ANATHEMA - Kein Natural Disaster
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Obwohl Anathema ihr letztes Album A Natural Disaster schon vor geschlagenen fünf Jahren veröffentlichten blieb die Band der Brüder Cavanagh die ganze Zeit über präsent. Ob nun zusammen mit ihren neuen Labelmates Porcupine Tree auf Tour oder auf Veröffentlichungen ihrer Blutsverwandten von Antimatter, von Leerlauf konnte keine Rede sein. Nun, als quasi Vorspiel zum in Bälde erscheinenden nächsten regulären Album, das auf den Arbeitstitel Horizons hört, wurden für Hindsight alte und ältere Anathema-Songs umarrangiert und neu eingespielt. Und zugegeben hat man die ehemaligen Vorzeigemetaller noch nie so melancholisch, balladesk, ergreifend und emotionsgeladen erlebt wie in den neuen Versionen von Songs wie "Fragile Dreams", "One Last Goodbye" oder "Angelica". Was sicher seine Gründe hat, die wir an dieser Stelle mit Anathema-Gitarrist und Hauptsongschreiber Danny Cavanagh eruieren.
MAS:
Warum bringt ihr nach langen Jahren des Wartens nun erst einmal eine Platte mit Neuinterpretationen alter und älterer Songs heraus?
Danny Cavanagh:
Well, wir trugen die Idee für dieses Akustikalbum eigentlich schon ein paar Jahre mit uns herum. Es war nur eine Frage der Zeit, wann wir die Sache endlich realisieren konnten. Wir wussten eigentlich schon von Anfang an, dass es einfach nur gut klingen musste, wenn wir unsere Songs auf diese Weise umarrangieren und neu aufnehmen würden. Und es war auch wirklich angenehm, mit dieser Voraussetzung ins Studio zu gehen und letztendlich ohne fremde Hilfe, sozusagen auf uns allein gestellt, die Sachen einspielen konnten. Dieses Album einzuspielen gab uns die notwendige Erfahrung die wie benötigten, um gleich im Anschluss das nächste Album auf dieselbe Art und Weise aufzunehmen. Auch reichte das Geld, welches wir für die Aufnahmen für Hindsight einplanten, gleich für das nachfolgende Album, so dass es Sinn machte, dieses auch gleich in Angriff zu nehmen. Ich denke aber, dass Hindsight durchaus für sich steht und es auch ein sehr gutes Stück guter Arbeit ist.
MAS:
Können wir vielleicht aus diesem Grund Hindsight als ein Zeugnis der neuen Anathema beschreiben?
Danny:
Nein, das wäre zu einfach und ein wenig zu journalistisch ausgelegt. Aber man könnte sagen, dass Hindsight der Beginn eines Prozesses ist, in dessen Verlauf wir auch das nächste offizielle Album einspielten. Beide Platten wirken dann auch wie Teil eins und zwei einer zusammenhängenden Aufnahmesession. Diese dauerte zwar etwas länger, als wir erwarteten, aber die Resultate sind wahrlich hervorragend und können sich hören lassen.
MAS:
Reflektieren Hindsight und das bald kommende neue reguläre Album vielleicht eure zukünftigen musikalische Ausrichtung?
Danny:
Ich denke schon. Da beide Platten auch dieselben Zustände ausdrücken. Und diese sind, würde ich sagen, multidimensional, ausgedehnt und voller Farben, wie in einem Regenbogen, in welchem pures Licht in allen Spektralfarben reflektiert wird. Wir haben meiner Meinung nach ein vielschichtiges, kraftvolles Album gemacht – abwechslungsreich, emotionsgeladen, hell strahlend, aber auch düster. Und die Musik ist leidenschaftlich, ehrlich und tief emotional.
MAS:
Nach welchen Kriterien erfolgte die Titelauswahl auf „Hindsight“?
