Debussy, C. (Faust, Melnikov, de Maistre u. a.)
Die Spätwerke
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Info |
Musikrichtung:
Impressionismus Kammermusik
VÖ: 12.10.2018
(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2017-18 / Best. Nr. HMM 902303)
Gesamtspielzeit: 54:02
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INDIVDUELLE GRENZERKUNDUNGEN
Faszinierend, wie die Violinistin Isabelle Faust die Oberfläche des Geigenparts aus Claude Debussys letzter Sonate abtastet, wie sie mit feinsten Nuancierungen in den Klang eindringt und atmosphärische Räume öffnet; an der zauberischen Wirkung hat der Pianist Alexander Melnikov wesentlichen Anteil: Wie Faust, so musiziert auch Melnikov auf einem historischen Instrument (wobei genauere Angaben dazu fehlen) und weiß durch subtile Dynamik und Artikulation einen großen Farbreichtum zu entfalten. Im Vergleich mit dieser subtilen Schattierungskunst wirkt eine Einspielung auf konventionellen Instrumenten, etwa die kürzlich erschienene qualitätvolle Erato-Einspielung mit Renaud Capucon und Bertrand Chamayou, geradezu robust und weit weniger geheimnisvoll.
Die Aufnahme der späten Kammermusikwerke mit den drei berühmten Sonaten, die der durch seine Krebserkrankung zunehmed geschwächte Debussy in seinen letzten Lebensjahren noch vollenden konnte, benötigt wegen der wechselnden Besetzungen eine ganze Reihe von Musikern. Harmonia Mundis Edition zum 100. Todesjahr des französischen Meisters schöpft da aus dem Vollen: Für die 2. Sonate traten der Harfenist Xavier de Maistre, der Viola-Spieler Antoine Tamestit und die Flötistin Magali Mosnier vor die Mikrophone und entfalten, ebenfalls auf historischen Instrumenten, ein Klangfarbenspiel von großer Delikatesse; oft ist nicht genau zu sagen, wo der Violaklang endet und der Flötenton beginnt. Auch hier gelingt es, die Musik auf die charakterische Debussy-Weise in der Schwebe zu halten und den Hörer so ein melodisch-harmonisches Labyrinth hineinzulocken, bei dem sich hinter jeder Wendung eine neue, oft exotisch anmutende Welt "en miniature" öffnet. Wirklichkeit und Traumspiel verschmelzen ebenso wie Heiterkeit und Melancholie.
Neben Melnikov sind gleich zwei weitere Pianisten beteiligten, die aber auf einem Steinway spielen: Bei der Cello-Sonate steuert Javier Perianes den Klavierpart bei, auch er ein Meister der Zwischentöne und unaufdringlichen Virtuosität. Beste Voraussetzungen für das Zusammenspiel mit Jean-Guihen Queyras. Insbesondere der pointilistische Pizzicato-Satz frappiert: eine Vorahnung von neuer Musik, dabei zugänglich wie eine Jazz-Improvisation. Tanguy de Williencourt ergänzt das Programm durch Zwischenspiele mit den letzten, meist kurzen und kontemplativ anmutenden Klavierwerken, die er mit seidenmattem Timbre und samtigen Bassresonanzen in ein gedämpftes Licht taucht - so, als tönten sie bereits aus einer anderen Welt herüber.
Am Ende des Programms kann man wieder einmal bedauern, dass Debussy seinen Plan, sechs Sonaten zu komponieren, nicht verwirklichen konnte. Die drei vollendeten freilich sind besondere Kostbarkeiten, die hier in herausragenden, individuellen Interpretationen erklingen und doch eine höhere Einheit bilden. Allen Interpreten gemein ist das Streben nach Atmosphäre, Klarheit, Subtilität, Farbigkeit. Welcher Art die Instrumente sind, die dabei Verwendung finden, ob "modern" oder "antik", spielt eigentlich keine so große Rolle, erhöht aber insgesamt den Reiz der Produktion und sorgt je nachdem für Aha-Effekte beim Hören.
Auch aufnahmetechnisch gilt: Eine weitere herausragende Produktion zum Debussy-Jahr 2018!
Georg Henkel
Trackliste |
01-03 Violinsonate g-moll
04 Berceuse heroique
05 Page d'album
06-08 Sonate F-Dur für Flöte, Viola, Harfe
09 Elegie
10-12 Cellosonate d-moll
13 Les Soirs illumines |
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Besetzung |
Isabelle Faust: Violine
Alexander Melnikov: Klavier
Xavier de Maistre: Harfe
Antoine Tamestit: Viola
Magali Mosnier: Flöte
Jean-Guihen Queyras: Cello
Javier Perianes: Klavier
Tanguy de Williencourt: Klavier
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