Musik an sich


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Rameau, J.-Ph. (Meyer)

Die Werke für Tasteninstrument


Info
Musikrichtung: Barock Cembalo/Klavier

VÖ: 05.09.2014

( Erato / Warner Classics / 2 CD / 1946-1953 / Best. Nr. 0825646257997)


Die Cembalomusik Jean-Philippe Rameaus ist den Eigenarten des Instruments auf den Korpus komponiert: Der transparente, filigrane Satz, die Virtuosität sowie die glanzvollen, an Spitzenklöppelei erinnernden Verzierungen klingen auf einem französischen Cembalo ausgezeichnet. Was an dynamischen Möglichkeiten fehlt, wird durch die Klarheit und die obertonreichen Farben mehr als wett gemacht; Rameaus rhythmische Rafinesse und mitunter gewagte Harmonik kommen dadurch optimal zur Geltung. Verglichen damit wirkt der moderne Klavierklang bei diesem Repertoire trozt größerer Flexibilität zunächst "langweiliger", was die Interpreten oft dazu verführt, sie durch pianistische Effekte und Eigenwilligkeiten "interessanter" zu machen. Doch anders als bei Johann Sebastian Bach, dessen vollgriffiger Satz von den reichen Artikulationsmöglichkeiten und Farbschattierungen des Klaviers profitiert, verliert Rameas Musik dabei eher als dass sie etwas gewinnt.

Um so spannender und erfreulicher ist es, wenn es sich dann doch einmal anders verhält und die "Umorchestrierung" gelingt. Dass dies ausgerechnet bei einer inzwischen über 60 Jahre alten Aufnahme der Fall ist, verleiht der Sache zusätliche Faszination. 1946 spielte die französische Pianistin Marcelle Meyer eine erste Auswahl von Rameau-Prezisosen für Schellackplatte ein; seinerzeit war diese Alte Musik noch unerhört neu und muss wie eine Rokoko-Vorahnung Debussys gewirkt haben. 1953 folgte dann mit der Erfindung der Langspielplatte eine Einspielung des Gesamtwerks, ergänzt durch einige Transkripitionen der Pièces en concert für Klavier solo. Digital restauriert veröffentlicht Erato/Warner diese Sammlungen nun auf einer Doppel-CD zum Rameau-Jubiläumspreis.

Meyers Aufnahmen genießen zu Recht einen legendären Status. Die Klarheit und Natürlichkeit ihres Spiels, die feinen und doch vollen Klavierfarben, der elegante und doch pointierte Anschlag und die subtile dynamische Schattierung könnten heute direkt als "historisch informiert" durchgehen - wenn es denn damals schon die historische Aufführungspraxis gegeben hätte. Die Wiederentdeckung originaler Cembali stand in der Tat kurz bevor. Barocke Meister auf dem Klavier waren jedoch eher selten und dann in meist in romantischer Übermalung zu hören. Als 1955 Glenn Goulds erste Einspielung von J. S. Bachs 'Goldberg-Variationen' herauskam, in der junge Pianist die Musik mit bis dahin nie gehörter Verve und quasi-cembalistischer Knackigkeit interpretierte, war das eine echte Sensation. Doch während Gould sich als nachschöpferischer Interpret verstand und Freiheiten herausnahm, ging Marcelle Meyer an Rameau nachgerade objektiv heran. Gestochen scharf werden hier die Verzierungen auf den Punkt gespielt. Fein und perlend geraten die Läufe, feinsinnig die Melodielinien. Die Tempi sind gelegentlich etwas langsamer als heute üblich, in der Regel aber sehr stimmig gewählt. Der Geist des Neo-Klassizismus, dem damals eine ganze Reihe Komponisten huldigten, hat Meyers Zugang gewiss geprägt. Doch dass die Phrasierung und Arikulation so stimmig geraten sind, spricht für ihre stilistischen Instinkte. Neben aller Schönheit kommt auch die besondere Melancholie von Rameaus Musik zu ihrem Recht.

Klanglich sind die Aufnahmen respektabel. Über den Einspielungen von 1946 liegt ein leichtes Rauschen, was man allerdings angesichts der großartigen Interpretationen schnell überhört. Bei den Aufnahmen von 1953 hingegen fällt zunächst der runde, warme Ton auf; lediglich die Höhen und obertonreiche Akkorde kommen etwas verzerrt aus den Boxen. Der Monoklang fällt bei der Klaviereinspielung nicht groß ins Gewicht, nur bei wenigen Stücken macht er sich durch ein etwas enges Klangbild bemerkbar.



Georg Henkel



Besetzung

Marcelle Meyer: Klavier


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