Angetrunkene Dickhäuter: The Whiskey Foundation und Elephant’s Foot in Jena




Info
Künstler: The Whiskey Foundation, Elephant’s Foot

Zeit: 05.10.2018

Ort: Jena, Kulturbahnhof

Fotograf: Rupert Gruber (Grafik)

Internet:
http://www.cosmic-dawn.de

Der Elefant besitzt üblicherweise vier Beine, sowohl der Afrikanische als auch der Asiatische – der Leipziger Elefant hingegen kommt mit dreien aus: Elephant’s Foot aus der Messestadt agieren in der klassischen Besetzung eines Powertrios, allerdings mit einem markanten Unterschied: Bei den archetypischen Powertrios hatte im Regelfall nur ein Mitglied neben seinem Instrument auch den Sängerposten inne, allenfalls mal zwei – hier aber singen alle drei Musiker, wenngleich die Leaddominanz klar beim Gitarristen liegt und er diese Rolle auch rechtfertigt, während der Bassist gesanglich bisweilen etwas neben der Spur liegt (der schräge Faktor kann aber auch Absicht gewesen sein), wohingegen der Drummer diesbezüglich bestens mit dem Gitarristen harmoniert. Die Satzgesänge bilden einen markanten Teil des Reizes, den der sechzigerlastige Siebziger-Rock des Trios ausübt und der nicht unmaßgeblich dafür verantwortlich ist, dass man neben Led Zeppelin auch die Beatles und diverse Blumenkinder als geistige Väter von Elephant’s Foot zu verorten können glaubt. Freilich ziehen die Leipziger durchaus ihr eigenes Ding durch und sind mit ihrem Stil in ihrer heimatlichen Szene als ungewöhnlich zu betrachten. Die Gitarren üben dabei nicht die Dominanz aus, wie man sie in den Siebzigern erlebte, sondern fügen sich noch etwas stärker in ein Gesamtbild ein, das vor allem auch dem Baß Raum zum Atmen läßt, wenngleich etwa Songs wie die Bandhymne „Elephant’s Foot“ durchaus auch mit kernigerem Riffing ausgestattet sind. Daneben aber stehen Halbballaden wie „Great White Forest“, die sich perfekt in den Set einfügen und dafür sorgen, dass dieser relativ vielfarbig wird, ohne aber auszufasern. Zudem besitzt das Trio einen Sinn für Humor, indem es etwa „Sneak Sneak“ nach dem eigentlichen Schlußakkord noch mit einem weiteren, sehr impressionistisch gefärbten Akkord ausklingen läßt, der ein wenig an „Hommage À Debussy“ ihrer längst verblichenen Stadtkollegen Nitrolyt erinnert. Das Publikum zeigt sich anfangs noch etwas scheu, aber der Füllstand der Reihen in Bühnennähe nimmt bald zu, und das Tanzbein wird bereits fleißig geschwungen. Ein klares Soundgewand unterstützt auch den nur zuhörenden Teil des Auditoriums beim Aufnehmen der Songstrukturen, und dass der seinen Titel zumindest partiell Lügen strafende Setcloser „Slow Down“ ein wenig an Rush erinnert, stellt möglicherweise auch keinen Zufall dar, während etwa „Solitude“ weder Black Sabbath noch Candlemass covert. Das Publikum gibt sich nach einer starken Vorstellung nicht mit dem Hauptset zufrieden und erntet noch das vom Drummer verfaßte „The Call“ als verdiente Zugabe.

Setlist Elephant’s Foot:
By My Side
Children Of The Earth
Sneak Sneak
Elephant’s Foot
Great White Forest
Good Time
How Long
Going Down
Solitude
Slow Down
--
The Call

