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Coppelius
Time-Zeit
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Harter Rock bzw. Metal ohne brüllende Gitarren ist spätestens seit Apocalyptica und kürzlich auch Van Canto nichts mehr Neues - aber andererseits auch nicht gerade gewöhnlich. Mit Coppelius schleicht sich nun ein weiterer skurriler Act in den Hartwurstsektor. Statt schreiender E-Gitarren regieren auf Time-Zeit Cello-, Kontrabass- und Klarinettentöne, die geschickt Bass und Gitarre ersetzen. Lediglich ein handelsübliches Schlagzeug gesellt sich zum eher ungewöhnlichen Instrumentarium, welches nach dem ersten Hörversuch eigentlich gar nicht so ungewöhnlich klingt. Denn wie bei den äußerst populären Finnen werden die klassischen Instrumente (mal mehr, mal weniger) verzerrt durch die Lautsprecher gejagt und die gespielten Riffs und Soli kling ähnlich wie bei mit Strom verstärkten Bands.
Das sorgt für einen ähnlich druckvollen Sound, wie man es von traditionellen Rockbands gewohnt ist. Und wenn auch die Songs nach ähnlicher Machart gestrickt sind, ist die Atmosphäre eine ganz andere. Hier treffen gewissermaßen aktueller Zeitgeist auf das Flair des 19. Jahrhunderts, Iron Maiden trifft auf E.T.A. Hoffmann. Das Auftreten der Band in Zylinder und Frack sowie die erdachte Bandbiografie (man habe sich 1791 bei der Uraufführung von Mozarts "Zauberflöte" kennen und lieben gelernt) tragen ihren Teil dazu bei, um das spezielle und faszinierende Coppelius-Feeling entstehen zu lassen. Die Band nennt ihre Musik dazu passend Kammer-Core.
Doch dieses ganze Brimborium allein reicht noch lange nicht aus, damit auch ein gutes Album entsteht. Eine Handvoll guter Songs (im Idealfall natürlich noch mehr) sollte schon vorhanden sein. Was für ein Glück, dass auch dieses auf dem Full-length-Debüt Time-Zeit gegeben ist. Seien es die leichtfüßig rockenden „Rather be dead“ und „But“, das im Refrain etwas an Subway to Sally erinnernde „Time-Zeit“, das mit der Neuen Deutschen Härte flirtende „Operation“, die längere Halbballade „Olimpia“, die instrumentale „Ouvertüre“ oder die beiden nachdenklicheren und verspielten „Surely“ und „Nothing personal“. Mit „Murders in the rue morgue“ hat man sich sogar an einem Iron Maiden-Cover versucht, welches auch noch bestens gelungen ist. Echte Ausfälle gibt es auf dieser CD keine. Auch wenn die meisten Tracks nicht gerade auf Anhieb zünden. Doch das liegt meistens eher am etwas ungewöhnlichen Soundgewand, als an den Liedern selbst.
Gesungen wird bei Coppelius abwechselnd Englisch und Deutsch. Wobei der Gesang selbst etwas spannender sein könnte. Die Texte erzählen von leicht morbiden und schwarz-romantischen Schauergeschichten, Drogenerlebnissen und ähnlichen Dingen. Vom Stil her kommt dabei die Vorliebe für den Dichter E.T.A. Hoffmann (der Bandname stammt aus dessen Erzählung „Der Sandmann“) immer wieder zum Vorschein.
Insgesamt ist Time-Zeit ein ziemlich interessantes und wirklich unterhaltsames Album geworden. Die Idee von Coppelis ist originell und die Umsetzung sehr gut gelungen. Sicherlich macht das Ganze auch live einen Heidenspaß. Da würde man sich glatt eine gemeinsame Tour mit den ähnlich ausgefallenen und freakigen Diablo Swing Orchestra wünschen.
Mario Karl
Trackliste |
1. Intro 0:30 2. Ouvertüre 3:51 3. Rather be dead 4:03 4. Time-Zeit 5:40 5. Murders in the rue morgue 3:53 6. Urinstinkt 4:22 7. Operation 3:15 8. Olimpia 7:03 9. But 4:43 10. Nothing personal 5:12 11. Escapade I 4:48 12. Absinth 0:34 13. Surely 4:47 14. Outro 0:46
Bonus-Video: Morgenstimmung |
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Besetzung |
Max Coppella (Gesang, Klarinette) Nobusama (Schlagzeug) Graf Lindorf (Gesang, Cello) Comte Caspar (Klarinette, Gesang) Sissy Voss (Kontrabass) Bastille (Diener, Gesang, Schlagzeug)
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