Händel, G.F. (Curtis)
Radamisto
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Info |
Musikrichtung:
Barockoper
VÖ: 07.10.2005
Virgin Classics / EMI (3 CD, DDD (AD: 2003) / Best.nr. 7243 5 45673 2 2)
Gesamtspielzeit: 177:02
Internet:
Virgin Classic
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FEST DER STIMMEN
An Einspielungen von Händel-Opern herrscht inzwischen wahrlich kein Mangel mehr. Alle paar Monate werden die Anhänger barocker Bühnenmusik auf diesem Sektor mit neuem Futter versorgt und ganz besonders fleissig ist dabei u.a. Alan Curtis. Diesmal hat er sich dem Radamisto zugewandt. Curtis hat sich dabei für die Ursprungsfassung der Oper aus dem April des Jahres 1720 entschieden. Insofern handelt es sich um eine echte Bereicherung des Katalogs, denn die 1993 entstandene Aufnahme unter Nicholas McGegan (Harmonia Mundi France, HMU 907111.13) greift auf die Zweitfassung zurück, die Händel anläßlich der Wiederaufnahme des Werkes im November 1720 anfertigte und die weitreichende Änderungen beinhaltet. Nun hat man also die Qual der Wahl, welches die besserer, attraktivere Opernfassung ist. Die größere musikalische Durchschlagskraft darf man wohl der Zweitfassung zuschreiben, wenngleich die dabei eingefügten Nummern den Handlungsfluß deutlich hemmen. Aber auch in der Ursprungsversion zeigt Händel, wenngleich noch stark an der Opernkonvention orientiert, ein großes Gespür für die geschickte Personenzeichnung und den musikalischen Effekt.
Man möchte also geneigt sein, die Fassungen zu mischen, um ein optimales Ergebnis zu erreichen. Nicht anders ergeht es einem im Hinblick auf die Interpretation: Während McGegans Einspielung aus den 90er Jahren das idiomatischere Dirigat und einen glutvolleren Orchesterklang für sich hat, präsentiert sich die Neuproduktion als in stimmlicher Hinsicht überlegenes Sängerfest. Da fällt tatsächlich die Wahl schwer, wen man aus der Solistenrieg hervorheben soll, die zudem mit Blick auf die verschiedenen Stimmtypen und -farben äußerst geschickt zusammengestellt wurde: Joyce DiDonato gibt einen überzeugend dramatischen Titelhelden ab, Patrizia Ciofi ist eine quirlig-kraftvolle Polissena und als aufsteigender Stern am Barockhimmel glänzt Maite Beaumont mit einem wunderbar dunkel timbrierten Mezzo. Auch die weiteren Solisten liefern Bestleistungen ab. Einzig und allein der Tenor Zachary Stains fällt unangenehm durch ein unnötiges Forcieren v.a. in den Läufen und Koloraturen auf.
Leider finden diese sängerischen Leistungen im Dirigat nicht die notwendige Entsprechung. Hier deklamiert Alan Curtis einen über weite Strecken akademisch wirkenden Händel, dem die notwendige federnde Leichtigkeit und der dramatische Impetus fehlen. So lodert das Feuer, das die Solisten entfachen, mangels orchestraler Unterstützung nicht nachhaltig auf. Erst im dritten Akt findet insofern eine leichte Annäherung statt. Hinzu kommt die trockene, kleinräumige Akustik der Aufnahme, die das große Bühnenwerk zur Kammeroper im Wohnzimmer-Format zusammenschrumpfen lässt. Kurzum: Der Händel-Liebhaber wird nicht umhin können, beide Aufnahmen zu besitzen und dennoch auf eine dritte Einspielung zu hoffen, die die Vorzüge der beiden anderen vereint.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Radamisto: Joyce DiDonato, Mezzosopran Polissena: Patrizia Ciofi, Sopran Zenobia: Maite Beaumont, Mezzosopran Fraarte: Dominique Labelle, Sopran Tigrane: Laura Cherici, Sopran Tiridate: Zachary Stains, Tenor Farasmane: Carlo Lepore, Bass
Il Complesso Barocco
Ltg. Alan Curtis
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