Andorra

III


Info
Musikrichtung: Jazz/Fusion

VÖ: 21.02.2025

(April Records)

Gesamtspielzeit: 43:56

Internet:

https://www.andorramusic.dk/
https://aprilrecords.com/
https://jazzfuel.com/


2021 war es, als sich fünf Freunde, die sich auf dem Musikkonservatorium Fünen in Dänemark kennenlernten, zu einem Debütalbum entschlossen, ihre Band nannten sie Andorra. Beabsichtigt war eine breite musikalische Mischung verschiedener Genres, sei es Filmmusik, kammermusikalischer Jazz und Arbeiten in orchestralem Stil. Seinerzeit bezeichneten die Fünf ihren Sound selbst als "Modern Vintage".

Dänemark - ja, da erwartet man eigentlich auch, zumindest teilweise, einen Sound, der entsprechend mit den nordischen Ländern assoziiert wird. Der Name der Band mag nun auch in eine andere Richtung deuten, in dieses zwischen Frankreich und Spanien gelegene Fürstentum. So bin ich gespannt, was sich mir mit der aktuellen Produktion, ihrem mittlerweile dritten Album, III offenbart.
Mit dem Opener "Lyleland" öffnen sich zugleich mehrere Türen, bietet der Song allein bereits mit seinen achteinhalb Minuten Spieldauer ein Potpourri verschiedener Einflüsse, oder erzeugt in mir zumindest die eine oder andere Erinnerung, die sich aus der langen Geschichte des Jazz, des Jazz Rocks und der Fusion an die Oberfläche spült.

So muss ich denken an das United Jazz + Rock Ensemble, aber auch nun doch an typische Musik aus Skandinavien, wie von Jukka Tolonen oder Janne Schaffer vorgetragen, aber auch assoziiere ich hin zur Musik von Weather Report/Josef Zawinul, hier und da ein Hauch Herbie Hancock. Ja, da öffnet sich ja bereits ein breites Feld, und wenn sich dann zum Schluss des Songs der Trompeter Mads la Cour in eine Art wattiges Klangumfeld begibt, ohne Rhythmusbegleitung, dann muss ich doch an "typisch skandinavisch" denken, an Musik von Nils Petter Molvær zum Beispiel.

Und so bleibt es eigentlich im Laufe der Spielzeit, breitflächige Keyboardsounds, verhallter Trompeteneinsatz, flinke Gitarrenläufe, alles untermalt von recht offen gehaltenen Rhythmen, die mal zurückhaltend agieren, dann wieder zupackend oder auch ein wenig rockend oder groovend. "Modern Vintage", ja, das ist absolut zutreffend! Denn ich vernehme laufend Reminiszenzen an vergangene Tage, an die Anfangstage von Jazz Rock und Fusion, wohlgemerkt, Jazz Rock europäischer Prägung, denn die in den Siebzigern vorwärtspreschende US-amerikanische Variante von Musikern wie Chick Corea, Larry Coryell und vielen anderen wird hier nicht bedient. Ja, und "Modern" ist es auch, denn die Musik mag sich orientieren an Vergangenem, wirkt aber nie in diesem Sinne "altbacken", sondern lebt schon im Hier und Jetzt.

Unterschiede sind durchaus auch auszumachen im Ausdruck der Songs. So ist "Three Tree" sehr viel ruhiger und recht gemächlich, und im Verhältnis zu den anderen Stücken eher weniger interessant arrangiert und in der Ausführung. Dafür sorgt "Drone" für eine ganz besonders andere Stimmung, dem Titel entsprechend drohnenhafte Klänge, die im Verlauf der sechseinhalb Minuten mit breitflächiger Textur dahinschweben, schade, dass hier leider ausgeblendet wurde.

Inwieweit man beim Song "Mingus" an Charles Mingus gedacht hat, kann ich nicht nachvollziehen, erinnert mich die Musik doch gar nicht an ihn, und schließlich endet der Songreigen mit "Ember", "glühende Asche", und in der Tat scheint der Sound auch ein wenig zu glimmen und zu glühen, Keyboard-Wände flattern durch den Raum, und Simon Krebs spielt darüber seine Gitarre, ganz warm und weich und flüssig in der Gestaltung, und wiederum erinnert mich der Einsatz der Trompete an Molvær & Co.. Dazu gibt es filigran gestaltetes Schlagwerk und mit dieser kreativ-verträumten Stimmung endet ein gutes Album, das aus verschiedenen Quellen zu schöpfen scheint und zu einem individuellen Sound zusammenfügt, jedoch bin ich der Auffassung, dass das gewisse "nordische Element" doch nicht völlig ausgeklammert wurde.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Lyleland (8:32)
2 53 Days Of November (6:53)
3 Drone (6:35)
4 Three Tree (4:53)
5 Mingus (5:33)
6 Chroma & Luma (5:49)
7 Ember (5:49)
Besetzung

Peter Kohlmetz Møller (Fender Rhodes & keyboards)
Mads la Cour (flugelhorn & trumpet)
Simon Krebs (guitars & lapsteel)
Morten Jørgensen (bass)
Nikolaj Bundvig (drums)



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