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Kultige Songs um coole Figuren – Hits mit Promis
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Info |
Musikrichtung:
Schlager, Incredible Strange Music
VÖ: 30.11.2012
(Bear Family Records/ Delta Music)
Gesamtspielzeit: 59:15
Internet:
http://www.bear-family.de
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Was ist schlimmer als Zahnschmerzen? Heintje! Was ist schlimmer als Heintje? Ein Lied über Heintje! 1968 tat das die damals 11jährige Wilma mit „Heintje, baue ein Schloss für mich“. Endlich mal ein Schlager, in dem ein Schlagerstar besungen wird und nicht selbst singen muss. Geheiratet haben die beiden trotzdem nicht. Wir aber dürfen uns jetzt in der Kompilation „Kultige Songs um coole Figuren“ an diesem Archivschatz erfreuen, strampeln mit den Füßen, rufen „Aua, aua, aua!“ und hoffen, dass solche Aufnahmen nicht als Foltermethode eingeführt werden.
Zu verdanken haben wir die Sammlung von Schlagern über Prominente natürlich Bear Family Records, dem Label u. a. für Kleinode der 1950er und 60er Jahre. Die CD mit Tendenz zur Kultsammlung setzt die Tradition des Labels fort, solche Brüller wie „Hippies, Hasch und Flower Power“ mit Gammler- und Anti-Gammler-Liedern vor einigen Jahren zu veröffentlichen, die als Partyrausschmeißer unverzichtbar sind. Allerdings könnte das Abspielen dazu führen, dass die Gäste auch länger bleiben wollen, um solche Alben noch und nöcher zu hören. Bear Family liefert derzeit noch mehr Stoff.
„Hits mit Promis“ heißt es nun hier im Untertitel. In Zeiten, wo das böse Wort von Z-Promis umhergeht, die in Dschungelcamps versuchen, in die Y-Klasse aufzusteigen, sollte man sich erinnern, was echte Promis damals zu solchen machte. In den 50ern und 60ern wurden noch richtige Hymnen geschrieben, um die Bewunderung für jemanden zu steigern. So dürfte Herr Steinbrück von der SPD nach seinem Kanzlerkandidat-Fehlstart als Sonntagsreden-Großverdiener gut beraten sein, mal in Carola Lüdtkes „Oh Willy Brandt“ hineinzuhören. Sehr aktuell: Ein kleines Dummchen gibt zu, nichts von Politik zu verstehen, aber es mag Willy Brandt, weil der ja so sehr für Frieden und Freiheit ist. Man sieht, wir brauchen nur Leitfiguren und schon klappt das wieder mit der SPD.
Es gibt eben Trash, der ist so trashig, dass er schon wieder gut ist. Wer um Gottes Willen dachte sich Textzeilen aus wie „Mit dir möchte ich mal rosa Pampelmusen essen!“ (Hans Clarin als Synchronstimme von 77 Sunset Strip-Krimistar Kookie in Gitta Linds Schlager „Kookie“)? Aber ein guter Schlager ist eben ein durchgeknallter Schlager – auch wenn das manchmal gar nicht beabsichtigt war. Oft macht das Durchgeknallte schon ein überzogener Gesangsstil aus. So singt Ray Miller „Ich bin verliebt über beide Ohren/ in Soooooooooooooophia Loren …“ Man beachte den Bruch mit der italienischen Ausspracheregel (eigentlich Lo-reen). Auch BB – Frankreichs Sexsymbol „Brigitte Bardot“ - wurde einst voller Klischees strotzend von Rainer Bertram besungen. Er hätte es vielleicht sein gelassen, hätte er gewusst, dass sie heute als schwerneurotische Tierschützerin nur noch nervt. Doch zeigt auch ein Song wie „Gina“ (gemeint ist die Schauspielerin Gina Lollobrigitta) von Tony Bass, wie gefährlich es in den 50er Jahren war, wenn Papa „pikante“ Fotos von leicht beschürzten Damen beim pubertierenden Sohnemann fand. Auch die Themen einer aufmüpfigen Jugend wie James Dean und Teenager-Treffs wurden in dieser konservativen Zeit schnell zum Inhalt braver Schlagerscheiben nach dem Motto: Natürlich dürfen unsere Jüngsten auch mal ein bisschen tanzen gehen, aber bitteschön pünktlich nach Hause kommen! In der Kompilation leben außerdem viele Klassiker des Kinderfernsehens wieder auf, vor allem die Prominenz unter den Tieren: Lassie, Mr. Ed oder Flipper, der Freund aller Kinder. Schade nur, dass die Kinder inzwischen groß sind und manche von ihnen den Delfinen weltweit den Garaus machen.
