Francesco Ciniglio
The Locomotive Suite
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In Neapel geboren, in New York musikalisch geschult und nun in Paris lebend. Der Schlagzeuger Francesco Ciniglio hat seine aktuelle Platte The Locomotive Suite auch in Paris eingespielt. Alle Kompositionen stammen von ihm, neun Stücke.
Nach einer kurzen, 1:40 Minuten langen, Einleitung, startet er mit einer Schlagzeugeinleitung den zweiten Titel, "Locomotive". "Loco motivus", sich von der Stelle bewegend, so geschieht es, bei 1:11 setzt ein leichtes Bläserarrangement ein nach 1:30 etwa, bewegt sich der Song weiter, Bassklarinette, anschwellendes Bläserarrangement, das wieder zurückgenommen wird, das sehr filigrane und feinfühlige Schlagzeugspiel dazu. So wird eine spannende Stimmung erzeugt, das Vibrafon meldet sich zu Wort, die schwebende Atmosphäre bleibt geheimnisvoll.
Zur Absicht des Titels, der Suite, äussert sich Ciniglio laut Pressetext wie folgt: Es ist eine klare Metapher. Jeder von uns sollte unsere eigene Lokomotive sein, robust und zuverlässig, denn verrückte Zeiten können kommen. Wenn wir nicht sofort reagieren und nicht damit weitermachen, werden wir untergehen. Ja, und diese Absicht, hat er mit feinem kompositorischem Gespür, unter Zuhilfenahme der erstklassigen Musiker, perfekt umgesetzt.
Robust und zuverlässig wirkt die Musik sicher auch, doch Reaktionen auf Unerwartetes kann man ebenfalls nachvollziehen. Denn typische Muster, wie Thema, Solo, Thema usw. werden abgelöst durch plötzliche und geschickt gesetzte Wendungen, die ganz viel Lebendigkeit erzeugen. Einerseits fühle ich mich eingebettet in eine angenehm flauschige Decke und andererseits wird man nicht eingelullt durch Erwartetes, sondern muss schon wach bleiben ob der kleinen Überraschungen, die die Band auffährt. Und das Ganze wird geboten in einem Umfeld von Harmonie, Wechsel von Stimmung und Rhythmus, geprägt vom Gefühl der Umgestaltung eines Songs, der dann die Richtung wechselt, wenn man sich an ihn gewöhnt hat. Das ist für mich eine Darstellung davon, wie durchdacht die Kompositionen sind. Kompositionen, die aber nie starr oder steif erscheinen, weil das Instrument der Improvisation und der freien Gestaltung reichlich Raum hat zur Entfaltung.
Neun schöne und beeindruckende Klang-Landschaften sind so entstanden, mit unterschiedlich emotionalen Ausprägungen. Mir imponiert, wie der Protagonist mit seinem Schlagzeugspiel umgeht. Nicht vordergründig, effekthaschend, sondern oft filigran und sehr gestaltend, Schlagzeug eben nicht nur als reiner Rhythmusgeber. So sind es stets wieder einzelne Passagen, oder auch mal ein kompletter Solobeitrag wie mit "The Turtle", die zeigen, das man mit dem Instrument auch anders umgehen kann.
Und so kann die Stimmung ebenfalls wechseln mit den Extremen freierer Gestaltung ("Concern In The Background") und dem ganz sanften Abschlusstitel "Mon Ange", auf dem man zunächst ein Duett von Piano (wer spielt es?) und Gesang hört (wer singt?), bis dann die übrigen Instrumente dazustoßen und eine wunderschöne Stimmung erzeugen.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Laura Martina
2 Locomotive
3 Arlene's March
4 Capitano
5 Self-Made Man
6 The Turtle
7 Concern In The Background
8 945 St Nicholas Ave
9 Mon Ange
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Besetzung |
Francesco Ciniglio (drums & composition)
Raynald Colom (trumpet & flugelhorn)
Matt Chalk (alto saxophone & arrangements)
Matteo Pastorino (bass clarinet)
Alexis Valet (vibraphone)
Felix Moseholm (double bass)
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