Musik an sich


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Steel Prophet: Ich habe 2.800 Stunden Arbeit in das Album gesteckt!




Info
Gesprächspartner: Steel Prophet

Zeit: 10.07.2014

Stil: Power Metal

Internet:
https://www.facebook.com/SteelProphet

Zehn Jahre. So lange haben die kalifornischen Metaller von Steel Prophet nichts mehr von sich hören lassen. Zehn Jahre in denen sich die Metalszene sicherlich ein ganzes Stück verändert hat. Dabei ist fast ein wenig zu bezweifeln, dass die Welt auf eine Rückkehr des Quintetts gewartet hat. Aber halt, da gibt es doch dieses kleine Dorf Truemetalhausen, das sich vehement gegen jegliche Trends stellt, alten Helden gebührenden Respekt entgegen bringt und alljährlich seine große Zusammenkunft Keep-it-true feiert. Und eben dort meldeten sich Steel Prophet mit großem Halali wieder zu Wort. Das machte Hunger auf mehr. Und so ist es nun da, das neue Werk namens The Omniscient. Den Fan dürfte das Ganze ziemlich zufrieden stellen, denn Steel Prophet spielen nach wie vor und genauso lebendig wie eh und je ihren leicht verzwickten, amerikanischen Power Metal. Grund genug für uns bei Bandgründer, Gitarrist und Songwriter Steve Kachinsky anzuklopfen und nach dem aktuellen Stand der Dinge zu fragen. Er zeigte sich äußerst selbstbewusst aber auch gesprächig und gab einige interessante Dinge über Steel Prophet preis. Doch lest selbst:


Es ist jetzt schon ein Jahrzehnt her, dass ihr euer letztes Studioalbum Beware veröffentlicht habt. Es scheint ganz so, als habe The Omniscient eine lange Geschichte. Rick Mythiasin ist bereits seit 2007 wieder als Sänger mit dabei und vor drei Jahren hast Du gesagt, dass schon acht Songs für eine neue Veröffentlichung geschrieben sind. Warum diese lange Funkstille?

Nun, als wir begonnen an neuen Songs zu schreiben, entpuppte sich dies als quälend langer Prozess. Wir arbeiten an dem Album seit wir mit dem Schreiben fertig sind, das irgendwann 2009 begann und bis März 2013 dauerte. Ich denke, dass ich alleine schon an die 2.800 Stunden an Arbeit rein gesteckt habe - ohne die Zeit von anderen, also den Mix und das Einspielen der restlichen Instrumente.

Hast Du das Album mit eurer eigenen Ausrüstung aufgenommen oder wart ihr in einem speziellen Studio auswärts? Viele sehen bekanntlich einen großen Vorteil an der modernen Technik, da man so die Kosten senken kann und gleichzeitig flexibler ist.

Wie viele andere Musiker haben auch wir zahlreiche Aufnahmen und Nachbearbeitungen zu Hause am Computer gemacht. Und meiner Meinung nach verlangsamt das den Prozess wirklich. Bill Metoyer half anfangs bei den Schlagzeug- und einigen Gesangsaufnahmen. Danach übernahm ich allerdings das meiste. Bei unseren früheren Platten war es so, dass wir für einen Monat geschrieben haben, einen Monat die Songs probten und das Ganze einen Monat lang aufnahmen, so dass wir nach einem Vierteljahr fertig waren. Dieses Mal haben wir fast ein Jahr am Stück geschrieben, rund eineinhalb Jahre aufgenommen und sieben bis acht Monate lang am Mix gearbeitet, den R.D. Liapakis von Mystic Prophecy gemacht hat. Als alles fertig war, dauerte es ein paar Monate ein geeignetes Label zu finden und auch das Cover musste noch erstellt werden. Am Ende vergingen also drei Jahre von den fertigen Songs zum endgültigen Album.

Hast Du wieder einen Großteil der Texte und der Musik geschrieben? Welchen Einfluss haben die restlichen Bandmitglieder?

Ich habe Musik und Texte für zehn Songs auf dem Album geschrieben. Bei vielen unterstützte mich unser Bassist Vince beim Feintuning und Arrangieren der Songs. Rick sollte eigentlich die Texte zu den Songs schreiben. Aber nachdem ich neun Monate lang auf seine Ideen wartete, haben wir uns einvernehmlich entschieden, dass ich die Texte und Melodien schreibe, zu denen ich auch die Musik schrieb. Er machte dann die Texte und Melodien für drei Songs, die Vince komponierte.


