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Es hätte durchaus andere interessante Scheiben für diese Kolumne gegeben. Relativ aktuell waren im Juni 1996 Visions fugitives von Mekong Delta und Dios Strange Highways. Und ich hatte mir in diesen Monat auch zwei starke, allerdings ältere Live-Alben zugelegt – das zweite Slade Live-Album und Roger Chapmans He was...she was...you was...we was....
Aber es war von vorneherein klar, dass ein anderes Album das Rennen machen würde. Rages Lingua mortis steht nicht nur für sich als großartiges Album. Es gehört auch zu der ganz kleinen Anzahl von Alben, mit denen eine Band etwas wirklich Eigenständiges geschaffen hat.
Denn mindestens 99,9 Prozent aller veröffentlichen Alben laufen Trends hinterher. Was ja auch nichts Schlimmes ist, wenn sie den jeweiligen Trends Eigenes abgewinnen bzw. hinzufügen können. Auch auf diesem Wege können Klassiker entstehen. Rages Lingua mortis gehört aber zu den wenigen Ausnahmealben, die den Trends nicht gehorchen, sondern einen neuen Trend setzen; zumindest mitsetzen.
1996 scheint der Geist des Metal-Klassik-Crossovers in der Luft gelegen zu haben. Gleich drei Maßstäbe setzende Alben sind in diesem Jahr erschienen – Waltaris Yeah! Yeah! Die! Die! Death Metal Symphony in deep C für den Death Metal, Therions Theli für den Black Metal und eben Rages Lingua mortis für den Power Metal. Rhapsody und Nightwish nahmen diesen Faden dann in den beiden Folgejahren auf ihre Weise auf.
Uriah Heeps Zweitling mit dem überragenden Titelsong „Salisbury“ |
Und dann war diese Form des Crossovers zum Standard geworden. Mittlerweile haben Dutzende von Metal- und Hard Rock Bands ihre Hits mit Zuhilfenahme eines Orchesters neu eingespielt – die Scorpions, Kiss, Metallica, Uriah Heep und viele viele andere.
Für Uriah Heep war das nicht einmal der erste Versuch mit einem Orchester zusammen zu arbeiten. Anfang der 70er hatte es bereits schon einmal eine Welle von Klassik-Rock-Verschmelzungen gegeben – allerdings vor allem im Bereich dessen, was dann später als Prog bezeichnet wurde. In dieser Zeit haben Deep Purple und Uriah Heep je ein hervorragendes Beispiel für entsprechende Versuche geliefert – Heep mit dem Titelsong ihres zweiten Albums Salisbury und Purple mit „April" von ihrem dritten Album Deep Purple. Das dürften die stärksten Beispiele einer wirklich gelungenen Kombination von hartem Rock und Klassikorchester sein. Ansonsten standen Band und Orchester in der Regel etwas unverbunden nebeneinander, wie es z.B. bei Deep Purples ambitionierten Concerto for Group and Orchestra der Fall war. Erst Rage und Waltari gelingt es mit den beiden genannten Songs gleich zu ziehen, wobei Waltari streckenweise auch in die „Purple-Falle“ tappen.
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