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Auf dem Weg in die Zukunft – The Story of HOELDERLIN, Kapitel 10



Info
Gesprächspartner: Hans Bäär

Zeit: August 2008

Ort: Berlin - La Spezia (Italien) - Columbia, PA

Interview: E-Mail

Stil: Soft Prog

Internet:
http://www.hoelderlin.com

Eigentlich sollte dieses Interview die Hoelderlin-Story bereits im vergangenen Monat abschliessen. Hans Bäär, Bassist und Sprachrohr der Band, musste die Beantwortung unserer Fragen aufgrund der Vorbereitung einer Tour mit Gianna Nannini aber erst einmal zurückstellen. Das Ergebnis ist ein internationales Interview, da Bäär aus Italien geantwortet hat und Norbert von Fransecky die Anworten während einer Fortbildung in Pennsylvania empfangen und bearbeitet hat.
Beim ersten Interview mit Hans Bäär (MAS April 2008) hatte er sich mit Fragen nach dem Livealbum Traumstadt verabschiedet, das eine lange, recht kontinuierliche Bandphase abgeschlossen hatte. Im zweiten Teil spricht er mit Hans Bäär jetzt über die sehr „abwechlungsreiche“ zweite Hälfte der Karriere, den Bandsplit, die Reunion und die Zukunft.
Die eher einsilbigen Antworten lassen keinen Zweifel daran, dass Bäär sich an die Zeit zwischen Live-LP und Bandsplit nicht sonderlich gerne erinnert.


MAS: Warum kam es nach der Live-LP fast zum völligen Auseinanderfallen der Band? Es ist ja nicht nur der neue Gitarrist Weeber gegangen.

Hans Bäär: Es gab persönliche und musikalische Differenzen und teilweise auch unterschiedliche Lebensplanungen.

MAS: Wo kamen die neuen Musiker her?

Hans Bäär: Rüdiger Elze kannten wir aus Wuppertal. Eduard Schicke spielte vorher bei Schicke, Führs & Fröhling, einer Band, die wir bewunderten und die stilistisch verwandt mit uns war.
Thomas Lohr wurde uns von Freunden empfohlen und schließlich Bernd König, der Hoelderlin-Fan war und Christian fragte, ob er nicht Nops Part übernehmen könnte.

MAS: Wie dominant war die Rolle von Christian Grumbkow? Gab es Streit um die heute umstrittene Neuausrichtung, die Christian in dem damaligen Interview mit Rainer Schröder ja sehr vollmundig anpries?

Hans Bäär: In gewisser Weise schon, u.a. auch weil Jochen und Christian sich oft nicht einigen konnten.

MAS: Wie steht die heutige Band zu dem `New Faces´-Material? Gibt es eine Hoffnung `New Faces´-Tracks im relevanten Masse einmal wieder live zu erleben?

Hans Bäär: Das ist noch völlig offen...

Diskografie
1972: Hoelderlins Traum
1975: Hoelderlin
1976: Clowns & Clouds
1977: Rare Birds
1978: Live; Traumstadt
1979: New Faces
1981: Fata Morgana
2007: 8
MAS: Wie kam es zu dem Stilwechsel auf `Fata Morgana´? Ihr sprecht im Booklet zum Re-Release von massivem Druck von außen. Wie groß war der Anteil der Band an dieser ja nicht zu übersehenden Anpassung an den Zeitgeist?
Der stärker synthetische Sound ist ja durchaus auch im Line up abzulesen. Für den Gitarristen Rüdiger Elze kommt ein weiterer Keyboarder, Bernd König, an Bord. Hans Bäär steht jetzt auch mit an den Keyboards. Und Geiger Nopps Noppeney wird nach seinem Ausstieg nicht ersetzt hat.


Hans Bäär: Wir haben kaum noch als Band gemeinsam Songs entwickelt. Jeder hat mehr für sich gearbeitet.

MAS: Ich finde punktuell Nähen zu Grobschnitt-Alben aus der gleichen Zeit, die damit ja sehr erfolgreich waren. Seid ihr bei Eurer Annäherung an die NDW letztlich zu zögerlich gewesen?

Hans Bäär: Nein, wir haben ja lediglich ein paar Farben und Sounds adaptiert, uns aber nie als Teil dieser Bewegung gesehen - eher als Mitbegründer einer neuen deutschen Musik Anfang der Siebziger.

MAS: `Fata Morgana´ ist deutlich politischer als alle vorherigen Alben. Anfang der 80er herrschte ja nicht nur die NDW. Auch die politischen und sozialen Bewegungen (AKW, Frieden, Frauen,…) hatten – anders als in den 68er Jahren - bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein Fuß gefasst. Es gab Demonstrationen mit gigantischer Beteiligung. Habt Ihr Euch auch als ein Teil davon gesehen? Es gab in den Jahren ja Bands, die häufiger auf Demos, als auf Konzerten aufgetreten sind.

