Darkest Era: Texte sind für unsere Art von Musik wichtig!
Hier ein paar nackte Fakten zum Quintett Darkest Era: Nordiren, die Band wurde 2005 als Nemesis gegründet, man veröffentliche vor drei Jahren nach zwei EPs sein Debütalbum The Last Caress of Light bei Metal Blade, rund um die Arbeiten zum zweiten Album ließ man etwas Federn und musste zwei Gründungsmitglieder austauschen, nichtsdestotrotz steht seit kurzem Severance unter der Ägide der kleinen, italienischen Plattenfirma Cruz del Sur Music in den Händlerregalen. Darauf zeigt sich als eine hungrige Metalband, die immer wieder ein Händchen für mitreißende Songs beweist. Der Sound ist kämpferisch mit einer gewisseN Ladung Pathos mit Hang zur großen Geste, allerdings präsentiert man sich stets bodenständig. Würden die ebenfalls von der Insel stammenden Primordial nicht im schwarzmetallischen Düstersound wurzeln, sondern viel mehr im traditionellen Metal, würde man wohl so ähnlich wie Darkest Era klingen. Deren Severance überzeugt in seiner epischen Breite vom Anfang bis zum Ende. Dies alleine genügt schon als Grund, um der Band etwas genauer auf den Zahn zu fühlen. Gitarrist und Songschreiber Ade Mulgrew gab gerne Auskunft was seine Band, aber auch sein Umfeld betrifft, so dass dieses Interview nicht nur den Blick auf Darkest Era, sondern auch auf Nordirland und seine Metalszene frei gibt.
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Ade, der Name Darkest Era dürfte für unsere meisten Leser bisher recht unbekannt sein. Kannst mir ein bisschen über die Anfangstage eurer Band erzählen?
Wir sind 2005 'rum zusammen gekommen als wir noch in der Schule waren. Wir trafen uns als Rock- und Metalfans, bzw. -musiker, die einfach nur Metal spielen und in einer Band sein wollten. Wir begannen damit Coverversionen zu spielen, da wir keinen Plan hatten, wie unsere eigene Musik klingen solle. Es gab von Anfang an keinen großen Plan, wie ihn derzeit viele schwedische Bands haben. Wir mussten uns erst selbst ein wenig entdecken und als wir das taten, war es ziemlich klar, was wir tun und wer wir sein wollten. Unsere Wurzeln liegen im traditionellen Metal wie Iron Maiden, Judas Priest. Sie reichen aber auch zu Sachen wie Bathory, My Dying Bride und Folk-Musik. Über die Jahre haben wir aus unseren Einflüssen unsere eigene Stimme geformt.
Für euer Debütalbum wart ihr beim relativ großen Label Metal Blade unter Vertrag, während ihr jetzt bei der kleinen, aber speziellen Firma Cruz del Sur seid. Manche können denken, dass das in geschäftlicher Hinsicht ein Schritt zurück wäre. Auf der anderen Seite könnte sich ein kleinerer Katalog an Bands, der sich zudem mehr auf traditionelle Metalacts beschränkt, als Vorteil erweisen.
Es ist zwar ein Schritt zu einem kleineren Label. Aber ich sehe es nicht als Schritt zurück. Wahrscheinlich kann Cruz del Sur, aus dem Grund den zu gerade genannt hast, mehr für uns tun als Metal Blade. Wir gingen in ihrem Labelprogramm ziemlich verloren. Sie haben große Bands unter Vertrag, die eine große Menge von Alben verkaufen. Auf dem Label wimmelt es von Bands, mit denen wir nichts gemeinsam haben. Die Firma ist eben sehr vielfältig. Da fühlen wir uns bei Cruz del Sur viel mehr zu Hause. Mit jeder Band in ihrem Programm verbindet uns etwas. Die Rolle einer Plattenfirma verändert sich gerade. Einiges an Kontrolle fällt wieder zu den Bands zurück und wir haben einen zukunftsgerichteten Deal mit Cruz del Sur, von dem beide Seiten profitieren.
Die Songs auf eurem Debütalbum waren meist länger und verspielter, während die Nummern von Severance kompakter mit einer dichteren Atmosphäre klingen. Seid ihr bereits mit dieser Absicht an die Sache heran gegangen?
Ja, in gewisser Weise schon. Wir wollten das Fett von unserem Sound entfernen, die Arrangements weniger aufgebläht und schlängelnd machen, einfach direkter sein. Davon abgesehen haben wir am Schreibprozess allerdings nichts verändert. Es war nicht wirklich beabsichtigt dunkler und aggressiver zu werden. Aber so hat es sich eben ergeben. Manche Dinge entwickeln während des Schreibprozesses eine Art Eigenleben.
