Beethoven, L. v. (Heras-Casado, P.)

Klavierkonzert Nr. 4, Ouvertüren


Info
Musikrichtung: Klassik Klavierkonzert

VÖ: 21.08.2020

(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD / DDD / 2019 / Best. Nr. HMM 902413)

Gesamtspielzeit: 45:39



MIT MOZARTS GEIST

Um Mozarts Geist aus Haydns Hände zu empfangen, kam der junge Beethoven einst nach Wien. Und wenn man den Beginn von Beethovens reifem 4. Klavierkonzert in der Einspielung mit Kristian Bezuidenhout und dem Freiburger Barockorchester unter Pablo Heras-Casado hört, dann weht so etwas wie der Geist eines vergangenen Rokokos durch die Musik: so leicht und luftig arpeggiert Bezuidenhout in aller aufführungspraktischen Freiheit den Eröffnungsakkord. Da denkt man hier und bei vielen anderen verspielt perlenden und tanzenden Passagen eher an Mozart als an Beethoven. Wäre da nicht der von Dirigent Pablo Heras-Casado und dem Freiburger Barockorchester sinfonisch und zupackend dargebotene Orchestersatz.
Wie zart, wie anrührend zerbrechlich steht das einsame Fortepiano im 2. Satz der fast schon brutalen Gewalt des in großen Blöcken dreinfahrenden „Unterweltorchesters“ gegenüber: Ein Tasten-Orpheus steigt hinab in die Tiefen und bezwingt, vielleicht, die Furien und andere Mächte des Abgrunds durch einen ergreifenden Gesang.
Aus diesen Gegensätzen speist sich die Spannung der vorliegenden Aufnahme, die das Retrospektive und radikal Neue in Beethovens Konzeption gleichsam unter dem Vergrößerungsglas seines vorletzten Klavierkonzerts präsentiert. Das Klavier wird "erwachsen", muss sich gegenüber dem fordernden Orchester als Solostimme mit eigener Charakteristik behaupten. Bei einem modernen Instrument ist das Gefälle geringer, die Gegenübersetzung fällt weniger ins Ohr.

Gerahmt wird das 4. Klavierkonzert von zwei Ouvertüren: die dramatisch-tragische „Coriolan“-Ouvertüre gehört zum gleichnamigen Schauspiel von Heinrich Joseph von Collin. Den Zwiespalt des römischen Rebellen Coriolan, den Beethoven durch scharfe thematische Kontraste betont, noch einmal klanglich zuzuspitzen, lassen sich das FBO und Heras-Casado nicht entgehen. Ebenso energisch musizieren sie die tänzerische Ouvertüre zu Beethovens Ballett „Die Geschöpfe des Prometheus“. Zwischen den kernigen Akzenten und Gesten freilich gibt es immer auch kammermusikalisch ausmusizierte Details zu entdecken. Das transparente Klangbild unterstützt den Ansatz der Interpreten.



Georg Henkel



Besetzung

Kristian Bezuidenhout, Fortepiano nach Graf (1824)

Freiburger Barockorchester

Pablo Heras-Casado



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