Manfred Mann‘s Earth Band rockt Berlins jüngste Location
Am 22. Oktober 2018 machte Manfred Mann einen Tag nach seinem 78.(!) Geburtstag in Berlin Station. Für Norbert nicht nur die Gelegenheit der Earth Band erstmalig live zu begegnen. Er konnte sich so auch die nagelneue Verti Music Hall ansehen, eine neue Location in Berlin, die bis zu 4.350 Zuschauer fasst und erst 10 Tage zuvor mit einem Konzert von Jack White eröffnet worden war. Neben Manfred Mann (Key, Voc) standen auf der Bühne Mick Rogers (Git, Voc), bis auf eine Pause von 1975-83 Stammspieler bei der Earth Band, Bassist Steve Kinch (seit 1986 dabei), Sänger Robert Hart (seit 2011) und Drummer John Lingwood (1979-86), der vor zwei Jahren nach dreißig Jahren Pause wieder eingestiegen ist. Ein Support wurde dem angejahrten Publikum, für das die Halle komplett bestuhlt war, erspart. Ach ja, der Benjamin auf der Bühne war Sänger Robert Hart, der am Tag des Erscheinens dieser MAS-Ausgabe (1. November 2018) seinen 60. Geburtstag feiern kann. Die Band ließ nicht lange auf sich warten. (Nicht ganz so) Pünktlich wie die Tagesschau betraten die fünf Herren etwa 3 Minuten nach acht die Bühne, die sie fast exakt um 21.30 Uhr erstmals wieder verließen. Eine Zugabe war in diesem Moment – „Mighty Quinn“ war noch nicht gespielt worden! – eine Selbstverständlichkeit. Und es waren auch eher Sekunden als Minuten, die vergingen bis zuerst einmal nur Robert Hart und Drummer John Lingwood wieder auf der Bühne erschienen, um eine recht eigenwillige Version von „Do Wah Diddy Diddy“ anzustimmen. Ein furios lang gezogenes „Mighty Quinn“ endete um 10 vor 10. Von den Stühlen gerissen hat das Konzert die Zuschauer nicht, bzw. erst bei „Mighty Quinn“. Das war aber definitiv nicht die Schuld der Band, sondern eher einem Publikum, das seinem Alter deutlicher entsprach, als die Herren auf der Bühne. So blieben die (erstmals bei „I came for you“) im Stehen Tanzenden Einzelerscheinungen.
Lob verdient der Mixer, der nicht von vorneherein präventiv dafür gesorgt hat, dass die Musik jeden versehentlich durch den Saal fliegenden Airbus übertönen würde. Okay, er hat zum Ende etwas mehr Gas gegeben. Aber das blieb im Rahmen. So stand über den ganzen Abend ein glasklarer Sound im Raum. Das spricht erst mal auch für die neue Location, auf die wir nun einen Blick werfen wollen. Der Innenraum ist ein hoher Mehrzweck-Würfel, der variabel gestaltbar ist – bestuhlt und unbestuhlt mit der Bühne an verschiedenen Positionen. Es gibt Emporen in zwei Etagen – die obere nur an der Rückwand der Halle. Beim Manfred Mann-Konzert war sie geschlossen. Die untere umläuft die Halle auf drei Seiten. Zusammen bilden sie den so genannten Premium-Bereich. Bei Manfred Mann musste man für den Zugang zu ihm knapp 30€ zusätzlich anlegen. Als Pressemensch hatte ich dieses Mal das Privileg eines Platzes im Premium-Bereich. Geld hätte ich dafür nicht bezahlt. Okay, die Sitze waren wirklich bequem und im Hintergrund gab es einen eleganten Lounge-Bereich. Aber will ich bei einem Konzert zusätzliches Geld dafür ausgeben, dass ich möglichst weit entfernt von der Band sitze? Dazu ein klares Nein! Die äußere Atmosphäre der Music Hall ist noch etwas ungeklärt. An vielen Stellen Sichtbeton. Aber es könnte sein, dass hier einfach noch die Verkleidungen fehlen. Die Kabel, die an vielen Stellen noch von der Decke hingen, ließen erkennen, dass die Arbeit am Haus noch nicht beendet sind.
