De Blamont, C. – Couperin, F. – de Mondonville J.-J. C. u. a. (Thomas, V. u. a.)

Nymphes


Info
Musikrichtung: Barock / Oper

VÖ: 17.05.2023

(Encelade / Klassik Center Kassel / CD / DDD / 2022 / ECL 2203)

Gesamtspielzeit: 70:00



VERFÜHRERISCH

In der antiken Mythologie sind Nymphen schöne weibliche Zwischenwesen halbgöttlicher Art: Verkörperte Naturkräfte, die Quellen, Haine oder Berge bewohnen und für die natürlichen Abläufe Sorge tragen. Je nach Biotop werden sie z. B. als Najaden (zuständig für Bäche, Flüsse, Seen und Sümpfe), Nereiden (Meeresnymphen) oder auch Dryaden (Wald- und Baumnymphen) bezeichnet. Wie alle übermenschlichen Wesenheiten ist ihr Charakter zwar an sich wohltätig, aber auch ambivalent. Das Anziehende paart sich mit dem Unheimlichen, Sinnlichkeit mit Übersinnlichkeit, Verführung mit Gefahr.

In der barocken Oper, zumal der französischen, sind die Nymphen meist prominente Nebenfiguren, die die Aktionen der Hauptakteure begleiten, kommentieren oder die exotischen Spielorte – zumal in den sing- und tanzfreudigen Divertissements – dekorativ bereichern. Man kann sagen, dass die Sopranistin Virgine Thomas eine Spezialistin für diese Figuren ist, hat sie doch zahlreiche Nymphen in Opern von Lully, Rameau, Mondonville und anderen französischen Meistern verkörpert. Und so ergab sich das Programm dieser CD konsequent aus ihren diversen nymphischen Auftritten.

Mit einigen Freundinnen und Freunden aus der französischen Barockszene, allen voran Emmanuel Resche-Caserta, dem 1. Violinisten von Les Arts Florissants, und Béatrice Martin, Cembalistin in der selben Formation, hat Virgine Thomas jetzt kammermusikalisch aufbereitete Ausschnitte aus diversen Opern zusammengestellt. Entstanden ist eine Nymphen-Oper in einem Prolog und drei Akten, die zwar keine Handlung im eigentlichen Sinne, aber doch ein musikalisch sehr reizvolles Porträt sowohl der Sängerin wie auch dieses speziellen Repertoires zeichnet.

Die schlanke und helle, sehr bewegliche und mit großem Stilgespür geführte Stimme von Thomas ist für diese Rollen perfekt. Attraktiv sind die ausgewählten Stücke vor allem deshalb, weil hier das Melos im Vordergrund steht, das oft in Form höfischer Airs erscheint. Diese können mit einem Nymphen-Chor alternieren – auch dafür ist hier mit drei weiteren Sängerinnen gesorgt.
Die solistische Besetzung ist hier wie in dem kleinen Kammerorchester freilich tontechnisch sehr gut betreut worden – es klingt transparent, aber nicht dünn. Dafür bürgen auch die diversen SpezialistInnen, die mit dem französischen Stil zutiefst vertraut sind. So wechseln sich Gesang und Tanz sowie einige Solo-Nummern für Cembalo miteinander ab und ergeben einen zauberischen Reigen, der dem Titel – und Titelbild der Aufnahme, einem Selbstporträt der Sängerin – alle Ehre macht.

Ein verführerisches Album, das nach 70 Minuten ein wenig abrupt endet.



Georg Henkel



Trackliste
Werke von Henry Desmarest, Jean-Batiste Lully, Pascal Colasse, François Couperin, André Campra, Jean-Phlippe Rameau, François Colin de Blamont, François Francoeur, Jean-Ferry Rebel, Jean-Joseph Cassanéa de Mondonville, Jean-Marie Leclair
Besetzung

Virgine Thomas, Sopran
Béatrice Martin, Cembalo / Emmanuel Resche-Caserta, Violine u. a.


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