Manche Songs sind derart einfallslos, dass man sie gehört haben muss, um es zu glauben. Peggy Marchs „The Beatles“ versammelt lediglich Stichworte zu den Pilzköpfen wie ein bloßes Brainstorming zum Thema. Dieser Song dürfte in weniger als zehn Minuten geschrieben worden sein. Auch merkt man noch einen starken Einfluss des Dixieland oder der Karnevalsmusik im Schlager. Je exotischer die Besungenen sind oder die Textidee ist, desto antiquierter wirkt die Musik. Hektor von Usedoms „Roy Clark Ballade“ über einen deutschen Bundesbahnerpresser nimmt die Musik der One-Man-Band-Straßenmusiker auf. Derartige Stimmungsmusik war damals das Signal für: „Aufgepasst, jetzt wird’s lustig!“. Aber was soll’s: Heute kommt ein Homunkulus wie DJ Ötzi auch als One-Man-Band auf irgendeine Bühne und alle müssen sofort gute Laune bekommen, ob sie wollen oder nicht. Auch Songteile mit markantem Sprechgesang von markanten Männern, eine Übernahme aus der Country Music, war vor 45 Jahren sehr beliebt. Manches musikalische Konzept ist seltsam und zeugt von Unerfahrenheit oder Beliebigkeit der Produzenten. So hat eine Hymne an den verstorbenen Jimi Hendrix eine musikalische Untermalung, bei der sich good ole Jimi im Grabe umdrehen dürfte. Aber es stammt ja auch von einem Kaplan Flury. Und der meint, Jimi sogar gekannt zu haben. Auch warum ein Song für James Bond wie ein Western klingen muss, erschließt sich einem nicht so schnell. Incredible Strange Music eben. Oder besser Exploitation Music, schließlich wollten die Macher an der Popularität der Promis mitverdienen. Doch das funktionierte eher selten. Peggy March z. B. als Boxenluder für Rennfahrer „Jackie Stewart“. Er fuhr los – brrmm brrmm – und sie auch. Und zwar ihren Hit an die Wand, wie übrigens viele der hier aus dem Archiv Geretteten.
Bear Familys Verdienst solcher Zeitgeist-Kompilationen ist es zu zeigen, dass was heute angesagt ist, morgen schon dem Ablachen anheim fallen kann. Das Gleiche könnte man schließlich schon lange auch mit Peinlichkeiten der 1980er Jahre aus der Neuen Deutschen Welle machen, dient vieles davon inzwischen ja auch als Bierzeltmusik. Am Schluss bedauert man aber, dass das Album schon so schnell vorbei ist. Vorzüglich ist das spitzzüngige Booklet mit Fotos der Schlagerstars und Covers von Singles, die Hörern mit nostalgischen Defiziten zu Tränen rühren dürften. Für musikalische Illustrationen der besungenen Promis ist das Album allerdings eine Goldgrube.
Hans-Jürgen Lenhart
Trackliste |
1 | 1 Elvis - Micky Main |
2 |
2 The Beatles - Peggy March |
3 |
3 Jimi, oh Jimi Hendrix - Kaplan Flury |
4 |
4 Heintje, baue ein Schloss für mich - Wilma |
5 |
5 Lassie, dein Weg nach Haus ist schwer - Little Woelfi |
6 |
6 Flipper - Hans Delfin |
7 |
7 Mr. Ed - Ralf Paulsen |
8 |
8 James Bond greift ein - Rangers |
9 |
9 Sophia Loren - Ray Miller |
10 |
10 James Dean Blues - Bert Suplie |
11 |
11 Gina - Tony Bass |
12 |
12 Brigitte Bardot - Rainer Bertram |
13 |
13 Kookie - Gitta Lind & Hans Clarin |
14 |
14 Gib den Ball zu Uwe Seeler - Billy Sanders |
15 |
15 Jackie Stewart, noch 3 Minuten zum Start - Peggy March |
16 |
16 Noah - Bruce Low |
17 |
17 Mister Rockefeller - Petra |
18 |
18 Mister Galilei - Dave Colman |
19 |
19 Bonnie und Clyde - Inga & John |
20 |
20 Roy Clark Ballade - Hektor von Usedom |
21 |
21 Goodbye alter Häuptling - Die Alten Kameraden |
22 |
22 Lass doch mal den Dicken ran - Schaumburger Hofsänger |
23 |
23 Oh, Willy Brandt - Carola Luedtke |
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