Iron Maiden beehren auf ihrer "The Future Past"-Tour Frankfurt




Info
Künstler: Iron Maiden

Zeit: 29.07.2023


Iron Maiden sind wieder live unterwegs. Diesmal haben sie bei der „The Future Past“-Tour selten gespielte Stücke, Songs vom damals umstrittenen Album Somewhere In Time und ihrem neuesten Streich Senjutsu im Gepäck. Und das Besondere: Sie spielen in einer Halle! Näher wird man den „Eisernen Jungfrauen“ kaum noch kommen. Also: Pflichttermin! Die Festhalle Frankfurt befindet sich mitten in der Innenstadt und bietet Platz für 15.000 Zuschauer. Sie wurde 1909 eröffnet und bietet mit der 29 Meter hohen Glaskuppel eine einmalige Atmosphäre. Vor der Halle tummeln sich Maiden-Fans in Massen. Sie feiern, trinken Bier und sind gespannt auf das Konzert ihrer Helden.

Als Vorband sind die Engländer The Raven Age mit dabei. Die Band besteht seit 2009 und hat mittlerweile drei Alben am Start. Und das Besondere: Gitarrist George Harris ist der Sohn von Maiden-Bassist Steve Harris. Die Band spielt ein solides Set und bietet eine Mischung aus modernen Metal-Klängen, keltischen Motiven und gelegentliche Verweise auf Iron Maiden, die mir vor allem bei den akustischen Parts auffallen. Das Quintett macht alles richtig und nutzt die Chance, ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Soundmäßig ist alles okay, die Musiker legen sich ordentlich ins Zeug. Die Lieder kommen beim Publikum sehr gut an. Bei mir hinterlässt die Truppe jedoch keinen bleibenden Eindruck, dafür sind die Songs zu austauschbar.

Nach einer 45-minütigen Pause dröhnt UFOs „Doctor Doctor“ aus den Boxen. Jeder weiß, dass es jetzt nicht mehr lange dauert bis der Gig losgeht. Unter ohrenbetäubendem Jubel kommt die britische Heavy-Metal-Legende auf die Bühne. Und sofort ist Action angesagt. Sänger Bruce Dickinson, Bassist Steve Harris und Gitarrist Janick Gers springen wie Jungspunde über die Bühne. Im Hintergrund wird inzwischen das Cover des Somewhere In Time-Albums eingeblendet. Das quasi Titellied fungiert als Opener und die Frankfurter – darunter auch viele Fans aus dem Ausland – singen lauthals den Refrain mit. Besser kann man ein Konzert nicht eröffnen. Der Sound ist purer Genuss für die Ohren. Einzig Dickinsons Ansagen zwischen den Songs sind für mich teilweise schwer zu verstehen.

Der Stampfer „Stranger In A Strange Land“ sorgt für Begeisterung. Auch diesen Klassiker hat man bisher selten live gehört. Zu einer reinen Nostalgie-Show kommt es jedoch keineswegs. Iron Maiden sind selbstbewusst genug, ihr neues Album entsprechend zu würdigen. Und ein Stimmungsabfall ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil: „Writing On The Wall“ wird lauthals mitgesungen und braucht sich hinter den Klassikern nicht zu verstecken. Das schnelle „Days Of Future Past“, von dem die aktuelle Tour ihren Namen hat, gefällt mir richtig gut. Hier sorgt Dickinson durch seine fabelhafte Gesangsleistung einmal mehr für Gänsehaut – der Typ ist einmalig.

Auch die komplexeren Stücke des neuen Albums sind Highlights. „The Time Machine“ haut mich komplett aus den Latschen. Was das Gitarren-Trio um Adrian Smith, Dave Murray und den agilen Janick Gers hier aus dem Hut zaubert, ist nicht von dieser Welt. Sie legen sie eine spielerische Raffinesse und Leichtigkeit an den Tag, dass einem Hören und Sehen vergeht. Dave Murray freut sich sehr über die enthusiastischen Publikumsreaktionen und genießt jede Sekunde des Konzerts. Adrian Smith ist hochkonzentriert und haut dabei Soli raus, die einen mit der Zunge schnalzen lassen. Bassist Steve Harris nimmt viel Kontakt zum Publikum auf und sorgt mit seinem präzisen und druckvollen Bassspiel für den charakteristischen Sound und die Dynamik der Stücke.