The Whiskey Foundation hatten, so eine Ansage, bereits vor zwei Jahren im Rahmen eines Festivals im Kulturbahnhof gastiert, aber wenn das Jahr stimmt, kann das nicht das Magnificent Music Festival gewesen sein, denn im September 2016 war der Rezensent an dessen zweitem Abend anwesend und der damalige CrossOver-Kollege Jan-Markus Teuscher am ersten – im Review findet sich aber kein Wort über eine Combo dieses Namens und in Markus‘ Review über das am gleichen Ort einen Monat später über die Bühne gegangene Rock Station Festival Vol. 3 auch nicht. Des Rätsels Lösung: Es handelt sich um eine frühere Auflage des Rock Station Festivals, bei dem allerdings kein Berichterstatter anwesend war, und es gibt somit keine Paralleleindrücke, mit denen die Musik dieses Abends verglichen werden kann. Die jedenfalls hinterläßt gewisse Fragezeichen auf der Stirn des Rezensenten. Das liegt weniger am Stil: Das Quintett spielt eine prinzipiell durchaus reizvolle, wenn auch knochentrockene Sorte Bluesrock, dem sie nicht selten eine gehörige Portion Boogie beimischt, wie etwa gleich im zweiten Song „Smoking“, der seinen Teil dazu beiträgt, dass sich der Sicherheitsabstand des Publikums zur Bühne stetig verringert und spätestens ab „Do You Like Huggin‘“ gar nicht mehr vorhanden ist. Die Band agiert in Quintettbesetzung mit einem festen Organisten, der nach gewissen Überlagerungstendenzen vom Soundmenschen schrittweise ins richtige Licht gerückt wird, wonach ein weitgehend ausgewogenes, klares und in angenehmer Lautstärke angesiedeltes Klangbild erreicht ist, dem nur ein geringfügig lauter eingestelltes Frontmikrofon zu wünschen gewesen wäre. Der Sänger, dessen Optik einen Anwesenden spontan an Soundgardens Kim Thayil erinnert, nuschelt seine Ansagen nämlich ins Mikrofon, und bisweilen singt (!) er sie sogar – man versteht sie in beiden Fällen allerdings nur schlecht. Ansonsten überzeugt er stimmlich aber in den verschiedensten Lagen vom klassischen Crooner bis hin zur angerauhten Bluesröhre, und auch als Mundharmonikaspieler trägt er einiges zur Ausgestaltung der Songs bei, wohingegen er als gelegentlicher Zweitgitarrist eher unauffällig bleibt.
Krachende Rockpower inszenieren The Whiskey Foundation eher selten, ergehen sich eher in gediegener Weise und gönnen sich so manchen Ausflug in ellenlange Jamsessions – der Songtitel „Juice N Jam“ etwa dürfte nicht zufällig gewählt sein. Das Ergebnis überzeugt eine gewisse Strecke lang – aber nicht über die komplette Strecke des über zweistündigen Gigs. Ob es daran liegt, dass The Whiskey Foundation die Songs des neuen, dritten Albums „Blues And Bliss“ überwiegend in der zweiten Sethälfte spielen, müssen Menschen entscheiden, die im Gegensatz zum Rezensenten mit den Studiofassungen der Songs vertraut sind. Jedenfalls leert sich in der zweiten Setstunde das Areal vor der Bühne etwas, die Songs, bisher selbst in längeren Jampassagen allermindestens leidlich spannend, beginnen sich zu ziehen wie Kaugummi, und selbst das ausgesprochen attraktive dunkelhaarige weibliche Wesen, das über weite Strecken des Sets ein Stück rechts neben dem Rezensenten enthusiastisch das Tanzbein geschwungen hat, gähnt etliche Male herzhaft und verschwindet schließlich. Mit „Free My Mind“ nimmt das Quintett dann das Tempo vollends heraus, auch „Soul Man“ kann keinerlei Spannung mehr aufbauen (drei Minuten vor Setende ein Baß-/Drum-Solo anzusetzen ist nur mit viel gutem Willen nicht als überambitioniert zu bezeichnen), und die Zugabe „Man Of The Mood“ startet halbwegs kernig, um sich aber auch schnell wieder in endlosen und wenig spannend inszenierten Instrumentallandschaften zu verlieren, denen zu folgen irgendwie keinen richtigen Spaß mehr macht. Hier eine halbe Stunde Spielzeit weniger und dafür drei Tage zuvor bei Eläkeläiset eine halbe Stunde mehr hätte in beiden Fällen äußerst nutzbringende Wirkung entfaltet – so bleibt ein etwas seltsamer Eindruck zurück, und Elephant’s Foot gehen unerwarteterweise als Sieger des Abends vom Platz.

Setlist The Whiskey Foundation:
Ridin‘
Smoking
Better Days
Do You Like Huggin‘
Liars
Complaints
Cinderella
Juice N Jam
Drunken Monkeys
Water Man
Free My Mind
Soul Man
--
Man Of The Mood


Roland Ludwig



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