Mit Slash und Mötley Crüe auf der "Wild Side"
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Das Paket sollte man sich als echter Hardrock-Fan wohl kaum entgehen lassen: die Legende Mötley Crüe in Originalbesetzung mit dem original Guns ’N Roses-Gitarristen Slash und seiner Band als Vorgruppe! Von daher stehen vor der Stechert-Arena in Bamberg bereits Horden von Rockfans, die sich diese Kombination ebenfalls reinziehen wollen. Die Halle ist zum Bersten gefüllt, als wir uns in den Innenraum begeben. Vor dem Halleneingang ist eine Warnung angebracht: „Achtung! Am Schluss des Mötley Crüe-Konzerts wird Kunstblut ins Publikum gespritzt!“ Rock’n’Roll zum Anfassen also.
Die Spannung steigt und um 20 Uhr steigt SLASH mit seinen Conspirators auf die Bühne. Die Fans sind bereits jetzt aus dem Häuschen und Slash und seine „Verschwörer“ legen mit „One Last Thrill“ gleich richtig fetzig los. Es wird gigantisch, als mit „Nighttrain“ bereits als zweiter Song ein Guns ’N Roses-Klassiker präsentiert wird. „Ghost“ kommt live ebenfalls sehr gut an, auch die Songs von Slashs neuestem Album fügen sich gut unter die „alten“ bzw. Klassiker. Die Conspirators bestehen aus dem Bassisten Todd Kerns, Schlagzeuger Brent Fitz sowie dem Sänger von Alter Bridge, Myles Kennedy. Er hat noch einen zweiten Gitarristen dabei, den ich jedoch nicht kenne. Der Sound ist super und die Band inklusive Slash gibt von Anfang an Vollgas. Slash ist die Coolness in Person und post auf der rechten Bühnenseite stilecht mit Zylinder, Sonnenbrille sowie seiner legendären Gibson Les Pauls. Nebenbei spielt er noch eine Wahnsinnsgitarre. Bei „Mr. Brownstone“ von Guns ’N Roses gehen die Fans wieder mächtig steil - die Hits, die er mit der legendären Rock n Roll-Band aufgenommen hat, kommen am Besten an. Viele drehen völlig durch, als die Überhymne „Sweet Child O’ Mine“ gespielt wird. Es ist, als wäre Geburtstag und Weihnachten an einem Tag! Ja, Guns ’N Roses sind nun mal die größte Band, in der Slash je gespielt hat - und die Hits sind einfach unsterblich. Myles Kennedy veredelt sämtliche Songs mit seinem unnachahmlichen Goldkehlchen und verleiht auch diesem Song seinen Stempel. Der Velvet Revolver-Song „Slither“ leitet über zum letzten Song „Paradise City“. Hier ist das Bamberger Publikum einmal mehr voll auf der Höhe und singt, schreit und hüpft, was das Zeug hält. Der Auftritt ist extrem kurzweilig und sehr unterhaltsam. Slash und seine Band bekommen viel Applaus und das völlig zu Recht!
Setlist Slash:
One Last Thrill
Nightrain
Ghost
Standing in the Sun
Back From Cali
Mr. Brownstone
Shots Fired
Anastasia
Sweet Child O' Mine
You're a Lie
Slither
Paradise City
Nach etwa 20 Minuten Umbaupause kommen die Kultchaoten MÖTLEY CRÜE auf die Bamberger Bühne. Von Beginn an mit einem Wahnsinnssound ausgestattet legen die Jungs um Sänger Vince Neil mit dem Smasher „Wild Side“ richtig amtlich los. Vince Neil, dem man ja des Öfteren unterstellt, dass er nicht singen kann zeigt vollen Einsatz, bewegt sich während des ganzen Konzerts sehr viel auf der Bühne und singt außerdem noch sehr gut. Die Bühne ist in einem ziemlich futuristischen Stil gehalten und passt perfekt zu den rotzigen Songs von Mötley Crüe. Das Mikrophon von Bassist Nikki Sixx hängt von der Decke und er lässt es immer wieder über den Köpfen des Publikums hin- und her schwingen. Auch er ist gut gelaunt und nutzt die Bühne aus, um viel hin und her zu laufen und die Fans zu animieren. Gitarrist Mick Mars, der sich immer weniger bewegen kann, sieht optisch mittlerweile viel besser aus als noch bei dem Rock Im Park-Auftritt 2005. Er spielt eine ziemlich wahnwitzige Gitarre und haut richtig brutal in die Saiten. Mir gefällt seine Spielweise und auch seine Art, die Riffs unter die Menge zu hauen. Einzig sein Solo ist total überflüssig. Im hinteren Bereich der Bühne trohnt der durchgeknallte Tommy Lee. Er verpasst der Truppe den unnachahmlichen Arschtritt - er hält die Band zusammen. Überhaupt muss man sagen, dass Mötley Crüe auf der Bühne eine sehr solide und bedrohliche Einheit bilden. Was immer man über sie gelesen, geschrieben oder gesagt hat: Heute Abend rocken sie alles weg und zeigen eindrucksvoll, warum sie diesen Legendenstatus überhaupt haben!