„Death Of The Celts“ mit seinem akustischen Intro ist Magie pur. Die Band nimmt sich hier so viel Zeit, wie sie eben braucht und genau so ist es optimal. Die dazugehörige Ansage von Dickinson sorgt bei mir für einen Kloß im Hals. Er versteht nicht, warum die Menschen immer noch Kriege führen müssen. Jemand, der im Jugoslawien-Krieg in Sarajevo entgegen aller Schwierigkeiten ein Live-Konzert absolviert hat, weiß genau wovon er spricht. Auf der Leinwand im Hintergrund laufen dazu animierte Szenen ab. Manchmal passt das sehr gut, hin und wieder ist es mir ein bisschen zu viel.

Klar sind die alten Stücke stimmungstechnisch um Längen besser. „The Prisoner“ wird entfesselt mitgegrölt. „Can I Play With Madness“ sorgt für Bewegung bis in den letzten Winkel der Halle und bei „Heaven Can Wait“ drehen alle am Rad. Die neuen Stücke brauchen etwas länger, bis sie zünden und haben weniger Mitsingparts. Trotzdem ist es gerade die Mischung, die mir heute sehr gut gefällt. Hinter seinem Mega-Schlagzeug sitzt Drum-Legende Nicko McBrain und lächelt diebisch in die Menge. Man kann ihn nur über seine Kamera sehen, da das riesige Schlagzeug ihn völlig verdeckt.

„Alexander The Great“ ist von den Klassikern das einzige Stück, das vor dieser Tour noch niemals live gespielt wurde. Das ist schon etwas ganz Besonderes, wie der Titel an sich. Es ist typisch für Iron Maiden, dass sie sich für geschichtliche Themen interessieren und dies dann musikalisch umsetzen. Für mich heute ganz klar das Schmankerl des Abends. Außer den Hintergrundeinspielungen auf den Leinwänden wird auf Showeffekte wie bei der „The Legacy Of The Beast“-Tour fast komplett verzichtet. Natürlich lässt es Dickinson sich nicht nehmen, einen Säbelkampf mit Maskottchen Eddie auszufechten. Das anschließende „Fear Of The Dark“ gehört mittlerweile zu jeder Iron-Maiden-Show. Das Publikum reagiert regelrecht entfesselt und die Band lässt sich von dieser Euphorie anstecken. „Iron Maiden“ sorgt mit einer weiteren Eddie-Einlage für das Ende des regulären Teils.

„Hell On Earth“ mit seiner dystopischen Ausrichtung zeigt die nachdenkliche Seite der Band. Für grinsende Gesichter sind die beiden Gassenhauer „The Trooper“ (diesmal ohne Fahne) und „Wasted Years“ zuständig. Hier werden die letzten Reserven aus dem Publikum gelockt, das in wahrer Hingabe mitsingt und ihre Lieblinge auf der Bühne anfeuert. Danach ist Schluss und die Band verabschiedet sich von ihren Fans. Nicko McBrain wirft Drumsticks ins Publikum und bleibt am längsten auf der Bühne, er scheint den Applaus förmlich aufzusaugen. Erst nach dem Konzert wird bekannt, dass der wackere Brite zu Beginn des Jahres einen Schlaganfall erlitten hatte und danach halbseitig gelähmt war. Nur durch eine Ergotherapie und viel persönlichem Einsatz kam er wieder zu seiner aktuellen Form. Respekt!

Iron Maiden sind scheinbar alterslos und sorgen nach wie vor für volle Hallen, frenetische Fans, magische Konzerte und ausverkaufte Tourneen. So lange sie das in dieser heute gezeigten Form machen, können sie das gerne noch viele Jahre so durchziehen!


Setlist Iron Maiden:
Caught Somewhere in Time
Stranger in a Strange Land
The Writing on the Wall
Days of Future Past
The Time Machine
The Prisoner
Death of the Celts
Can I Play With Madness
Heaven Can Wait
Alexander the Great
Fear of the Dark
Iron Maiden
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Hell on Earth
The Trooper
Wasted Years


Stefan Graßl



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