Händel, G. F. (Zaïcik)
Royal Handel - Opernarien
NOBLESSE
Die 1719 ins Leben gerufene Royal Academy, jener Londoner Kreis aristokratische Musikfreunde und –förderer, zu deren musikalischer Leiter Georg Friedrich Händel ernannt worden war, dient als programmatischer Aufhänger dieses Recitals der französischen Mezzosopranistin Eva Zaïcik. Im Mittelpunkt steht dementsprechend Händels-Opernmusik, mit der er zwischen 1720 und 1728 in der britischen Hauptstadt reüssierte. Daneben finden sich – als Weltersteinspielung – zwei Arien von Attilio Ariosti (1666-1729) und eine von Giovanni Bononcini (1670-1747), die beweisen, dass durchaus nicht alles, was bis heute in Händels Schatten steht, auch qualitativ hinter dem Maestro zurückblieb.
Zaïcik trägt die Arien klangschön, souverän und mit bernsteinfarben timbrierter Mezzostimme vor, die bis in die Höhen hinein stets angenehm und in der Mittellage volltönend bleibt. Auch an Virtuosität fehlt es ihr nicht, ja, sie versteht es, die Koloraturen mit scheinbarer Mühelosigkeit vorzutragen und ihnen eine bewundernswerte Leichtigkeit beizugeben. Ihre Stärke liegt aber deutlich in den lyrischen Stücken, wo sie den Ton wirklich zum Blühen bringen kann, unterstützt von einem bei kleiner Besetzung wunderbar farbenreichen, sonoren Orchesterklang von Le Consort. Die hochdramatischen Arien, die sich mit jenen ruhigeren auf diesem Album in klassischer Reihenfolge abwechseln, lassen hingegen die nötige Aufladung und das mitreißende Feuer sowie den Mut zur Entäußerung (und damit auch zur Hässlichkeit) ein ums andere Mal vermissen. Schon das berühmte „Rompo i lacci“ (Flavio) kommt als Auftaktstück mit zu viel Noblesse daher, bei „Gelosia spietata aletto“ (Alceste) fehlt die emotionale Glut und in „Agitato da fiere tempeste“ (Riccardi Primo) die heldenhafte Angriffslust. Das bleibt alles schön und edel, aber halt auch brav, so dass die Figuren und ihre Affekte damit nicht zum Leben erweckt werden.
Beim Vergleich mit Jarousskys Händel-Album (Erato, 2017), das programmatisch über weite Strecken identisch ist, wird dies deutlich. Natürlich ist der Vergleich wegen der unterschiedlichen Stimmfärbung und dem Volumen von Counter und Mezzo nur eingeschränkt möglich. Aber darum geht es nicht. Es geht vielmehr um die Figuren- und Affektzeichnung und da wird deutlich: Man kann ein solches Recital durchaus auch als großes Kino (sprich: Theater) anlegen, was dem Ausdruckspotential der Musik sicher eher gerecht wird. Mit dieser CD ist man hingegen eben nicht im Theater, sondern in der „Akademie“, was der Idee und dem Charakter der Royal Academy vermutlich nicht unbedingt entspricht und daher über die 65 Minuten nur bedingt trägt.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Arien aus Admeto, Siroe, Tolomeo, Giulio Cesare, Radamisto, Floridante, Flavio, Ottone, Riccardo Primo
+Ariosti: Arie "E' pur il gran piacer" aus Caio Marzio Coriolano
+Bononcini: Arie "Strazio, secempio, furia e morte" aus Crispo
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Besetzung |
Eva Zaïcik: Mezzosopran
Le Consort
Théotime Langlois de Swarte: Violine
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