In meinen Ohren klingt die neue Platte etwas „progressiver“ und verzwickter als ihre leicht geradlinigeren Vorgänger. Nummern wie „Aliens, Spaceships and Richard M.“ oder „911“ gehen etwas zurück in eure frühen Jahre. War dies eine bewusste Entscheidung?

Teilweise war es in dem Sinne bewusst, als dass Vince die Songs nach unserer alten Formel schreiben wollte, die ich ihm in den alten Tagen als Elemente unseres Songwritings beibrachte. Wie ich vorhin schon sagte, war er sehr ins Bearbeiten und Arrangieren während des Schreibprozesses eingebunden, selbst wenn ich letztendlich die Riffs einbrachte. Einiges passierte aber auch ganz natürlich. Wir haben nicht wirklich beabsichtigt eines unserer alten Alben neu zu erschaffen, auch wenn ich zugebe, dass man Reminiszenzen an Dark Hallucinations, Into the Void oder The Goddess Principle findet, wenn man genauer hinhört.

The Omniscient ist ein Konzeptalbum. Kannst Du unseren Lesern vielleicht etwas zum Inhalt und der Geschichte darum sagen? Ohne die Texte ist es schwer sich alleine anhand der Songtitel einen Reim darauf zu machen.

Es ist sehr komplex, aber vereinfacht geht es um einen Museumsdirektor, der einen antiken Text findet, der ihm unbegrenzte Kraft und Allwissenheit verspricht, sofern er die richtigen Erkenntnisse aus zwölf Situationen, die der Suchende durchlaufen muss, erwirbt. Die Geschichte nimmt viele Wendungen und sie ist eine übersinnliche, spirituelle and körperliche Reise. Jeder der zwölf Plätze ist ein Symbol auf einer Karte und sie beziehen sich auf die zwölf Songs des Konzeptalbums. Es wurde alles sorgfältig miteinander verbunden und ohne die Texte kann man dem Ganzen schwer folgen. Du ahnst nie wie es ausgeht! Die komplette Geschichte ist im Booklet der „Deluxe Edition“ abgedruckt. Mit allen CD- und digitalen Versionen bekommt man aber auch einen Link zur Cruz del Sur-Webseite, auf der man das Ganze ebenfalls nachlesen kann. Die Texte und Illustrationen zu den Songs selbst findet man aber in allen physischen Versionen. Ich wollte, dass die Konzeptgeschichte und die Illustrationen die Phantasie des Hörers so anregen, wie es nur die außergewöhnlichsten Alben tun. Deshalb ist die Geschichte, die The Omniscient erzählt, so wichtig für mich. Ich möchte, dass die Hörer darüber nachdenken und entscheiden wo sie in den Dingen, über die wir diskutieren, stehen - was uns von den Tieren unterscheidet, was die Natur von Kunst wirklich ist und was der Ursprung des Bewusstseins ist.

Wie passt ein Song wie „666 is everywhere“ - der für mich wie ein sarkastischer Blick auf die Metalszene klingt - und das Cover von Queens „Bohemian Rhapsody“ in dieses Konzept?

Ich mag, wie Du den Text von „666 is everywhere“ siehst. In der Geschichte müssen der Erzähler und der Hauptcharakter lernen sich selbst nicht zu ernst zu nehmen und über sicht selbst zu lachen. Du musst viel lernen, wenn du Ende ein Allwissender sein möchtest. „Bohemian Rhapsody“ ist eigentlich nur ein Bonustrack und hat genauso wenig mit dem Konzept zu tun, wie „1984“. Wir hoffen, dass die Leute mögen, was wir daraus gemacht haben. Das ist ein so geliebter, ikonischer Song. Und Queen ist meine absolute Lieblingsband. Einige fragen sich vielleicht, wie wir einen solchen Titel nur anfassen können. Aber die Geschichten rund um den Song sind legendär und wir wollten beweisen, dass wir der Herausforderung gewachsen sind.


Habt ihr dabei alles selbst eingesungen? Der „Galileo-Teil“ klingt teilweise so originalgetreu, als wäre er gesamplet worden.

Hör Dir den Opernpart noch einmal genau an. Das sind hauptsächlich Rick, ich, ein Typ namens Dave James von den Superbees und einige Mädels, die zu uns ins Studio für eine „Bohemian Rhapsody“-Party kamen. Wir haben 60 Spuren dabei verblasen. Es war das schwierigste Ding, an dem ich mich je versucht habe.

