25 Years after - Mein Leben mit der CD; Folge 114: Galactic Cowboys - Space in your Face





Dass ich dabei war in meine persönliche Zukunft zu schauen, damit war im September 1995 nicht zu rechnen. Für mich war es eher eine unerwartete Reise in die Vergangenheit. Der September war der letzte Teil der „Lernzeit“ meines Vikariates - und der spielte sich in der Schule ab. Ab Oktober war das zweite Theologische Examen angesagt – Examensarbeit, Examenspredigt und Vorbereitung auf die mündlichen Prüfungen.

Diese letzten Wochen waren eher eine Fußnote in der Ausbildung. Wer das 2. Theologische Examen bestanden hat, ist nicht nur für das Amt eines Pfarrers qualifiziert. Er hat auch die Befähigung, oder zumindest die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen. Das musste sich in der Ausbildung natürlich zumindest in Spurenelementen abbilden. Und so fand ich mich Ende August und September 1995 in der Schule wieder. Da ich mein Vikariat im recht weit entfernten Pankow absolviert hatte, hatte ich dieses Mal auf einen „heimatnahen“ Einsatzort bestanden. Ich wurde dem sehr engagierten Religionslehrer Gerhard Gunkel zugeteilt, der zwei Schulen versorgte – das Goethe-Gymnasium in Lichterfelde und die Bröndby-Gesamtschule in Lankwitz.

Meine eigene Schulzeit lag 13 Jahre zurück. Mit Schule hatte ich mich in der Zwischenzeit kaum beschäftigt. Also hatte ich mich literarisch fit gemacht – und Hartmut von Hentigs Die Schule neu denken gelesen. Das hatte nicht mehr viel mit der Lehrer-zentrierten Schule mit Frontal-Unterricht zu tun, in der ich groß geworden war. Ich kam ziemlich ins Schwitzen, ob ich dem ganzen interaktiven Programm dieser neuen Schule gerecht werden könne.

Meine erste Woche in der Schule beruhigte mich doch sehr – vor allem die ersten beiden Tage, während derer ich eine Klasse des Goethe-Gymnasiums durch alle ihre Unterrichtsstunden begleitete. Ich erlebte eine Schule, die sich in NICHTS von der Schule unterschied, die ich 13 Jahre zuvor verlassen hatte. 45 Minuten Frontalunterricht waren die Regel – und obwohl das berliner Gymnasium mehrere hundert Kilometer östlich meines alten Gymnasiums liegt, hätte ich die Armaturen im Chemie-Raum blind bedienen können. Sie waren sogar exakt an denselben Stellen abgebrochen, wie „damals“.

Dass diese Begegnung mit Schule ein Blick in meine Zukunft war, wusste ich damals noch nicht. Und auch die CD, die ich für diesen Monat ausgewählt habe, bewegt sich zwischen Zukunft und Vergangenheit. Die Jagd nach Bands mit (vermeintlich) christlichen Hintergrund lag zwar nicht nur in Vergangenheit, hatte in dieser aber bereits deutliche Spuren hinterlassen. Und der Erwerb der Galactic Cowboys-CD Space in your Face in der Potsdamer Filiale von City Music, die damals noch (von heute aus gesehen) oder schon (von der noch nicht so lange zurück liegenden Wende aus gesehen) existierte, war bereits ein Blick in eine gar nicht einmal mehr ferne Zukunft. Denn in diesem Laden sollte ich in den kommenden Monaten und Jahren noch die eine oder andere CD erwerben.


Norbert von Fransecky



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