Robert, P. (Schneebeli, O.)
Grand Motets sur le Cantique des Cantiques
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Info |
Musikrichtung:
Barock Geistliche Musik
VÖ: 05.11.2021
(CVS / Note 1 / CD DDD / 2020 / Best. Nr. CVS051)
Gesamtspielzeit: 63:56
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HERZENSANGELEGENHEIT
Diese Aufnahme mit vier „Großen Motetten“ über Texte des biblischen Hoheliedes von Pierre Robert und Henry Dumont ist hörbar (und im Booklet auch nachlesbar) ein Herzensanliegen von Olivier Schneebeli, der 2021 nach nunmehr 30 Jahren sein Amt als Chorleiter der „Les Pages et les Chantres du Centre de Musique Baroque de Versailles“ in die Hände seines Nachfolgers abgegeben hat.
Ein „Grand Motet“ ähnelt mit seinen wechselnden Abschnitten aus Arien, Rezitativen, Chören und Instrumentalparts ein wenig einer protestantischen Kirchenkantate und begleitete statt einer traditionellen katholischen Messvertonung die stille Gottesdienste, denen Ludwig XIV. täglich beiwohnte. Für den König war diese Auszeit wohl in erster Linie eine Gelegenheit, um eine weitere halbe Stunde Musik aus den Federn der jeweils besten Komponisten Frankreichs zu genießen, nur dass die in diesem Fall kein weltlichen Events untermalte, sondern eben zur Andacht inspirieren wollte.
Zu der ersten Generation dieser mit eigenen Hofämtern für geistliche Musik bedachten Komponisten gehörten Pierre Robert und Henry Dumont. Vor allem Roberts Werke erhielten nach seinem Ausscheiden auf der Grundlage des königlichen Druck- und Publikationsbefehl einen gleichsam kanonischen Status, auch wenn seine Nachfolger das Genre weiter entwickelten, die Musik noch pompöser und weiträumiger sich entfalten ließen.
Die von Schneebeli ausgewählten Werke mit Texten aus dem erotischsten Buch der Bibel, dem sogenannten Hohelied der Liebe, verlangen freilich nach einer weniger dramatischen als innigen bzw. sehnsuchtsvollen Musik. Roberts drei hier aufgenommen Werke, die von einem weiteren Motet Dumonts ergänzt werden, erweisen sich als ausgesprochen angemessene Vertonungen, die die sinnlich-erotische Sprache der Vorlagen auf sehr barocke Weise interpretieren, dabei völlig natürlich die polyphone Satzweise mit neueren ariosen Partien kombinieren, dazu solistische und chorische mit instrumentalen Texturen mischt, so dass sich ein dahinströmendes Klangband ergibt, bei dem die Ausleuchtung und die Farbverhältnisse ständig wechseln. Robert meditiert über die biblischen Vorlagen in seiner Musik, geht mit den Worten auf immer neue Weise in Resonanz und mit ihm die Zuhörenden.
Dabei ist der Klangeindruck im wahrsten Sinne sanft und liebevoll, was sicherlich auch an der unangestrengten Interpretation liegt. Dass die hohen Stimmen des Chores von Knaben und Mädchen übernommen werden, verleiht der Andacht gleichsam eine ganz selbstverständlich anrührende, heitere Note. In diesen Andachtsmusiken streckt sich die barocke Seele hingebungsvoll nach Gott aus, durchlebt mystische Sehnsucht und genießt die Süße der liebenden Verbundenheit, statt sich wie sonst so häufig in bitteren Buß- und Reuetränen aufzulösen.
Schneebeli formt den Klang seiner Ensembles organisch und ohne zu forcieren, aber mit einem Gespür für die Inbrunst der Musik, ihre sakrale Erotik. Unter den erwachsenen Solisten verdient insbesondere der feine, mühelos klingende hohe Tenor von Clément Debieuvre Erwähnung.
Georg Henkel
Trackliste |
Veniat dilectus meus; Ego flos campi; Nolite me considerare
Henry du Mont: Dum esset rex |
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Besetzung |
Les Pages et les Chantres du Centre de Musique Baroque de Versailles
Concerto Soave
Olivier Schneebeli, Leitung
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