The Omniscient wurde mit Gitarrist Chris Schleyer und Schlagzeuger Jimmy Schultz aufgenommen, die einen guten Job erledigten. Letztes Jahr seid ihr aber wieder mit den alten Haudegen Jon Paget (Gitarre) und John Tarascio (Schlagzeug) auf dem Keep-it-true Festival aufgetreten, womit die Besetzung des Inner Ascendance-Demos auf der Bühne stand.

Chris und Jimmy konnten es nicht einrichten auf dem Festival zu spielen und eigentlich galt das auch wegen ihren Tourverpflichtungen für kommende Auftritte. Also haben wir Jon Paget und John Tarascio gefragt und sie waren gleich ganz aufgeregt deswegen. Wir alle, um ehrlich zu sein.

Steel Prophet hatten in ihrer Geschichte bisher sehr viele Besetzungswechsel. Ich kann mir vorstellen, dass es für eine Band in eurer Größenordnung auch nicht einfach ist gute Musiker zu halten, da ihr nie eine besonders große Nummer wart, was dann auch keine großen Verdienstmöglichkeiten mit sich bringt. Ist es nicht schwer eine Band unter diesen Umständen zusammen zu halten?

Es ist wirklich schwer über die Jahre hinweg eine stabile Besetzung zusammen zu halten, da sich viele Musiker nicht so sehr für die Musik interessieren, die sie machen, sondern mehr dafür, bezahlt zu werden. Ich verstehe das. Wenn man eine kleine Underground-Band ist, sieht es mit dem Geld nicht so rosig aus. In unseren Inner Ascendance-Tagen standen die Jungs in der Band komplett hinter der Musik, die wir machten. Und jetzt wo wir wieder zusammen sind, würde ich es mit niemand anderem mehr als Rick, Vince, Jon Paget und John Tarascio machen. Die Inner Ascendance-Besetzung wieder zusammen zu bringen war für mich wie eine Offenbarung. Ich sehe die Band als eine Art soziales Ventil, um mit den Jungs abzuhängen, da ich die Freundschaft und Kameradschaft so genieße. Wir haben viel Spaß diese Musik zu spielen. Ich liebe Musik und sie ist meine Leidenschaft. Aber die kann ich auch selbst zu Hause ausleben, indem ich experimentiere und Sachen ausprobiere. Soweit es mich betrifft, ist Steel Prophet von nun an ein Privatclub nur für uns fünf. Wir haben eine umfangreiche Historie und viele unterhaltsame Geschichten, die wir uns gerne erzählen, wenn wir zusammen sind. Es ist wie eine Familie!

Diskografie
The Goddess Principle (1995)
Continuum (EP, 1996)
Into the Void (1997)
Dark Hallucinations (1999)
Messiah (2000)
Genesis (Demo-/Cover-Compilation, 2000)
Book of the Dead (2001)
Unseen (2002)
Beware (2004)
Eyes of the Prophet (Demo-Compilation, 2004)
Shallows of Forever (Demo-Compilation, 2008)
The Omniscient (2014)
Bereust Du etwas in der Vergangenheit von Steel Prophet - künstlerisch oder ganz allgemein - oder würdest Du noch einmal alles so machen?

Was ich am meisten bereue, ist dass ich zugelassen habe, dass Jon Paget die Band verlässt. Zu der Zeit wollt er etwas, von dem er dachte, es sei nicht fair es von mir zu verlangen. Aber ich hätte nachgeben sollen. Er war der beste Gitarrenpartner den ich in der Band je hatte, da wir spielerisch auf derselben Wellenlänge waren und was wir am Gitarrespielen bewundern, ziemlich das gleiche ist. Andere Gitarristen die wir hatten waren großartige Musiker, aber es funktionierte nicht besonders gut, wegen persönlichen Angelegenheiten und verschiedenen Ansichten, um was es spielerisch und in Sachen Songwriting bei der Band geht. Ich wünschte mir, auch John Tarascio wäre nicht gegangen. Aber ihn langweilte das alles zu der Zeit.

Steel Prophet sind über die Jahre immer nur als Kultact abgestempelt worden. Eine Band, die trotz Alben wie Dark Hallucinations, Messiah oder Into the Void ihren Durchbruch verpasst hat. Grübelst Du deswegen manchmal über das warum nach?

