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Reviews

Barbara Streisand

Walls (Vinyl)


Info

Musikrichtung: Songwriter

VÖ: 14.12.2018

(Columbia / Sony)

Gesamtspielzeit: 48:18

Internet:

http://www.barbarastreisand.com

Lost Reviews – Vol. 2

Vor einiger Zeit hatte ich beim Entsorgen alter Kartons ein Buch und drei nagelneue Vinyl-Alben entdeckt, die in einem vergessenen Karton schon fast zwei Jahre auf ihre Besprechung warteten. Da Barbara Streisand und die Reggae Workers of the World bereits zu ihrem Veröffentlichungstermin als CDs besprochen worden waren, hatte ich im Dezember mit der Besprechung des Doppel-Albums von Natty begonnen. Nun also folgt mit Barbara Streisands Walls die zweite Folge der „Lost Reviews“.


Eine gute Dreiviertelstunde lang singer-songwritert sich die Diva durch elf Kompositionen; sowohl eigene, wie geborgte. Das Ganze in Arrangements zwischen Bernstein und Bacharach gekrönt von der unverkennbaren Stimme Streisands. Von den Socken haut mich das Ganze nicht. Es fehlen wirkliche Höhepunkte.

Der kraftvolle Sound von „Don’t lie to me” ist etwas synthetisch, aber durchaus packend. Das Stück hat auch den Ansatz eines Refrains. „Lady Liberty“ gibt sich zum Ende hin hymnisch. In „The Rain will fall“ kommt der Gesang etwas kerniger als im Schnitt und hat durchaus poppige Power. Das macht das Ganze hörbar, aber mehr auch nicht.

Streisand gibt sich gefühlig, kommt aber zu überemotional rüber, um wirklich berührend zu sein. Mich erinnert das sehr an den Soundtrack zu Yentl, einen Film, in dem sie nicht nur die Hauptrolle gespielt hat, sondern den sie auch selbst inszeniert hat. Im Film funktionieren die Songs, in denen sie die Gefühle und Gedanken der Titelheldin Yentl erläutert und vertieft werden. Aber allein ohne den Film sind sie zu gleichförmig, zu sehr auf die Aussage konzentriert, zu wenig auf die Musik.

Das ist nicht die einzige Parallel zwischen Yentl und Walls. Es ist auch kein Zufall, dass sie gerade „Imagine“ covert. Zumindest in den USA gehört Barbara Streisand zu den ganz Großen – und das gleich in einer ganzen Reihe von kulturellen und gesellschaftlichen Bereichen. Auch sozial und politisch war sie interessiert und engagiert. Etwas, das man auch auf Walls hören und (in den Liner Notes) lesen kann. Sie redet und singt sich das von der Seele „what‘s on my Mind“. Und aufgenommen 2018, mitten in der Regierungszeit von Donald Trump, liegt ihr so einiges auf der Seele.

Das ist ihr wichtig. Daher erläutert sie den Hintergrund zu jedem einzelnen Titel in den Liner Notes. Sie ist entsetzt über die Entwertung der Wahrheit durch Trump. (Von den beiden Titeln, die sich mit diesem Thema befassen, lässt sie die Texte abdrucken.) Sie befürchtet, dass das, was in den 80ern erreicht worden ist, verloren geht. Vielleicht kein Zufall, dass sie sich – genau wie Neil Diamond auf seinem aktuellen Album - auf die Sätze bezieht, die auf der Statue of Liberty stehen.

Es ist bezeichnend, dass sie von den 80ern spricht, und nicht von den 60ern. Sie ist keine revolutionäre Bürgerrechtlerin, sondern Teil eines bürgerlichen Establishments. Wenn sie auf die Wahl zurückblickt, bei der Hillary Clinton von Trump geschlagen wurde, bedauert sie nicht nur, dass Trump gewonnen hat, sondern sie drückt auch ihre klare Sympathie für Clinton aus – eine Haltung, die in den USA Seltenheit hatte. Der größere Teil der Clinton-Wähler hat sie als das kleinere Übel gewählt, um nach Möglichkeit Trump zu verhindern. Walls passt in das gesellschaftliche Umfeld, das Musik in einer Hotel-Lobby in Las Vegas oder einem Theater am Broadway hört – mit einem guten Rotwein oder einem edlen Cocktail in der Hand.

Kein großes, aber ein hörbares und interessantes Album, beim dem man es bedauert, dass nicht alle Texte abgedruckt wurden.

Das Vinyl kommt nicht in der Ausstattung, die man heute von einem Vinyl erwartet, sondern so, wie es auch in Vinyl-Zeiten üblich war – ein einfaches Steck-Cover mit ungefüttertem Innencover aus Hochglanz-Papier, auf dem Liner-Notes, Credits und Fotos abgedruckt sind. Immerhin: Ein Download-Code liegt bei.



Norbert von Fransecky

Trackliste

Seite 1
1 What's on my Mind 5:16
2 Don't lie to me 4:00
3 Imagine / What a wonderful World 5:23
4 Walls 3:58
5 Lady Liberty 3:56

Seite 2
1 What the World needs now 4:33
2 Better Angels 4:11
3 Love's never wrong 4:09
4 The Rain will fall 4:41
5 Take Care of this House 4:14
6 Happy Days are here again 3:59
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So bewerten wir:

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06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
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19 bis 20 Überflieger