Musik an sich


Reviews
Reinhold Schmölzer & orchest-ra-conteur

Aerial Image


Info
Musikrichtung: Big Band Jazz

VÖ: 14.10.2016

(Unit Records)

Gesamtspielzeit: 73:56

Internet:

http://www.reinischmoelzer.at/
http://www.unitrecords.com/page.php?pid=1000
http://www.uk-musikpromotion.de/kontakt.html


Reinhold Schmölzer ist Jahrgang 1983, geboren wurde er in Kärnten. Der Musiker ist tätig als Komponist, Arrangeur und Schlagzeuger.
Seine Musik ist außergewöhnlich interessant und bewegt sich abseits ausgetretener Pfade. Bei seiner vorherigen Platte war mir bereits aufgefallen, dass seine Arrangements relativ exakt sind, für Manche vielleicht sogar eine Spur zu „akademisch“, denn selbst die Unordnung scheint irgendwie geordnet zu sein. Aber nichts wirkt auch hier wieder kühl, unterkühlt oder kopflastig. Diese 2012 gegründete Formation versteht es, mit den Arrangements umzugehen und eine zupackende Stimmung zu verbreiten. Und erneut ist diese neue Musik wohl nur bedingt geeignet für Puristen. Hier wird kräftig über den Tellerrand des Jazz geschaut, nicht, ohne seine Lehre und seine Elemente anzuwenden und als Gerüst zu nutzen.

Im Titelsong wird dieses „flüchtige Bild“ (Aerial Image) durch viel Improvisation dargestellt, hervorragende Soli der Bläser, die spontan aus dem Arrangement brechen und somit flüchtige Momente verbreiten, etwas, das nicht wiederholbar scheint, dabei auch mal unbegleitet ohne die Rhythm Section.
Diese Band ist hervorragend besetzt, die Kompositionen des Schlagzeugers sind erstklassig und mit den Arrangements werden die Ideen brillant umgesetzt. Was will man eigentlich mehr?
Auch moderne Elemente finden Einzug, bei „Etwas ist passiert“ erleben wir Kaleb Erdman mit seinem „Poetry Slam“, das heißt, er liest einen teils recht surreal wirkenden Text („die Begriffe gleiten mir wie Fische durch den Kopf“), und dahinter machen sich die Instrumente bereit, sie sammeln sich zum kollektiven Ausbruch, zu einem kurzen Ausbruch in den Free Jazz. Das ist eine sehr gelungene und sehr auf- und anregende Kombination, was wiederum beweist, wie offen doch gerade Jazz ist für die Aufnahme anderer Stilarten, und diese erfolgreich zu integrieren.

Bei “Conticinium“ breitet sich eine feierliche und pastorale Stimmung aus, und steht im Gegensatz zur überdrehten Lebendigkeit manch eines Stückes. So ist es durchaus angenehm, etwas Ruhe zu tanken, bevor die Platte abgeschlossen wird mit dem fast 22-minütigen „“Straight, No Time, In The Key Of Love“.
Und hier zuzuhören, ist ein Genuss, den ich gern einmal live nachvollziehen möchte. Alle guten Eigenschaften einer Bigband, verbunden mit vorbildlichen Arrangements und vielen kleinen Überraschungen innerhalb der Spieldauer und bauen laufend Spannungsbögen auf und fesseln regelrecht.

Als Fazit nur vorherigen Platte (“Miraculous Loss Of Signal“) hatte ich etwas bemerkt, das sich durch diese neue Platte nur noch erhärtet hat:
Ich sehe hier einen neuen Stern am Big-Band-Himmel, der - vielleicht noch mit einem 'kleinen Schuss Sun Ra versehen - noch kräftiger leuchten könnte. Dessen augenzwinkernde, afrikanische Ausrichtung wäre ein Zugewinn..



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Aerial Image (10:34)
2 Etwas ist passiert (8:16)
3 You And Whose Army? (10:29)
4 Continicium (9:57)
5 Straight, No Time, In The Key Of Love (21:51)
Besetzung

Reinhold Schmölzer (drums, composition)
Florian Trübsbach (soprano saxophone, clarinet, flute, piccolo, oboe)
Charlotte Greve (alto saxophone, soprano saxophone, clarinet, flute)
Uli Kempendorff (tenor saxophone, soprano saxophone, clarinet, bass clarinet)
Malte Schiller (tenor saxophone, clarinet)
Tini Thomsen (baritone saxophone, bass clarinet, contrabass, clarinet)
Raphael Meinhart (mallets)
Andreas Waelti (bass)
Bernhard Nolf (trumpets, flugelhorns [lead])
Benny Brown (trumpets, flugelhorns)
Florian Menzel (trumpets, flugelhorns)
Matthias Spillmann (trumpet, flugelhorns)
Johannes Böhmer (trumpets, flugelhorns)
Simon Harrer (trombones)
Phil Yaeger (trombones)
Lukas Wyss (trombones)
Jan Schreiner (bass trombone, tuba)
Manuel Schmiedel (piano)
Johannes Berauer (conductor)
Kaleb Erdman (poetry slam -#2)



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