Kósmos
Averno
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Erneut stellt sich ein Piano/Bass/Schlagzeug-Trio aus dem Bereich des Jazz vor. Und erneut ist es kein Trio, dass sich in klassische Rollenspiele, wie man sie aus den Fünfzigern und Sechzigern kennt, fügt, also - Bandleader und Begleiter. Bei der Band Kósmos, die sich etwa 2015 in Neapel formierte, handelt es sich um drei Individuen, die ihre Musik kollektiv vortragen, also ohne eine hierarchische Ausrichtung.
Das Debüt-Album erschien 2019 mit "Back Home", zu jener Zeit soll bereits die Originalbesetzung nicht mehr bestanden haben, doch die Drei, die dieses Album einspielten, hört man auch auf der aktuellen Platte, Averno noch immer. Der Plattentitel orientiert sich an einem See in Bacoli, in Italien. So sollen die alten Römer gedacht haben, dass dieser See der Eingang zur Unterwelt gewesen sein soll, Lago D’Averno, oder das Tor zur Hölle. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass der See einst ein aktiver Vulkan war.
Nun bin ich gespannt, inwiefern sich dieses in der Musik des Trios wiederfinden mag. Nun, heiß wie die Hölle ist es hier gewiß nicht, dazu klingt es durchweg zu angenehm, sicher aber auch nie kühl oder gar kalt, sondern eher wohltemperiert, und somit bleiben wir fein auf der Erde und genießen diese sehr europäisch geprägte Variante des Jazz, sehr breitflächig im Ausdruck, sehr fließend, oft verträumt, und auf jeden Fall ertönt dieser oben erwähnte kollektive Geist bereits beim Auftaktsong.
"The Narrow Sea" entführt mich in den Bereich klassischer Musik, jedenfalls hinsichtlich dieser besonderen melodischen Ausprägung. Anteilig meine ich gar Anklänge an Keith Emerson's damalige Band The Nice zu vernehmen, dann, wenn sich jene Formation auch verstärkt hin zur klassischen Musik bewegte. Dann wiederum ertappe ich mich dabei, öfter an Keith Jarrett zu denken und seine Musik, die er in den Siebzigern spielte,vornehmlich auf dem Label ECM Records.
Noch "klassischer" wird es dann im "Largo", und es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass man offensichtlich versucht hat, die Tradition europäischer Klassik mit der Jazz-Tradition zu verknüpfen, und - es ist auch gelungen. Und tatsächlich mag das Piano sehr präsent sein, aber nicht, ohne reichlich und genügend Spielraum für Bass und Schlagzeug zu schaffen, mit der Folge dieses sehr dichten Ensemblesounds erster Klasse!
Bassistin Capalbo erinnert mich gelegentlich an Charlie Haden und bei Drummer D'Alessandro kommen bei mir gedanklich verschiedene Schlagzeuger an die Oberfläche, Jon Christensen, Paul Motian zum Beispiel. So sehe ich es so, dass sich mit Kósmos ein weiteres europäisches Trio der Spitzenklasse vorstellt, dass ich gern in eine Reihe mit den Trios von Teemu Kekkonen, Helge Lien, dem Oddgeir Berg Trio und dem Lukas Langguth Trio stellen möchte.
Wolfgang Giese
Trackliste |
1 Roba’iyyat
2 The Narrow Sea
3 Largo
4 The Tale Of The Night And The Madman
5 Distances
6 Hymn
7 Så Rinner Tiden Bort
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Besetzung |
Stefano Falcone (piano)
Ilaria Capalbo (double bass)
Giuseppe D'Alessandro (drums)
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