Danny:
Die Auswahl war eigentlich überaus leicht und dauerte nur ein paar Minuten. Die Songzusammenstellung basiert auf der Trackliste meiner Akustikkonzerte, die ich die Jahre über spielte. Die Zusammenarbeit mit Freunden wie Anneke van Giersbergen, Antimatter und Leafblade, aber auch der Nick Drake-Tribute, den ich aufnahm, verschafften mit eine Menge Erfahrungen hinsichtlich akustischer Formate und Hindsight basiert letztendlich auch darauf.
MAS:
Mit „Unchained“ ist hier auch ein neuer Song enthalten. Ist das vielleicht schon ein Ausblick auf euer nächstes Album?
Danny:
Nein, "Unchained" ist so nur der Schlusstrack von Hindsight, Er passt überaus gut auf dieses Platte und besitzt hat eine wunderschöne Atmosphäre. Ein ungewöhnlicher Song, der sich durchaus ein wenig von unserem anderen Material unterscheidet. So macht er sich eben gerade an dieser Stelle überaus gut.
MAS:
Und Horizons, euer doch hoffentlich in Bälde erscheinendes nächstes reguläres Album wird dann...?
Danny:
...passionate. Intense. Forward looking. Spiritual. Light. Dark. Timeless. Deeply emotional. Uplifting. Brave. Optimistic. Full of love. Unified. Colourful... and honest.
MAS:
Was passierte mit der Band die langen Jahre nach Natural Disaster?
Danny:
Ich denke, wir alle haben diesbezüglich unterschiedliche Geschichten zu erzählen. Kinder wurden geboren. Es entstanden neue Beziehungen. Andere wiederum zerbrachen. Es gab viel zu lachen und viele, viele Shows. Die Zahl unserer Fans nahm stetig zu. Es gab unglaubliche Reaktionen zu unseren Konzerten. Unserer Bindung zueinander wurde stärker. Und unsere songwriterischen Fähigkeiten wurden ausgeprägter. Wichtige Connections wurden gemacht und ausgebaut und viel Liebe verteilt. Und wir hielten unser grenzenloses Vertrauen in unsere Musik aufrecht.
MAS:
Mit all seinen akustischen Instrumenten und den Streichern scheint auf Hindsight eine Antimatter-isierung von Anathema stattzufinden, Nein, im Ernst, hat das Projekt von Duncan Patterson vielleicht doch einen geringfügigen Einfluss auf den gegenwärtigen Sound von Anathema?
Danny:
Jeder, der zum inneren Kreis der Band gehört, besitzt schon irgendwie einen Einfluss auf das Geschehen. So auch Duncan Wie auch immer, er war hierbei aber nur für ein paar Tage im Studio und wir immerhin für ganze drei Monate, so dass es schwer ist zu sagen, ob er das Album direkt beeinflusst hat. Auch haben wir nichts von seinem Material aufgenommen. Aber egal, da wir uns alle irgendwie gegenseitig beeinflusst haben könntest du an dieser Stelle schon Recht behalten.
MAS:
Worin lag hier speziell im Aufnahmeprozess der Unterschied zu euren älteren Platten?
Danny:
Erst einmal war das komplette Material schon geschrieben, so dass der Studiodruck dieses Mal nicht vorhanden war. Auch war es für uns das erste Mal (im Gegensatz zu unserem Internet-Release), dass wir ohne Engineer und Produzenten arbeiteten, was für uns auch komplettes Neuland war. Aber, es funktionierte.
MAS:
Was passierte eigentlich mit dem Heavy Metal und speziell mit Anathema in den letzten zehn Jahren?
Danny:
Hinsichtlich des Metal kann ich die Frage nicht beantworten. Die gesamte Metal-Welt hat einfach zu viel zu bieten. Bezüglich Anathema - ich denke, du kannst es selbst nachvollziehen, wenn du unsere Platten hörst oder uns live siehst. Wir haben uns verbessert. Und das grenzenlos!
Carsten Agthe
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