Musik an sich


Reviews
Gustav Holst

The Planets


Info
Musikrichtung: KIassik des 20. Jahrhunderts

VÖ: 28.07.2006

(EMI Classics)

Gesamtspielzeit: 84:29

Internet:

http://www.rattleoftheplanets.com


Klassik-Experten warne ich vor dieser Review. Ich höre gerne mal Klassik, bin aber alles andere als ein ausgewiesener Experte und daher nicht so drin, dass ich mich in den Kategorien einer regulären Klassik-Besprechung bewegen möchte; insbesondere fehlt mir die Möglichkeit, diese Aufnahme von früheren Aufnahmen abzugrenzen. (Was in einem Genre, das fast ausschließlich von „Cover-Versionen“ <*Smile*> lebt, natürlich üblich und wichtig ist.) Ich schreibe diese Review also so, als wäre es was Neues – für Menschen, die Die Planeten noch nie gehört haben.

Bereits als ich das Werk zum ersten Mal in der Philharmonie gehört habe – Nicht wissend, was mir da begegnen würde. – drängte sich mir eine Vermutung auf, die sich beim intensiveren Hören nur noch vertieft hat. Von Die Planeten müssen die Soundtrackschreiber diverser Monumentalfilme und Western, sowie einiger Space Operas massiv gelernt haben. Holst (1874-1934) befindet sich mit diesem Opus irgendwo in der Mitte zwischen Dvoraks „Neuer Welt“ und besagten Soundtracks.

Melodieführungen und Rhythmen beginnen modern zu werden. Instrumentierung und Auftreten der Musiker ist hingegen entschieden klassisch. Zusammen ermöglicht das, sich mit geschlossenen Augen genüsslich ins Kopfkino zu setzen.

Dramatisch betritt der “Mars“ die Bühne, ein wahrer “Bringer of War“, beim dem man sich wahlweise Indianertruppen und Blauröcke mit schwerer Artillerie am Horizont vorstellen kann, wie auch babylonische Truppen, die in einem Bibelfilm heranwalzen, um das antike Jerusalem zu stürmen. Der Friede, von der “Venus“ gebracht, ist elegisch, fast tragisch melancholisch und natürlich(?) intensiv von den Geigen begleitet. “Jupiter“ bringt uns den Western zurück; aber in diesem Fall eher die romantischen Elemente, wenn der Reiter einen Pass erklommen hat, und die Kamera mit langen Fahrten im Naturerlebnis der sich öffnenden Landschaft schwelgt. Der “Saturn“ ist das zerrissenste Stück – eine Reminiszenz an den oft postulierten zerplatzen Planten von dem die Saturnringe möglicherweise stammen sollen? Dramatisch, aufwühlend, aber ohne bindenden Melodie oder Rhythmus erschient der “Saturn“ als ein Vorgriff auf das, was nach Holst kommen soll. Der “Uranus“ hält die Dramatik aufrecht, arbeitet viel mit Pauken und Becken, wird im Finale etwas zirkusartig. Ruhig schließt der “Neptun“ das zu Holsts Zeiten bekannte planetare Universum ab. Der Anfang könnte wiederum ein Soundtrack sein – zu einem Unterwasserfilm. Dann setzen elegische Engelschöre ein, wie man sie zur Begleitung von Zelluloid zu Beginn der Tonfilmzeit geliebt hat.

Die Doppel-CD ist mit Die Planeten nicht gefüllt. Es folgen Ergänzungen diverser Komponisten, die den neu entdeckten Planten “Pluto“, weitere Himmelskörper und „galaktische Ereignisse“ an den Klassiker anhängen. Hier schlägt uns die Moderne hart ins Gesicht. Wie in anderen Kunstgenres auch ist das Konkrete verpönt, das Ausruhen in den eigenen Gefühlen als banal diskreditiert und der avantgardistische Kunstkenner gefordert.

Am genießbarsten ist da noch “Ceres“ von Mark-Anthony Turnage, aber auch in diesem Soundtrack ist die Entwicklung zu schnelleren Schnitten, heftigerem Auftrumpfen und grelleren Farben spürbar. Ein Thriller könnte es hier sein, der den Zuschauer Nerven kitzelnd fesselt, indem er ihn in tödliche Gefahr lockt, die hinter jeder Ecke lauern kann. Jede Bewegung erschreckt, peitscht die Nerven auf und lässt den Adrenalinspiegel steigen.

Die weiteren Stücke sind für mein Ohr extrem fremdartig und lösen daher eher nichts aus. Lange Parts sind so leise angesetzt, dass man mit einer durchschnittlich aufgedrehten Anlage kaum noch etwas hört und sich, wenn man etwas hört, fragt, was man da hört. Eine Assoziation kam mir dann aber doch. Die einzelnen Töne, die bie Matthias Pintschers “Towards Osiris“ aus dem Orchestergraben zirpen, könnten auch von den “several Species of small fury Animals“ stammen, die auf Pink Floyds Ummagumma ihr (Un-)wesen getrieben haben. Wahrscheinlich kein Zufall. Das Album ist immerhin zwei Jahre vor Pintschers Geburt aufgenommen worden.



Norbert von Fransecky



Trackliste
CD 1
Gustav Holst - The Planets Op.32

1 Mars, the Bringer of War (7:25)
2 Venus, the Bringer of Peace (8:59)
3 Mercury, the winged Messenger (4:02)
4 Jupiter, the Bringer of Jollity (8:02)
5 Saturn, the Bringer of old Age (9:35)
6 Uranus, the Magician (6:04)
7 Neptune, the Mystic (7:02)

Colin Matthews
8 Pluto, the Renewer (6:12)

CD 2
Kaija Saariaho
1 Asteroid 4179: Toutatis (4:36)

Matthias Pinscher
2 Towards Osiris (7:55)

Mark-Anthony Turnage
3 Ceres (6:40)

Brett Dean
4 Komarov's Fall (7:49)

Video-Interview mit Sir Simon Rattle
5 The Making of Planets & Asteroids (10:26 )
Besetzung

Berliner Philharmoniker
Sir Simon Rattle

Rundfunkchor Berlin


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