Prohaska, A. / Kopatchinskaja, P.
Maria Mater Meretrix
AUSGESTELLT
"Alles hängt eben mit allem zusammen" - so politphilosophierte einst CDU-Mann Jürgen Rüttgers und könnte damit auch den Geist dieses Konzeptalbums trefflich zusammengefasst haben. Im Geschwindschritt bewegen sich die Sopranistin Anna Prohaska und die Geigerin Patricia Kopatchinskaja durch alles, was die Musikgeschichte zum Thema Maria und - was inzwischen nicht mehr fehlen darf - Maria Magdalena hergibt. Dabei geht es besetzungstechnisch vom Kleinen zum Großen, aber eben nicht in chronologischer Reihenfolge. Bedeutet: Walther von der Vogelweide reicht George Crumb die Hände, Hildegard von Bingen Jospeh Haydn, Frank Martin György Kurtág.
Erstaunlicherweise lässt man sich dies gefallen und zwar deshalb, weil es den beiden Künstlerinnen wie in einer Wunderkammer-Ausstellung gelingt, diese höchst unterschiedlichen Werke doch in ein gemeinsames Licht, eine übergreifende Atmsophäre zu tauchen. Der Preis dafür ist allerdings, dass manches per Arranngement auch in diese Atmosphäre mit hineingezwungen werden muss. Oder man dies zumindest glaubt. Daher findet sich unter den "Exponaten" dann auch mal ein Ausreißer wie das mit (vermeintlichem) Mittelaltersound überzogene, augenrollend intonierte Adventslied "Maria durch ein Dornwald ging" oder das in ähnlicher Weise über-arrangierte Palästinalied des Walther von der Vogelweide.
Aber das ist vielleicht sogar gewollt: Man wandert mal staunend, mal verblüfft, mal missgelaunt an all diesen Preziosen vorüber und verliert sich eben schnell im angenehmen Gedankenspiel, wie die Dinge in Beziehung stehen. Zudem gibt es mit den drei Teilen von Frank Martins Maria-Triptychon, die sich über das Album verteilen, doch so etwas wie einen roten Faden, der zudem ein weithin unbekanntes, aber unbedingt hörenswertes Werk vorstellt. Hier nun wiederum mag man bedauern, dass vor lauter Konzeptfokussierung nicht bis ins Letzte an einem solchen Stück gefeilt wurde, denn im Magnificat lässt Prohaska bei aller sängerischen Intensität einiges an Textverständlichkeit vermissen.
Insgesamt aber geht der Konzeptansatz aber auf, so dass man nach gut 70 Minuten die Ausstellung verlässt und feststellt: Rüttgers hatte irgendwie recht.
Sven Kerkhoff
Trackliste |
Gustav Holst: Jesu sweet op. 35 Nr. 1
Walther von der Vogelweide: Palästinalied
George Crumb: God Music aus Black Angels
Guillaume Dufay: Ave Maris Stella
Frank Martin: Maria-Triptychon
Tomas Luis de Victoria: Ave Maria
György Kurtag: Berceuse aus Kafka-Fragmente op. 24
Antonio Lotti: Crucifixus
Lili Boulanger: Pie Jesu
Patkop: Felino
Hildegard von Bingen: O rubor sanguinis
Joseph Haydn: Sonata III "Mulier, ecce filius tuus" aus Die sieben letzten Worte unsere Erlösers am Kreuze H. XX: 1
Hanns Eisler: Kuppellied
Antonio Caldara: Arie "Per il mar del pianto mio" aus Maddalena ai piedi di Cristo
Anonymus: Maria durch ein Dornwald ging |
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Besetzung |
Anna Prohaska: Sopran
Patricia Kopatchinskaja: Violine
Camerata Bern
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