Musik an sich


Artikel
Südstaaten-Soul – Aus der Kirche in die Welt




Info
Autor: Peter Guralnick

Titel: Sweet Soul Music

Verlag: Bosworth Edition

ISBN: 978-3-86543-321-3

Preis: € 29,95

540 Seiten


Ein Buch über Soul Music, in dem Namen wie Marvin Gaye, Stevie Wonder, The Supremes, die Four Tops, Smokey Robinson, die Temptations, Diana Ross oder die Jackson 5 nicht erscheinen, in dem das komplette Motown Label mit Nichtachtung gestrafft wird, ist das überhaupt möglich?
Ja das ist es – mit dem richtigen Vorwort. Peter Guralnick macht von Anfang an (Seite 10) klar, „dass ich … mich nicht auf Motown beziehe, auf dieses musikalische Phänomen, das zwar ungefähr zur selben Zeit entstand, aber viel stärker auf ein weißes, in den Industriestädten lebendes Pop-Publikum wirkte. … Worauf ich mich beziehe, ist eine weit weniger beherrschte, vom Gospel her kommende, emotionsgeladene Musik… .“

[Wer jetzt ganz traurig ist, sei auf Horst-Peter Meyers – deutlich schmaleres – Buch Dancing in the Street – Motown, Sound der Sixties, Sonnentanz Verlag 1995, hingewiesen.]

Guralnick dagegen läst den Norden Norden sein und behauptet: „Denn Soul war bis zu einem gewissen Grad eine Geschichte aus drei Städten – Memphis, Macon und Muscle Shoals …“. Dort lagen die Ursprünge von Atlantic Records, Fame und Stax. Und dort produzierten Acts wie Sam Cooke, Ray Charles, Solomon Burke, Otis Redding, James Brown und Aretha Franklin.

Auf 500 Seiten geht Guralnick, ähnlich wie in seiner kürzlich auf Deutsch erschienenen 2-bändigen Elvis-Biographie (Rezensionen im mas-Archiv), ins Detail. Er beleuchtet den Weg emotional aufgeladener Kirchengesänge in das weltliche Umfeld. Er lässt das Problem weißer Amerikaner in der Soul-Szene akzeptiert zu werden, lebendig werden, ohne rassistische Plattitüden abzusondern.

Sweet Soul Music ist aufgrund seines Detail-Reichtums nicht immer flott weg zu lesen, wie ein Roman, liefert aber massive Hintergrundinformationen über die Entwicklung eines Musik-Genres und die ernüchternden Mechanismen der Record Industrie.
Guralnick dürfte damit erneut eine Arbeit abgeliefert haben, die für lange Zeit das Maß aller Dinge bei seinem Thema sein wird.


Norbert von Fransecky



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