Böser als jemals zuvor: George Thorogood & The Destroyers
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George Thorogood & The Destroyers sind auch in diesem Jahr wieder am Start, um einige Konzerte in ausgewählten Veranstaltungsorten in Deutschland zu spielen. Ohne aktuelles Album, dafür mit einem Tourmotto: „Badder Than Ever!“ Na, da kann ja nix mehr schiefgehen! Der alterwührdige Circus Krone ist schon sehr hoch frequentiert, als wir dort ankommen. Das Publikum heute ist bunt gemischt. Altrocker, Rockabillys und vergleichsweise junge Fans schauen sich den legendären Blues-Musiker und seine eingeschworene Band an. Thorogood hat ein paar interessante Fan-Artikel dabei. T-Shirts mit tollen Motiven zu humanen Preisen und für Autogrammsammler handsignierte Hochglanz-Fotos mit sich und seiner Band für sage und schreibe fünf Euro!
Als Vorband gastiert an diesem Abend ein gewisser Eamonn McCormack. Er wirbt damit, dass er eine CD mit keinem geringeren als Rory Gallagher aufgenommen hat. Man darf also gespannt sein. Um 20 Uhr betritt er zusammen mit einem Bassisten und einem Schlagzeuger die Bühne. Es geht los und bereits vom Start weg ist der Sound nix. Der Bass ist viel zu laut, Gitarre und Gesang zu leise. Das was man vom Gesang hört, überzeugt leider überhaupt nicht. McCormack singt schlampig und ungenau, rennt oft viel zu früh vom Mikro weg. Gezeigt wird eine Mischung aus Blues-Klassikern und Hardrock, die teilweise in Richtung Rory Gallagher geht. Emotionslos, planlos und gar nicht überzeugend. Einigen gefällts jedoch trotzdem, er bekommt nach jedem Lied gemäßigten Beifall. Der Tiefpunkt wird mit dem letzten Song „Shadow Play“, einer Rory-Gallagher-Nummer, erreicht. Diesen Track verhunzt er total, mir biegt es die Zehennägel nach oben. So schafft er sich keine Fans! Ich bin froh als es vorbei ist und wieder Stille im Rund des Circus einkehrt.
Ich hoffe inständig, dass sich dieses Soundfiasko bei der Hauptband nicht wiederholt. Diese Angst ist jedoch völlig unbegründet. Um 21 Uhr ertönt Barry McGuires „Eve Of Destruction“, dann „The Good, The Bad And The Ugly“ und anschließend erscheinen „Mr. Lonesome George Thorogood“ und seine legendären Destroyers auf der Bühne! Los geht‘s mit dem fulminanten “Rock Party”, das schon auf der vergangenen Tour als Opener gedient hat. Der Sound passt hervorragend, alles ist super eingestellt. George Thorogood ist von Beginn an hochmotiviert und bei bester Laune. Er tobt und fegt über die Bühne, dass es eine wahre Freude ist. Sein Gesang ist astrein, rau und kraftvoll wie zu seinen besten Zeiten. Manchmal steht er sehr weit vom Mikro weg und es klingt trotzdem sehr fett!
Seine „Zerstörer“ sind eine eingeschworene Truppe, die schon seit ewigen Zeiten in dieser Besetzung zusammenspielen. „Neuzugang“ Jim Suhler sorgt mit seiner brachialen Gibson Les Paul für einen druckvollen Gitarrensound. Er stopft die Löcher, die entstehen können, wenn nur eine Gitarre dabei ist. An Lässigkeit kaum zu überbieten steht er am rechten Bühnenrand und haut zielsicher Riffs und Soli raus, als wäre es das selbstverständlichste von der Welt. Jeff Simon am Schlagzeug und Bill Blough am Bass sind die Veteranen der Band. Sie begleiten Thorogood seit Urzeiten und sind die zuverlässige Rhythmusmaschine im Gefüge der Destroyers. Große Posen oder Mätzchen gibt es hier nicht. Die beiden spielen schnörkellosen Rock’n‘Roll und erzeugen dabei einen Groove, der seinesgleichen sucht. Der unauffällige Buddy Leach spielt bei vielen Songs phantastische Saxofon-Solos und sorgt so für Abwechslung.Für Faxen, Ansagen, Sprüche und Action auf der Bühne ist hier nur einer verantwortlich: George Thorogood! Und die bringt er heute Abend über Gebühr. Seine Grimassen und sein Gesang sind unnachahmlich, seine Ansagen voller Humor und Ironie. Man merkt dass es für ihn kein Problem ist, auf der einen Seite den harten Macho raushängen zu lassen und auf der anderen Seite über sich selber lachen zu können.
