Lips turn Blue
Lips turn Blue
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Ich stöbere ja gerne in Sonderangebotskisten und schaue mir dann auch immer mal wieder die eine oder andere unbekannte Truppe an, weil das Cover mich anmacht. Um Lips turn Blue hätte ich in diesem Fall einen weiten Bogen gemacht. Denn was kann hinter dieser blau geschminkten Kunstpuppe schon stecken – ein seelenloser spätsiebziger Disco-Act oder eine völlig künstlich klingende 80er Synthietruppe??
Glücklicherweise kannte ich das Cover nicht. Wobei die Spur mit dem Dezenienwechsel 70/80 gar nicht so verkehrt ist. Eine bessere Ahnung, wohin der Zug fährt (oder woher er kommt) gibt der Name des Gastsängers auf dem letzten Track. Wobei ich beim Hören der CD weniger an Foreigner denken musste, die zumindest bei den von mir vor allem geschätzten frühen Alben ein deutliches Stück härter zu Werke gingen als die fröstelnden Lippen. Stattdessen gingen mir wiederholt REO Speedwagon durch den Kopf. In diesem Umfeld – Man kann vielleicht noch Bryan Adams und Rick Springfield dazu tun. – dürften sich die New Yorker wohl fühlen.
Im besagten Zeitraum hätten mindestens vier Stücke von dem Album ein Riesenpotenzial als Single-Hits gehabt – und da die anderen drei zum Teil noch stärker sind, ist nichts Ehrenrühriges dabei, dass einer dieser vier Songs das Beatles-Cover „Hey Bulldog“ ist.
Zwei der anderen stehen gleich am Anfang der CD. „Just push“ ist zwar etwas sehr simpel gestrickt, hat aber Kraft und der Refrain bleibt schnell im Ohr. Er erinnert ein Stück weit sogar an das Debüt von Cinderella, auch wenn die natürlich wesentlich metallsicher zu Werke gingen.
Es folgt eins der beiden Highlights des Albums. Der starke Power Rock „Build my Castle“ verfügt ebenfalls über einen Ohrwurm-Refrain und wird von Eric Bieber mit schönen Synthies versehen, die zieren ohne zu zerstören.
Bevor man zum absoluten Spitzensong gelangt, darf man sich noch von der schönen unkitschigen Ballade „Pray for tomorrow“ und dem derben Rocker „Sit up“ verwöhnen lassen. Und dann kommt „Better than I used to be”, der sich wirklich mit dem meisten Klassikern von REO Speedwagon auf Augenhöhe befindet. Das Stück müsste eigentlich auf Dutzenden von Radiosendern in der heavy rotation laufen. Is halt nur zu spät geboren.
Was dann noch kommt, ist im Wesentlichen Beiblatt, bei dem sich Rocker und Balladen die Waage halten. Die blasse Ballade „Crazy in Love“ ist trotz des Gast-Saxophons das Low Light auf Lips turn Blue.
Am überzeugendsten ist dann noch der groovende Rocker „Chain on me“ mit seinem schönen Gitarren-Solo und die Rock-Hymne „Blood Moon“.
Eine echte Entdeckung!
Ob mit Zukunft wird sich zeigen. Denn Phil Naro, der Sänger und Hauptsongwriter, dem das Album gewidmet wurde, ist kurz nach Fertigstellung einem Krebsleiden erlegen.
Norbert von Fransecky
Trackliste |
1 | Just push | 3:20 |
2 | Build my Castle | 4:10 |
3 | Pray for Tomorrow | 4:38 |
4 | Sit up | 3:53 |
5 | Better than I used to be | 3:33 |
6 | Miles | 3:10 |
7 | Chain on me | 4:04 |
8 | Crazy in Love | 3:20 |
9 | Blood Moon | 3:07 |
10 | No Need for you to call | 4:20 |
11 | Hey Bulldog | 2:52 |
12 | Life's crazy Ride | 3:54 |
13 | A little Outside | 3:40 |
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Besetzung |
Phil Naro (Lead Voc, Git, Back Voc)
Don Mancuso (Git, Mandoline, Back Voc)
Mike Mullane (B, Back Voc)
Eric Bieber (Keys, Back Voc)
Roy Stein (Dr <6,12>)
Gäste:
Lou Gramm (Lead Voc <13>)
Mark Schulman (Dr <1,4,5,7,9,10>)
Joe Lana (Dr <2,11,13>)
Roger Banks (Dr <3>)
Jimmy Richmond (Sax <8>)
Steve Major (Ad. Git, Perc)
Marlee Mullane (Violine)
James Naro (Ad. Back Voc)
Michelle Chalmers (Ad. Back Voc)
Jim Crean (Ad. Back Voc)
Jeff Cosco (Ad. Back Voc)
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