Musik an sich


Reviews
Keiser, R. (Ochs)

Dialogus von der Geburt Christi


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 01.10.2008

(Carus Verlag / Note 1 / CD DDD / 2008 / Best. Nr. 83.417)

Gesamtspielzeit: 45:00

Internet:

Carus



KEISERLICH

Reinhard Keiser (1674-1739) ist heute vor allem als Wegbereiter der deutschen Oper ein Begriff, leitete er doch viele Jahre die Hamburger Gänsemarkt-Oper und schuf hierfür selbst über 60 Bühnenwerke. Daneben war sein Oeuvre an geistlicher Musik nicht allein umfangreich, sondern auch wegweisend, zumal auf dem Gebiet des Oratoriums. Ungeachtet dessen weist der Katalog auffallend wenige Einspielungen dieser Opern und Oratorien aus. Pünktlich zur Weihnachtszeit wird nun ein Teil dieser Lücke gefüllt durch die Einspielung des 1707 uraufgeführten Weihnachtsoratoriums mit dem altertümelnden Namen "Dialogus von der Geburt Christi". Es ist in Keisers Komposition kein besonders bescheidender Geburstvorgang: Das Werk durchzieht ein höchst festlich-glänzender Ton. Das reich besetzte Orchester (3 Trompeten, 3 Oboen, 3 Fagotte, Pauken, Streicher und Continuogruppe) nutzt Keiser für eine abwechlsungsreiche Instrumentierung. Die Melodielinien sind kurz, aber gleichermaßen einfallsreich wie einprägsam. Ruhepunkte liefern die überwiegend homophon ausgeführten Chorsätze mit Strophen aus bis heute populären Weihnachtschorälen. Keiser wechselt geschickt von der reinen Affektdarstellung zur dramatischen Schilderung bzw. Ausdeutung und entfaltet so das Weihnachtsgeschehen in seiner ganzen Tragweite vor den Ohren des Hörers. Dementsprechend bewegt sich die Musik zwischen den Extremen volkstümlich-schlichter Hirtenmusik und triumphal-auftrumpfender, meist knapp gehaltener Arien. Das ganze ist auch für heutige Ohren derart eingängig und reizvoll, dass man sich fragt, warum dem halbstündigen Werk nicht schon früher Aufmerksamkeit zuteil geworden ist.
Auf der CD findet der festliche Jubel seine prachtvolle Fortsetzung in Christoph Graupners (1683-1760) Magnificat in C-Dur. Graupner bewarb sich mit dem Stück 1722 um die Stelle des Leipziger Thomaskantors - für die man bekanntlich dann Johann Sebastian Bach vorzog. Allein an dieser Komposition kann es nicht gelegen haben. Sie ist in hohem Maße repräsentativ, die Sätze werden überwiegend in effektvoller Tutti-Besetzung ausgeführt, wobei die Satztechnik allerdings bei weitem nicht die Bach´sche Komplexität erreicht.

Beide Werke liegen bei der Rastatter Hofkapelle in erfahrenen und guten Händen. Die Ausführenden gelangen unter der Leitung von Jürgen Ochs zu einer perfekten Synthese aus prachtvollem Barockklang und Transparenz. Der Grundansatz bleibt stets angenehm leicht und vorwärtsdrängend, doch gelingen den Ausführend auch sehr schöne meditative Momente. Im Orchesterpart nehmen Holz- und Blechbläser durch virtuoses Auftrumpfen gleichermaßen für sich ein. Der Chor entfaltet trotz kleiner Besetzung (alle Stimmen je zweifach) eine erstaunliche Prägnanz. Die Chorsänger übernehmen alternierend auch die solistischen Aufgaben, was nahezu ausnahmslos souverän geschieht. Allein Judith Ritters Altstimme wirkt hier nicht ganz frei von Intonationstrübungen.

Mit dieser CD ist - ungeachtet der nur 45minütigen Spielzeit - das Weihnachtsfest 2009 auf jeden Fall schon jetzt gerettet.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-25 Keiser, Dialogus von der Geburt Christi 30:52
26-24 Chr. Graupner, Magnificat C-Dur 14:08
Besetzung

Rastatter Hofkapelle

Ltg. Jürgen Ochs


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