu beschreiben, was ich höre. Insbesondere in der zweiten Hälfte der CD kommen mir überraschende Bilder vor das innere Auge.

Das wahrscheinlich dem Amsterdamer Flughafen gewidmete „Shipol“ hebt nun wirklich nicht ab. Aber die größte Zeit auf einem Flughafen verbringt man ja auch mit Warten und Zeit totschlagen. Dazu passt das ewig gleiche vor sich hin Pluckern des Stückes, in dem die Gitarre gelegentlich ruhig angeschlagen wird, durchaus. „Transitoriness“ ist etwas dynamischer, ich wage sogar das deutlich über das Ziel hinausgehende Wort rhythmischer zu benutzen, bleibt aber ebenso wandelfrei.

Herausragendes akustisches Moment in „Dry Soul“ ist das monotone Anschlagen des Schlagzeugs. Vor dem besagten inneren Auge entsteht das Bild eines verlassen Bahnhofs in einer toten Westernstadt. Der Wind bläst durch die wüstenartige Szenerie. Die einzigen Bewegungen sind die entwurzelten Sträucher, die durch das Bild rollen und ein altes Windrad, das sich langsam dreht und mit einem verbogenen Metalstück immer wieder gegen die Eisenstange stößt, auf die es montiert ist.

Wer nun hofft, das mit „Folding Space“ eine Handlung einsetzt, ist im falschen Film. Jetzt befinden wir uns in einem Tatort aus Rostock. In einem Plattenbau steht ein verlorener aussehender Jugendlicher am Fenster und blickt über die graue Tristesse einer brach liegenden Hafenlandschaft. In der Hand hält er ein verbogenes Metalstück, das er völlig gedankenverloren und sehr langsam immer wieder an den Rippen des Heizkörpers entlang gleiten lässt, der unter dem Fenster montiert ist.

Und nun ist mir beim Schreiben der Review doch noch eine Existenzberechtigung für Loom deutlich geworden. Es ist der perfekte Soundtrack für einem sozialkritischen Krimi in einer dystopischen Großstadt. Dazu müssten die Schweizer aber ihre Grenzen überschreiten. Solche Städte gibt es in der Schweiz ja gar nicht.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Shipol11:25
2Transitoriness10:52
3Dry Soul 8:09
4Folding Space14:46
Besetzung

Raphael Loher (Piano)
Urs Müller (Git)
Nicolas Stocker (Dr)



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