Hans Bäär: Wir sind sicherlich textlich konkreter zur Sache gegangen, aber unsere Anliegen waren von Anfang an die selben. Darin unterschieden wir uns auch nicht besonders von vielen anderen Bands.
Bestimmt haben wir uns aber nie als eine Polit- Band gesehen. Auf den großen "Betroffenheits-Zug" Anfang der 80er wollten wir nie aufspringen. Wichtig war uns mehr der persönliche Blickwinkel und die persönliche Auseinandersetzung mit den aktuellen Themen.

MAS: Kannst Du die Bonus-Tracks der Remaster-Edition kurz kommentieren. Sie erscheinen mit qualitativ besser zu sein, als der Rest des Albums. Habt Ihr bei „Fool“ bewusst in Richtung Supertramp geschielt?

Hans Bäär: Die Bonus-Tracks stammen zum Teil aus der Pre-Production, die wir in unserem eigenen Studio gemacht haben.
Es sollte ursprünglich wieder ein englisches Album werden. Ich weiß noch, daß wir seinerzeit Sachen wie z.B. Steely Dan, Supertramp, Fleetwood Mac & Stevie Wonder gehört haben und sicherlich gab es West-Coast- bzw. amerikanische Einflüsse.

MAS: Ist eigentlich noch irgendwas zur Promotion von `Fata Morgana´ gelaufen. Im Booklet der Re-Release-Ausgabe klingt es ja eher, als sei die Band letztlich schon tot gewesen, als das Album erschien.

Hans Bäär: Ja, genauso war es. Es lief gar nichts!

MAS: Eure Homepage lässt vieles über den Neustart im Dunklen. Daher einige konkrete Nachfragen:
Als Ihr 2005 in Bonn und dann für den Rockpalast wieder auf der Bühne wart, habt ihr ja wohl nur altes Material gespielt. War die Band da bereits komplett so, wie sie `8´ eingespielt hat?


Hans Bäär: Ja, wobei Markus (Wienstroer) nur als Gast mitwirkte. Stücken wie „Phasing", „Streaming" oder „Waren wir" haben wir mit etwas Programming (v. Dirk Schilling) versucht einen aktuelleren Sound zu verleihen. Übrigens haben wir auch schon „Come to me" gespielt.

MAS: Gibt es die Rockpalast-Aufnahmen irgendwo, oder ist das Konzert nur einmal ausgestrahlt worden?

Hans Bäär: Es ist nie als DVD veröffentlicht worden, obwohl uns das seinerzeit in Aussicht gestellt worden ist. Meines Wissens nach ist der Gig zwei Mal ausgestrahlt worden, einmal 30 min. und einmal 40 min.

MAS: Warum habt ihr die Überraschungsgäste Nopps und Nanny nur in Wuppertal, aber nicht (stattdessen?) auf dem Rockpalast-Gig in Bonn dabei gehabt?

Hans Bäär: In Wuppertal war es einen Art Familien-Fest und ein Special für unsere "Homebase". Mt dem TV-Konzert wollten wir das neue Line-Up in den Vordergrund stellen und einen Grundstein für die Zukunft der Band legen.

MAS: Ab wann wurde neues Material gespielt?

Hans Bäär: Ab Mai 2007

MAS: Wieviel Live-Auftritte hat es seit 2005 gegeben - nur die vier auf der Homepage erwähnten?

Hans Bäär: Zwei Shows in 2005 (Wuppertal und Bonn), eine Show in 2006 (Festival Burg Herzberg), sieben Shows in 2007 (Wuppertal, Köln, Verviers, Fulda, Bonn, Berlin , Hamburg) und bisher zwei Shows in 2008 (Halle , Wilhelmshaven).
Es folgen noch zwei dieses Jahr in Knittlingen und Lübeck. Danach werden wir uns um unser neues Album kümmern.

MAS: Habt ihr bewusst wieder eine Violine gesucht?

Hans Bäär: Ja!

MAS: War der Neustart mit einer Frau als Sängerin nicht schwierig? Das ganze alte Material ist ja mit Männerstimmen gesungen worden.

Hans Bäär: Wir haben genau so eine Stimme gesucht und gefunden!

MAS: Und zum Schluss der Blick nach vorne:
Wie sieht Euer derzeitiges Line up aus? Ist es bei der Quartett-Besetzung der Tournee 07 geblieben? Wie stabil ist das jetzige Line up?


Hans Bäär: Wir sind nach wie vor ein Quartett und haben uns schon ein gutes Stück weiterentwickelt. Vor allem sind wir jetzt als Band erst wirklich zusammengewachsen. Trotzdem haben wir schon mal darüber nachgedacht für die Konzerte im kommenden Jahr wieder einen Gitarristen mitzunehmen.

MAS: Gibt es mittlerweile ein Erscheinungsdatum für den ReRelease des Debüts?

Hans Bäär: Leider hat die EMI in diesem Punkt noch nichts erreicht.

MAS: Wieweit sind die Planungen für das kommende Album gediehen?

Hans Bäär: Wir haben schon einige sehr schöne neue Songs.

MAS: Gibt es dazu schon Konkretes zu sagen?

Hans Bäär: Wir überlegen, es in zwei Versionen zu veröffentlichen - in Deutsch und in Englisch.

MAS: Herzlichen Dank für Deine Mitarbeit. Ich freue mich drauf, Euch mal wieder live zu sehen.


Norbert von Fransecky



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