Kannst Du mir etwas über die Aufnahmen zu Severance sagen? Unter welchen Umständen habt ihr aufgenommen? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach für eine kleine Band mit knappem Budget ist, eine anständige Aufnahme zu finanzieren.
Das stimmt, alles kostet sehr viel und als kleine Band wie wir verdienst du nicht wirklich Geld. Es wird immer wieder gesagt, dass es nicht mehr als ein teures Hobby ist, in einer Band auf diesem Niveau zu sein. Aber man gibt die Hoffnung trotzdem nicht auf, dass man zumindest an den Punkt kommt, dass sich die Arbeit irgendwann auszahlt. Das Schreiben und Aufnehmen war dieses Mal ziemlich intensiv und sehr stressig. Die Band war an der Schwelle auseinander zu fallen, da wir keinen dauerhaften Bassisten hatten und unsere Schlagzeugerin Lisa dabei war die Band zu verlassen. Dazu erreichte uns die Nachricht, dass Metal Blade unser Album nicht veröffentlichen wird, ziemlich spät. Wir schrieben das meiste Material während zehn Wochen und es war heftig und schwer ein Album unter diesen Umständen zu machen. Das hat wohl die Atmosphäre und das Gefühl der Platte am Ende ziemlich beeinflusst.
Was soll der Albumtitel Severance (dt. Trennung, Unterbrechung) ausdrücken?
Der Titel ist absichtlich rätselhaft und er beschreibt im Wesentlichen die Hauptthemen des Albums. Es ist die Durchtrennung unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit, der Struktur unserer Existenz und was wir von der Welt wissen. Es ist das Auseinanderreißen von allem.
Eure Texte kann man auf verschiedene Weisen interpretieren. Meiner Meinung nach funktionieren sie als Art kämpferische Romantik, aber auch als Betrachtung unserer gegenwärtigen Zeit und den Verfall von zwischenmenschlichen Beziehungen und der Umwelt im Allgemeinen. Aber was wolltet ihr wirklich ausdrücken?
Ich denke Du hast die Themen verstanden. Der Hörer findet sich als eine Art Figur in den Songs wieder. Der Kämpfer mit dem Schwert, wenn Du so willst. Aber was die Songs wirklich behandeln, ist meist philosophisch. Darin sucht die Hauptfigur nach Antworten. Das Hauptthema des Albums ist Verfall. Der Verfall von allen Dingen - physisch und metaphysisch. Es beschreibt die Macht der Zeit und wie sie alles zu Staub zerfallen lässt, das Konzept des Solipsismusses - das sagt, dass wir nicht sicher kein können, was außerhalb unseres Geistes existiert. Alles präsentiert in einer postapokalyptischen Umgebung. Die Texte sind für unsere Art von Musik wichtig. Es war schwierig die richtigen Worte für dieses Album zu finden. Das erzeugte großen Stress, denn ohne die Texte ist nur die Hälfte von dem da, was wir ausdrücken möchten.
Diskografie | The Journey Through Damnation (EP, 2008)
The Oaks Session (EP, 2010)
The Last Caress of Light (2011)
Severance (2014) |
| Wo nimmst Du Deine Inspirationen her? Bist auch von der irischen Folklore und Mythologie beeinflusst?
Wir ziehen unsere Inspirationen von einer großen Anzahl an Quellen. Zum großen Teil die üblichen wie Literatur, Film, Kunst oder persönliche Erfahrungen. Man kann auch etwas Folklore bei uns finden. Aber das beruht mehr auf der Art von Sprache, Metaphorik, die wir benutzen und die Weise wie wir unsere Geschichten erzählen. Wir erzählen nicht wirklich alte, folkrolistische und mythologische Geschichten. Aber möglicherweise findet man die selben Themen auch in einigen dieser Erzählungen.
Dahingehend sehe ich auch gewisse geistige Verbindung zwischen euch und anderen Bands von der Insel wie Primordial, Mael Mordha oder Cruachan. Sind das eine Art „Brüder im Geiste“?
Wir spielten schon viele Konzerte mit den genannten Bands. Es existiert nur eine sehr kleine Metalszene in Irland und so gibt es natürlich eine Verbindung. Meiner Meinung nach macht aber jede Band was ganz Anderes. Allerdings sind wir die einzige pure Heavy Metal-Band von ihnen und deshalb stehen wir in dieser Beziehung ziemlich für uns selbst.
Der Teil von Irland in dem ihr lebt hat eine ziemlich schwierige Geschichte. Seht ihr euch deshalb mehr als Iren oder als nordirischer Briten? Dublin oder London - was ist persönlich für euch wichtiger?
