Gail, S. (De Villoutreys, M. – Izambert, C.)

Romances d’Empire – Sophie Gail (1775-1819)


Info
Musikrichtung: Romantik Lied

VÖ: 07.10.2022

(CVS / Note 1 / CD / DDD / 2021 / Best. Nr. CVS077)

Gesamtspielzeit: 74:14



BERÜHREND

Ein Album, das auf angenehmste Weise überrascht: Das Programm überwiegend mit Romanzen der jungverstorbenen Sophie Gail, die in den Salons des postrevolutionären französischen Empire gesungen wurden, weckt zunächst keine großen Erwartungen. Die Stücke erweisen sich allerdings, zumal in der vorliegenden Interpretation, als echte Perlen.

Gails Romanzen sind oft (früh)romantisch im Ausdruck und zugleich noch recht klassisch in ihrer Formsprache und den gewählten Mitteln. Liedhafte Eingängigkeit verbindet sich mit einer ausgesprochen feinen Ausdruckspalette voller herbstlicher Farben. Die poetischen Vorlagen kreisen zumal um die (un)glückliche Liebe, um Treue, Verlassenheit, Einsamkeit und Schwermut in allen möglichen Schattierungen. Sie beschwören mit nostalgischem Sentiment vergangene Freuden herauf, begeben sich auf eine melancholische Suche nach der verlorenen Zeit, die eine Epoche der erfüllten Liebe gewesen sein mag – oder zumindest im Licht der verklärenden Erinnerung dazu wurde. Die Schrecken der gerade überstandenen Revolution mögen derlei Sehnsüchte befördert haben.

Sophie Gail war eine geschätzte Meisterin dieser Gattung, doch das vorliegende Programm kombiniert sie mit weiteren Werken aus der Feder männlicher Kollegen, von denen W. A. Mozart der Bekannteste sein dürfte. François-Joseph Naderman, Jean-Louis Adam oder Jean-Paul-Égide Martini und andere dürften allenfalls SpezialistInnen ein Begriff sein. Das Meiste, was hier auf rund 80 Minuten kondensiert wurde, sind Weltersteinspielungen, deren Quellen von den beiden Interpretinnen aus den Bibliotheken gehoben und aufbereitet werden mussten.

Die Besetzung für Sopran und Harfe ist jedenfalls ganz idiomatisch und verbindet eine reiche Palette an klanglichen Möglichkeiten mit der erforderlichen Grazie, Fragilität und Intimität. Maïlys de Villoutreys Stimme, die ein wenig an die späte Elly Ameling erinnert, findet die richtigen Farben für die ausgewählten Stücke: sinnlich und mit einer gewissen schmerzlichen Herbheit dringt sie tief ein in die sinnigen Wort-Klang-Verbindungen. Das verleiht den artifiziellen Gebilden eine hohe Authentizität und Unmittelbarkeit - das Ideal des Klassizismus!
Nicht weniger stilsicher und geschmackvoll begleitet wird sie dabei an der historischen Pedalharfe von Clara Izambert. Sie entlockt dem Instrument ein ebenso transparentes wie substanzreiches Spektrum. Das Ergebnis überzeugt und berührt von der ersten bis zur letzten Note.



Georg Henkel



Trackliste
Sophie Gail: Je sais bien que la jeunesse; N'est-ce pas d'elle; L'Attente; Ronde du diable; Air du Chanoine de Milan, ou Le Souper impromptu; Il faut mourir; L'Heure du soir; Celui qui sut toucher mon coeur; Mon cher Frontin
Louis-Emmanuel Jadin: Colas, Colas, sois-moi fidele; La Mort de Werther
Francois-Joseph Naderman: En vain les zephirs caressants; Plaisir d'amour; Fantaisie pour la harpe sur "O pescator"
Wolfgang Amadeus Mozart: An Chloe KV 524; Abendempfindung an Laura KV 523; Oiseaux si tous les ans KV 307
Jean-Louis Adam: Charlotte sur le tombeau de Werther; Les Regrets
Francois-Adrien Boieldieu: Les Souvenirs
Nicolas-Charles Bochsa: Mon coeur soupire de Mozart
Jean-Paul-Egide Martini: Le Pleureur
Besetzung

Maïlys de Villoutreys, Sopran
Clara Izambert, Harfe


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