Michel Meis 4tet

Lollipop Moment


Info
Musikrichtung: Modern Jazz-Fusion

VÖ: 23.5.2023

(Jazzfuel)

Gesamtspielzeit: 39:21

Internet:

https://michelmeis.com/
https://jazzfuel.com/


Mit dem Schlagzeuger Michel Meis stelle ich einen in Luxemburg lebenden Musiker vor, der mit seinem 4tet seine aktuelle Platte Lollipop Moment vorstellt. Angesichts seines Werdegangs vermute ich natürlich in erster Linie Jazz, und auch die Besetzung mit der Posaunistin Alisa Klein läßt darauf schließen. Doch dann sind es die Angaben, dass sowohl sie als auch Meis mit "Effects" arbeiten, und auch von den übrigen Musikern Synthesizer eingesetzt werden, die darauf hinzudeuten scheinen, dass diese Musik ggf. Puristen verstören könnte.

Und so startet die Platte dann auch mit einem in Keyboardschwaden eingehüllten "Blue Hour", dass aber wohl nur als Einleitung zu betrachten ist mit der Spielzeit von 1:21 Minuten. Denn "Puff Puff Puff" mit der Einleitung durch die Posaune durchbricht das dann und weist ganz klar in Richtung Fusion, wenn sich die einzelnen Elemente aus Jazz, Elektronik und Rock zu einem neuen Ganzen vereinen, allein nach gerade mal einer Minute stoße ich auf Rhythmuswechsel und Ausprägungen verschiedener musikalischer Elemente.

Wie zu lesen ist, wollte der Bandleader mit dieser Produktion durch den Einsatz von Synthesizern und elektronischen Effekten seinen Sound entsprechend abändern und erweitern. "Bye Bye Balloon" startet dann aber mit einer Einleitung auf dem Piano und fließt dann über in eine ganz federleicht swingende Atmosphäre, ja, das besitzt ein absolut cooles Jazzfeeling, und Cédric Hanriot läßt seinem Pianospiel freien Lauf und gerät mitunter fast in einen völlig losgelösten und freien Bereich. Jedenfalls vermag er mit seinem Spiel absolut zu begeistern, die Ansätze für eine längere Jamsession werden jedoch recht abrupt unterbrochen, und ich denke, der Song hätte eine längere Spielzeit verdient und nicht diese Ausblendung. Man hätte natürlich auch geschickt überleiten können in den nächsten Song, "Silberfell", der dann erneut in Richtung Fusion steuert. Ja, das erinnert mich im Sound stark an etwas, dass ich aus den Siebzigern kenne, und zwar vom norwegischen Gitarristen Terje Rypdal, den ich irgendschon schon fast erwarte, wie er aus dem Untergrund mit seiner Gitarre so langsam an die Oberfläche schwimmt.

Auf jeden Fall lebt die Musik dieser Platet mit den zehn Songs von großer Abwechslung, so wird "Heyday" zu einer erneuten Vorstellung von Hanriot, im Trio mit Bass und Schlagzeug, ganz pur, bis dann mit einer erneuten kurzen elektronisch geprägten Überleitung "Track The Crack" ein ganz holprig dahinstolpender Song Freiheit ausstrahlt, die sich erst nach und nach zu einer Struktur formiert. Britische Jazz-Rock-Fusion der Siebziger blitzt auf, und dieser Song ist wohl einer der freiesten, bevor sich mit "The Madness" erst wieder ein wenig Struktur einstellt, mit einem rotzig-frech gespieltem Vortrag von Alisa Klein mit der Posaune.

Zwei Songs noch, "Joker" wird noch einmal zu einer Show für Alisa Klein, darunter brummeln Bass und Elektronik und schwer schleppend stellt sich ein "unbequemer" Groove ein, der aber durch Meis am Schlagzeug ständig variabel gestaltet wird durch sein vehementes Spiel, das mitunter nah vor einem Solo zu stehen scheint. Die Posaunenklänge scheinen vervielfältigt zu sein, die Keyboards und Synthies flirren durch den Raum und lassen ein gewisses "Kopfkino" entstehen, bis man dann absolut mitreissend in einen rasenden Swing hineingezogen wird durch "Euphoria", das seinem Namen alle Ehre macht, so euphorisch treibt Meis seine Band hier an, unterstützt von Goldbach am Bass und mit den beiden solistischen Gestaltern an Posaune und Piano.



Wolfgang Giese



Trackliste
1 Blue Hour (1:21)
2 Puff Puff Puff (2:37)
3 Bye Bye Balloon (3:10)
4 Silberfell (4:43)
5 Heyday (4:16)
6 Embrace (1:15)
7 Track The Crack (6:11)
8 The Madness (6:28)
9 Joker (5:01)
10 Euphoria (4:16)
Besetzung

Alisa Klein (trombone, effects)
Cédric Hanriot (piano, Rhodes, synthesizer)
Stephan Goldbach (double bass, synthesizer)
Michel Meis (drums, effects)



 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>