„Mighty Quinn“ war nicht nur eines der Highlights des Abends. Mit seiner Länge stand es auch für eine Band, die – anders als manch andere – nicht vergessen hat, dass sie aus den 70ern stammt, als ausufernde Soli nicht als zu ertragendes Übel galten, sondern ein Live-Konzert überhaupt erst zu einem Live-Konzert machten, das auch die Grundlage für sinnvolle Live-Alben bot. Und so konnte Sänger Robert Hart mehrfach längere Pausen machen und für Minuten die Bühne verlassen – umso mehr, da Gitarrist Mick Rogers einige Male den Lead Gesang übernahm. „Martha’s Madman”, „Don’t kill it Carol”, „Father of Day, Father of Night”, „Davy’s on the Road again” und eben „Mighty Quinn” wurden instrumental deutlich aufgefüllt. Highlight war dabei neben „Mighty Quinn”, in das u.a. ein an James Brown angelehnter Funk-Teil eingebaut wurde, „Father of Day, Father of Night“, in dem die Band sich von ihren unterschiedlichsten Seiten, von zart bis hart zeigen konnte – und das allen Musikern ihre Momente im Spotlight bot. Wenn ich es richtig sehe, ist auf den meisten MMEB-Alben, die ich kenne, Chris Thompson am Mikro. Im Vergleich dazu hat mir der etwas kräftigere Ansatz von Robert Hart sehr gut gefallen. Das ging vom Biss her gelegentlich eher in die Richtung der post-Dio Rainbow. Held des Abends war nicht der Chef selber, obwohl Manfred Mann nicht nur in seiner Keyboardburg zauberte, sondern mehrfach für Soli mit einem tragbaren Keyboard in die erste Reihe trat. Für offene Münder sorgte mehrfach Mick Rogers. Insbesondere der wahnwitzige „Cannon Ball Rag“, bei dem der komplette Rest der Band die Bühne verlies, ragte stilistisch und virtuos aus dem Konzert heraus. Die extrem hart klingenden Saiten waren im gesamten weiteren Konzert ohne Vergleich. Lediglich „Do Wah Diddy Diddy“, bei dem Rogers, wie bereits gesagt mit Lingwood allein auf der Bühne war, zeigte Anklänge daran. Rogers startete mit wilden Akkorden und beschleunigte sein Spiel bis zu einem absolut furiosen Tempo. Irrwitzig!
Die folgende Setlist folgt ohne Garantie. Ich habe meine Notizen mit Hilfe von Setlists, die im Internet (noch nicht vom Berliner Konzert) kursieren, vervollständigt. Ziemlich sicher bin ich mir, dass die mir nicht bekannten Stücke „Captain Bobby Stout“, „Stronger than me” und „Cannon Ball Rag” richtig ergänzt sind. Zwischen „You Angel you” und „Martha’s Madman” sind wir durch’s Treppenhaus vom Fotograben in den Premium-Bereich gewechselt. Ich bin der Meinung, dass in dieser Zeit mehr passiert ist, als eine Einleitung zu „Martha’s Madman”, aber ich habe keine Setlist gefunden, die einen Titel zwischen diesen beiden Stücken ausweißt. Last not least gibt es mehrere Setlists, die einen dritten Titel zu Beginn des Zugaben-Teils kennen. Da dort in Berlin mehr passierte als ein schlichtes „Do Wah Diddy Diddy“, könnte es sein, dass hier noch etwas eingearbeitet war, dass ich nicht erkannt habe. Setlist: Captain Bobby Stout Spirits in the Night You Angel you ??? Martha’s Madman Stronger than me Don’t kill it Carol Father of Day, Father of Night Cannon Ball Rag I came for you Blinded by the Light Davy’s on the Road again Zugaben: Do Wah Diddy Diddy Mighty Quinn Norbert von Fransecky |
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