Musik an sich


Reviews
Monteverdi, C. (amarcord - Katschner, W.)

Marienvesper (Vespro della Beata Vergine 1610)


Info
Musikrichtung: Barock Geistliche Musik

VÖ: 18.09.2014

(Carus / Note 1 / CD / DDD 2014 / Best. Nr. Carus 83.394)

Gesamtspielzeit: 80:20



GLANZVOLL

Eine im wahrsten Sinne strahlende Aufnahme von Claudio Monteverdis "Marienvesper", die 1610 im Druck erschienen ist! Zusammen mit einigen Gästen haben das renommierte Vokalensemble amarcord und die Lautten Compagney dieses frühbarocke Meisterwerk unter der Leitung von Wolfgang Katschner neu eingespielt.
Montverdi hatte mit seiner Sammlung von diversen Psalmkompositionen und Solo-Konzerten seinerzeit so etwas wie eine Visitenkarte in Form eines Notendrucks vorgelegt, gedacht als repräsentative Bewerbungsmappe bei potentiellen kirchlichen oder päpstlichen Arbeitgebern. Seit ihrer Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert durch die historisch informierte Aufführungspraxis hat die sogenannte "Marienvesper" sich einen festen Platz im Repertoire erobert und ist ihrerseits zur Visitenkarte aller bedeutenden Interpreten geworden.
Seinen Erfolg verdankt das Werk nicht zuletzt der Tatsache, dass die dreizehn einzelnen Stücke ausgesprochen abwechslungsreich in Form und Besetzung sind, wobei es Monteverdi gelungen ist, alte und neue Kompositionsverfahren zu einer neuen, höheren Einheit zusammen zu fügen: Die Subtilität der Spätrenaissance verbindet sich mit Klangpracht und Ausdruckskraft des frühen Barock - und zwar mit mitunter überwältigender Wirkung. Im Ganzen ergibt sich ein rundes und in sich abgeschlossenes Werk; diese "Vesper" benötigt keine musikalischen Ergänzungen oder einen gottesdienstlichen Rahmen, um "zu funktionieren".

Und so haben auch amarcord und die Lautten Compagney das Werk eingespielt: Monteverdi pur. Was sofort frappiert, ist der vokale und instrumentale Glanz. Der verdankt sich dem vergleichsweise hohen historischen Stimmton (465hz); außerdem verzichtet das Ensemble darauf, einige besonders hoch liegende Stücke herunter zu transponieren, wie es sonst häufig gemacht wird. So erreicht die Musik im Lauda Jerusalem und dem prächtigen finalen Magnificat nachgerade stratosphärische Höhen - die aber werden vom Ensemble ohne größere Mühen bewältigt. Überhaupt fällt der in allen Belangen unangestrengte, bewegliche Zugriff der elf SängerInnen auf. Die instrumentale Führung der Stimmen verbindet sich ideal mit den alten Instrumenten, die nicht minder virtuos und schwungvoll agieren. Eindrücklich gelingen die dynamischen Wechsel durch den Einsatz von Posaunen und Zinken; so meint man bei voller Besetzung einen sehr viel größeren Chor mit entsprechendem Orchester zu hören. Insbesondere bei den kontrapunktisch und rhythmisch verwickelten Stellen erzeugen die Musiker eine Klang- und eine Ausdrucksintensität, die den Hörer wie von selbst in freudvolle himmlische Höhen katapultiert. Darüber hinaus gefallen die SängerInnen sämtlich auch bei ihrem solistischen Einsatz. Ihre klare, offene Tongebung kann sich im Raum der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem aufs Schönste entfalten und wird durch die vorzügliche Klangtechnik entsprechend natürlich und plastisch abgebildet.

Fazit: Eine ergreifende und emphatische Einspielung; Monteverdis prachtvolle Musik klingt frisch und unverbraucht und erweist erneut ihre Genialität.



Georg Henkel



Besetzung

amarcord & Gäste
Lautten Compagney

Wolfgang Katschner: Leitung


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