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Brescianello, G. A. (Halubek)
Tisbe
EINTAGSFLIEGE ODER ENTDECKUNG?
Zehn Jahre ist es nun schon her, dass eine superbe Aufnahme (MAS-Review) mit Orchestermusik von Giuseppe Antonio Brescianello (1690-1758) die Fans der Alten Musik aufhorchen ließ. Diskographisch war es seither wieder still um den aus Bologna stammenden Komponisten, der einstmals am Württemberger Hofe zum Oberkapellmeister avanciert war. Bis man 2012 in Stuttgart ein Werk Brescianellos nicht nur zu Aufführung, sondern posthum zur (konzertanten) Uraufführung brachte. Denn zu Lebzeiten des Komponisten war dessen pastorale Oper „La Tisbe“ ebenda 1719 und 1726 zweimal kurzfristig vom Spielplan abgesetzt worden und dann in der Versenkung der Musikgeschichte verschwunden. An der Qualität der durchaus noch immer hörenswerten und nach damaligen Maßstäben innovativen Komposition dürfte es nicht gelegen haben: Brescianello positioniert sich hier (bei einer bemerkenswerten Vorliebe für Dreiertakte) mit einem vermischten, dem jungen Händel nicht unähnlichen Stil, der französische Einflüsse und die Vorbilder Scarlatti und Vivaldi nicht verleugnet. Anrührende Lamenti und virtuose Arien wechseln einander ab und zeichnen sich durch einen ähnlichen Esprit und farbige Instrumentierung aus wie Brescianellos Orchesterwerke. Allein die beiden Chöre und das Schlussduett (dem sich bemerkenswerterweise noch ein Rezitativ anfügt) bleiben ziemlich konventionell, was auch dem dramaturgisch nicht sonderlich geschickt angelegten Libretto geschuldet sein mag.
Mit dem schlank besetzten Stuttgarter Barockorchester Il Gusto Barocco musiziert der junge Dirigent Jörg Halubek das Werk tänzerisch-beschwingt und charmant. In der Titelrolle gefällt Nina Bernsteiner mit tonschönen Koloraturen und großer Stilsicherheit, wenngleich sie aufgrund eines eher leichten Ansatzes gelegentlich vom Orchester fast überdeckt zu werden droht und in einigen Arien gerne noch mehr dramatischen Nachdruck hätte an den Tag legen dürfen. Das deutlichste Bemühen um einen barockspezifischen rhetorischen Gestus zeigt Altus Flavio Ferri-Benedetti, der zudem immer wieder mit markanten, bruchlosen Registerwechseln überrascht, aber in der Höhe auch manch grellen, schneidenden Ton hören lässt. Julius Pfeifer und Matteo Bellotto arbeiten sich zwar intonationssicher, aber doch eher mechanisch durch ihre Partien, wobei vor allem Bellottos Alceste blass bleibt.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Nina Bernsteiner: Tisbe (Sopran)
Flavio Ferri-Benedetti: Licori (Altus)
Julius Pfeifer: Piramo (Tenor)
Matteo Bellotto: Alceste (Bass)
Il Gusto Barocco – Stuttgarter Barockorchester
Jörg Halubek: Ltg.
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