Die Stimmung im Circus ist gigantisch. Thorogood stachelt das Publikum während der Songs und dazwischen immer wieder zum Mitmachen an. Er versprüht sehr viel Ausstrahlung auf der Bühne und ist schlicht und ergreifend ein Original, ein lässiger Hund. Einmal kämmt er sich ausgiebig die Haare und grinst dabei, vor dem Groove-Monster „Who Do You Love“ wirft er unter tosendem Beifall seine Sonnenbrille hinter die Bühne, nach „Move It On Over“ erhebt er ein volles Schnapsglas, prostet dem Publikum zu, kippt es in einem Zug weg und wirft das Glas auf die Bühne. Auch hier: tosender Beifall und George zeigt wieder sein breites Blendax-Grinsen. Wenn man sich dann noch in die witzigen, ironischen Texte des Sängers einliest, ist das Konzert umso lustiger. „Get A Haircut“ gerät zum Triumphzug, der Circus feiert und die „Rock Party“ nimmt ihren Lauf. Der von Johnny Cash oft gespielte „Cocaine Blues“ wird zu Thorogoods eigenem Hit. Er spielt ihn so überzeugend, dass man meinen könnte, er wäre der Knastbruder im Lied.
Nicht zu kurz kommen darf natürlich George Thorogoods Gitarrenspiel. Er spielt mit einem Daumen-Plektrum und erzeugt dabei auf seinen berüchtigten Gibson ES-125-Modellen einen richtig brachialen, durchdringenden Sound. Am besten kommt dies zur Geltung, wenn er noch das Bottleneck einsetzt. Dabei post er wie ein Weltmeister und bezieht dabei hin und wieder auch seine Band mit ein. Das Thema „Alkohol“ darf bei ihm natürlich auch nicht fehlen. Die John-Lee-Hooker-Nummer „One Bourbon, One Scotch, One Beer“ ist sein Markenzeichen, das er ausgiebig zelebriert und das vom Publikum bejubelt wird. „I Drink Alone“ ist ebenfalls ausgezeichnet. Leider spielt er an dem Abend „If You Don’t Start Drinking, I’m Gonna Leave“ wieder nicht. Sein wohl bekanntester Hit “Bad To The Bone” wird relativ früh ausgepackt. Hier läuft er zur Hochform auf und bietet eine tolle Gesangsleistung. Ohne Zugaben kann es an diesem Abend natürlich nicht gehen. So spielt er noch „Tail Dragger“ und den Elmore-James-Song „Madison Blues“, der bereits auf seinem Debut-Album erschienen ist.
George und seine Band sind sichtlich angetan von den überwältigenden Reaktionen des Münchener Publikums. Er grinst bis über beide Backen und sogar seine Bandmitglieder können sich ein Lachen nicht verkneifen. George kommt sogar noch einmal kurz zurück, als das Licht schon an ist und lässt sich noch einmal feiern. Ein paar Pfiffe gibt es, da das Konzert schon nach 90 Minuten Schluss ist. Kann man machen, aber: Er ist auch schon 65 Jahre alt und hat eineinhalb Stunden wirklich alles gegeben. Was will man mehr? Für mich war es ein tolles Erlebnis, „Lonesome George“ ein zweites Mal nach 2013 live zu sehen. Der Typ ist eine Rampensau und ein Entertainer alter Schule, seine Show absolut altbacken, altmodisch und von daher unbedingt sehenswert. Wer ihn noch nicht gesehen hat und wem die Musik gefällt: Unbedingt hingehen!
ungefähre Setliste:
1. Rock Party
2. Who Do You Love
3. I Drink Alone
4. The Fixer
5. One Bourbon, One Scotch, One Beer
6. Get A Haircut
7. Cocaine Blues
8. Night Time
9. Bad To The Bone
10. Move It On Over
11. Tail Dragger
12. Madison Blues
Stefan Graßl
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