Jimi Hendrix Experience
Electric Church - Atlanta Pop Festival July 4, 1970 (DVD)
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Das Atlanta Pop Festival war eines der größten Festivals der 70er Jahre. Damals befanden sich 500.000 Zuschauer vor Ort. Eeine für heutige Verhältnisse schier undenkbare Zahl. Das Festival fand wenige Monate vor Jimis Tod statt. Der Gitarrist verstarb viel zu früh am 18.09.1970 in London. Das Festival brauchte ein Zugpferd, um die Massen anzulocken. Eben dieses Zugpferd fanden sie in Jimi Hendrix, den zur damaligen Zeit wohl größten Live-Act überhaupt.
Zu Beginn der DVD melden sich etliche prominente Musiker zu Wort, um ihre Meinung über Jimi Hendrix zu äußern. Darunter sind gute Bekannte wie Leslie West (Mountain), Kirk Hammet (Metallica), Susan Tedeschi und Derek Trucks (Tedeschi Trucks Band) und zu guter Letzt auch Sir Paul Mc Cartney (The Beatles). Sie sprechen sehr respektvoll über Jimi Hendrix und man merkt, wie tief sein Spiel sie beeindruckt hat. Mit Mitch Mitchell und Billy Cox kommen beide noch lebenden Mitmusiker des Konzerts zum Zuge, was mich ganz besonders gefreut hat. Darüber hinaus ist es gelungen, etliche Mitorganisatoren des Festivals vor das Mikro zu bekommen. Deren Kommentare und Erzählungen geben einen guten Einblick in die Hintergründe des Festivals.
Man erfährt sehr viel über die Organisation von Festivals zu der damaligen Zeit. Vieles war schlichtweg improvisiert, man hatte noch „Mut zur Lücke“ und Perfektionismus war ein Wort das man nur aus Fremdwörterbüchern kannte. Aber auch damals schon waren musikalische Großereignisse ein knallhartes Geschäft. Hendrix wurde geholt, um die Massen anzulocken. Wenn man auch sagen muss, dass 14 US Dollar Eintritt für drei Tage inklusive Camping durchaus gerechtfertigt waren. Von Abzocke kann hier wirklich nicht gesprochen werden. Auch die politische Dimension dieser Ära wird beleuchtet. Ein hochrangiger lokaler Politiker wollte beispielsweise das Festival verhindern, weil er Angst vor den Hippies und den Auswirkungen der Musik auf die Dorfbevölkerung hatte. So etwas wäre heute unvorstellbar! Vietnam, Rassenunruhen, Martin Luther King - damals war einfach viel los und die Jugendlichen waren neben der Musik auch meist politisch orientiert.
Diese Situation fängt die DVD toll ein. Es ist richtig komisch, wenn die Dorfbevölkerung auf die Hippies trifft, die sich ohne Probleme nackt in den See werfen oder in aller Öffentlichkeit Drogen konsumieren. Der Aufkleber auf der Rückseite der DVD mit dem Hinweis auf „infrequent strong language, moderate nudity und drug use“ ist daher eher als niedlich zu bezeichnen. Der Sound und das Bild der DVD sind der reinste Genuss. Es ist kaum vorstellbar, dass die Aufnahmen bereits 45 Jahre auf dem Buckel haben. Es fällt schwer, die DVD nicht in einem Stück zu schauen. Sie ist überaus kurzweilig und interessant aufgemacht. Sie zeigt Hendrix in raren Interviews und präsentiert ihn als nachdenklichen, scharfsinnigen musikalischen Visionär.
Die Live-Performance des Trios ist gigantisch. Hendrix, Cox und Mitchell legen fetzig mit „Fire“ los und begeistern das Publikum von der ersten Sekunde an. Die Kameraführung ist sehr gelungen, man kann Hendrix perfekt auf die Finger schauen und ist mittendrin im Konzert. Ich ertappe mich dabei, wie ich völlig dabei aufgehe, Jimi beim Spielen zu beobachten. Der Stromanbieter hatte damals Probleme, alle Scheinwerfer mit Strom zu versorgen. Von daher liegt der Fokus auf dem Star des Abends: Mr. Jimi Hendrix. Beeindruckend ist das blinde Verständnis der drei Musiker, die sich während des kompletten Gigs fast nicht anschauen. Sie spielen wie Maschinen, jeder spürt intuitiv, wie es weitergehen muss. Dass auch Hendrix nur ein Mensch ist, beweist er beim Anfang von „All Along The Watchtower“, den er glatt versemmelt und etwas zu tief beginnt. Billy Cox amüsiert sich beim Erzählen darüber - eine wirklich seltene Anekdote.
Der Auftritt rattert nur so dahin und bis man schaut, ist er zu Ende. Es ist fast nicht zu glauben, dass das Konzert nur einige Monate vor Jimi Hendrix’ Tod stattgefunden hat. Auf der DVD deutet rein gar nichts darauf hin, er spielt in der Form seines Lebens und haut mich fast um!
Die Macher der DVD sind sehr bodenständig. Sie weisen nach dem Konzert sogar noch auf das Müllproblem hin, das die vielen Festivalbesucher hinterlassen haben. Man sieht riesige Müllberge, die von den freiwilligen Helfern in wochenlanger Arbeit entfernt wurden. Die DVD erfüllt den Zweck einer hervorragenden Dokumentation, in die ein imposanter Live-Auftritt von Jimi Hendrix eingebettet ist. Kurzweilig, interessant und musikalisch aufregend überzeugt mich der Silberling auf ganzer Linie.
Stefan Graßl
Trackliste |
1 | Fire |
2 |
Spanish Castle Magic |
3 |
Red House |
4 |
Room Full Of Mirrors |
5 |
All Along The Watchtower |
6 |
Freedom |
7 |
Foxey Lady |
8 |
Purple Haze |
9 |
Hey Joe |
10 |
Voodoo Child (Slight Return) |
11 |
Stone Free |
12 |
Star Spangled Banner |
13 |
Straight Ahead |
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Besetzung |
Jimi Hendrix: Guitar, vocals
Billy Cox: Bass
Mitch Mitchell: drums
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