Das kommt immer darauf auf, wen Du fragst. Einige der Leute auf dieser Insel werden sich immer als Briten sehen, einige als Iren und einige auch als Nordiren. Persönlich fühle ich mich mehr irisch als britisch. Aber der Großteil von uns erachtet sich als nordirisch. Es ist ein Mix aus beidem, was dem geschuldet ist, dass wir seit mehreren Generationen Seite bei Seite aufgewachsen sind. Nordirland hat mehr oder weniger seine eigene Kultur und die Leute unterscheiden sich ziemlich von den Leuten der Republik Irland. London ist politisch gesehen viel wichtiger, da wir am Ende des Tages immer noch ein Teil von Großbritannien sind. Freilich ist Nordirland zu klein, um sich selbst zu versorgen und wir kosten London viel Geld. Wir scheinen uns allerdings zu einem Punkt zu bewegen, an dem wir uns im Hintergrund an Dublin und London in gleichem Maße orientieren, unsere Identität aber an der Oberfläche bewahren. Ich stimme Dir zu, dass es kompliziert ist. Und die meisten wollen einfach nur ihr Leben leben.
Hier in Deutschland wird die irische Metalszene hauptsächlich von Primordial repräsentiert. Kannst Du mir einen kleinen Blick auf die Metalszene der Insel geben?
Ich bin nicht überrascht, dass Primordial der einzige wirklich erfolgreiche Metalexport Irlands ist. Es gibt Bands wie Altar of Plagues, Cruachan und Gama Bomb, die sich wacker schlagen, aber nicht in diesem Maße. Wir haben hier eine ziemlich kleine Szene und das Land ist ziemlich rückständig, was die Heavy Metal-Kultur und Subkultur im Allgemeinen betrifft. Der Underground ist so klein und es gibt im Vergleich zu anderen Orten nicht wirklich viele Bands. Eine der besseren, aufstrebenden sind Terminus, Celtachor, Malthusian. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Norden und dem Süden. Aber das ist auch nicht anders, wie in anderen Ländern. In Nordirland scheinen Hardrock-Bands und Metalcore besser zu laufen, während sich in der Republik ein größeres Publikum für Black- und Death-Metal findet.
Wo siehst Du Darkest Era in ein paar Jahren? Habt ihr vor irgendwann die Profistatus zu erreichen oder genießt ihr mehr diesen Status, in dem ihr freier in euren Entscheidungen seid?
Egal was kommt, wir werden immer nur unserer künstlerischen Vision verpflichtet sein. Da gibt es keine Kompromisse. Die Vorstellung eine professionelle Band zu sein, ist heutzutage ziemlich schwer. Wir möchten gerne auf größeren Festivals spielen, auf größere Touren gehen und vor mehr Leuten spielen und unser Ziel ist es, in diese Richtung zu wachsen. Wir fangen gerade an, an unser nächstes Album zu denken. Wir haben noch einiges an Material in uns.
Was waren bis heute die Höhe- und Tiefpunkte in der Karriere von Darkest Era und im Musikerdasein ganz allgemein?
Highlights gab es jede Menge. Zum Beispiel mit einigen unserer Lieblingsbands zu spielen und so viele tolle Leute zu treffen. Wir hatten Glück bei ein paar großartigen Touren mitzufahren, was eine Erfahrung ist, die wir nie wieder vergessen werden. Die Tiefpunkte waren vermutlich die Besetzungsprobleme. Aber ich denke, das gehört dazu, wenn man in einer Band ist. Wir bereuen nichts. Wir sehen nur nach vorne, nicht zurück.
Im September geht ihr auf eure erste Headliner-Tour in Großbritannien. Seid ihr schon aufgeregt? Da gibt es sicherlich um einiges mehr zu organisieren, als wenn man nur als Support mit anderen unterwegs ist.
Ja, wir sind sehr aufgeregt und sind in den letzten Zügen das organisiert zu bekommen. Es ist natürlich viel mehr Arbeit, aber jetzt ist es die richtige Zeit dafür. Wir haben viele Fans in UK, die ein ganzes Konzert von uns sehen wollen. Hinter den Kulissen arbeiten wir ziemlich hart um eine wahnsinnige Show auf die Beine zu stellen. Wir sind eine kleine Band und es ist eine kleine Tour. Aber wir möchten, dass die Leute nach Hause gehen und denken, etwas Erstaunliches gesehen zu haben.
Gibt es auch Pläne außerhalb der Inseln zu spielen?
Deutschland steht für Anfang nächsten Jahres ganz oben auf unserer Liste. Wir tun alles dafür, um bei euch spielen zu können. Vielleicht um den März herum. Ende des Jahres können wir dann vielleicht ein paar Ankündigungen dazu machen.
Die letzten Worte gehören Dir, Ade.
Heavy metal ’til death!
Mario Karl
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