Ich weiß, wenn ich Heavy Metal-Alben schreiben wollte, die durch die Decke gehen, könnte ich das machen. Möglicherweise wären die Platten erfolgreicher und wir kämen von unserem Status als Kultact weg. Ende der 90er waren wir zusammen mit Hammerfall, Iced Earth, Gamma Ray und Blind Guardian, ein paar von den Bands, die weiter melodischen, musikalischen, aber auch schweren Metal spielten, mal an diesem Punkt. Iron Maiden und Judas Priest hatten sich von Bruce Dickinson und Rob Halford getrennt. Die Zukunft sah für uns jüngere, emporkommende Bands rosig aus. Wenn unser damaliges Label Nuclear Blast es geschafft hätte, uns permanent auf der Straße zu halten, hätte es vielleicht was werden können. Es ist schwer zu sagen, was hätte sein können. Was ich weiß, ist dass ich die Musik liebe. Ich mache die Alben, die ich machen will, mit den Songs, die ich darauf spielen möchte. Wenn niemand sonst sie mag, tu ich es wenigstens. Viele meiner Lieblingsplatten und -songs waren für die Künstler auch keine großen Hits. Wohl oder übel muss ich in erster Linie mich selbst zufrieden stellen und hoffen, dass meine Arbeit auch andere interessiert. Aber danke für die Frage. Ich weiß jetzt, dass ich ziemlich verbittert über meine musikalische Karriere sein sollte. (lacht)


Als Kontrast zur kommerziellen Situation hat man Steel Prophet allerdings beim Keep-it-true im letzten Jahr wie Götter empfangen. Die Leute waren überrascht Rick im Rollstuhl zu sehen. Was war passiert?

Wir haben das Festival geliebt. Ich mag es nach Deutschland zu kommen. Es ist so ein schönes Land und die Leute dort haben uns bisher immer sehr warmherzig behandelt. All die bekannten Gesichter und die alten Freunde zu sehen war ein sehr befriedigendes Erlebnis für uns alle. Rick hatte einen oder zwei Monate vor dem Festival einen Unfall. Er fiel eine Schlucht runter und brach sich ein paar Knochen. Er konnte fast nicht auftreten, aber er zog es durch. Nichts konnte ihn aufhalten!

Gibt es nach all den Jahren noch Ziele, die Du gerne mit Steel Prophet erreichen möchtest?

Ich denke wir haben mindestens noch ein weiteres Album in uns. Als ich The Omniscient machte, fielen mir mit der Zeit immer mehr kleine Fehler im Songwriting, Arrangements, Harmonien und der Aufnahme auf und ich bin ziemlich sicher, dass mir das beim nächsten Mal nicht mehr passiert. Trotzdem ist diese Platte fantastisch. Aber mir wurde während der Produktion klar, wie man das Ohr des Hörers noch etwas mehr kitzeln kann. Nach den vielen Jahren die wir gebraucht haben, war es aber zu spät, das in dieses Album noch einzubauen. Die Leute können etwas Gewaltiges beim nächsten Mal erwarten.

Wie oft trefft ihr euch eigentlich als Band gerade? Ist Steel Prophet eine „traditionelle Band“ oder kommt ihr nur zusammen wenn neue Projekte wie Liveauftritte oder Aufnahmen anstehen?

Normalerweise kommen wir nur zusammen, wenn sich ein Projekt am Horizont andeutet. Aber letztes Jahr trafen wir uns und spielten auf meiner jährlichen Weihnachtsparty. Es war ein großer Spaß. Und ein paar Wochen später spielten wir auf Johns Party am Heiligabend.

Was steht als nächstes für Stell Prophet an? Vielleicht mal wieder Konzerte in Übersee?

Als nächstes nur unsere Release-Party in Venture, CA am 19. Juli. Wir spielen mit einer tollen Band namens Night Demon und wir möchten das Zustandekommen des Albums feiern, bevor wir den nächsten Schritt wagen. Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr zu ein paar Festivals in Deutschland eingeladen werden. Wie die Platte aufgenommen wird entscheidet darüber, wie beschäftigt wir nächstes Jahr sein werden. Es wäre toll nach Deutschland zurück zu kehren. Das ist wie eine zweite Heimat für uns.

Was gibt es da nach zu sagen: Wir warten auf euch, Steve!



Mario Karl



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