Und die Songauswahl ist natürlich über jeden Zweifel erhaben. „Live Wire“, „Shout At the Devil“, „Saints Of Los Angeles“… was will man mehr? Auch die Hits wie „Same Ol’ Situation”, „Primal Scream“ werden gespielt. Die Fans feiern jeden Song absolut frenetisch ab. Überhaupt fällt auf, dass sehr viele junge Fans im Publikum sind. Mötley Crüe sind (wieder) in und ich finde allein schon diese Tatsache sehr cool! Mötley Crüe lassen zu einem Song auch drei Fans auf die Bühne, die zusammen mit ihren Idolen abfeiern dürfen. Eine sehr lässige Geste. Bei den meisten Songs sind zwei ziemlich spärlich bekleidete Background-Sängerinnen dabei, die das Konzert optisch und akustisch erheblich aufwerten. „Smokin In The Boys Room“ gefällt wohl nicht jedem Fan. So ist ein Fan so bescheuert und wirft Sänger Vince Neil, der bis dahin das Publikum sehr gut animiert, sehr gut gesungen und sich überaus sympathisch präsentiert hat, einen Becher Wasser an den Kopf. Vince ist klitschnass und verlässt unter wüsten Beschimpfungen die Bühne. Die Band spielt routiniert den Song ohne Gesang zu Ende und schaut auch erst einmal ziemlich verdutzt aus der Wäsche.
Tommy Lee fängt sich am schnellsten und zeigt, was er am Schlagzeug alles kann. Das ist bekanntermaßen eine ganze Menge. Um die Sache noch etwas spannender zu machen wird Tommy auf dem Sitz festgeschnallt und das Schlagzeug rotiert in einem Metallring, während er sein Solo abzieht. Das Ganze sieht so irre aus, dass ich es anfangs gar nicht richtig fassen kann. So was hab ich echt noch nicht gesehen - der absolute Wahnsinn. Und Tommy setzt noch einen drauf. Er lädt einen Fan aus dem Publikum, der Vince Neil sehr ähnlich sieht ein, zu ihm auf die Bühne zu kommen. Er darf neben ihm Platz nehmen und das Schlagzeug, Tommy und der Fan „drehen“ noch ein paar Runden! Unter tosendem Beifall wird Tommy und der Fan losgeschnallt und die meisten im Publikum sind sich einig: Das war das verrückteste Schlagzeugsolo aller Zeiten!
Mittlerweile scheint sich Vince Neil wieder einigermaßen beruhigt zu haben. Tommy setzt sich ans Piano und legt mit den Anfangstönen zu „Home Sweet Home“ los. Dieser Song dürfte vielen durch Linkin Park bekannt sein - die ihn meiner Meinung nach mächtig verhunzt haben. Hier kommt das Original und das ist um Längen besser! Nun kommt der Song, den Nikki über seine Heroinüberdosis geschrieben hat: „Kickstart My Heart“. Dieser Kracher kommt erwartungsgemäß gut an und lässt das Publikum noch einmal so richtig abrocken. Welcher Song kommt wohl als nächster? Mötley Crüe verlassen unter großem Beifall nach 90 Minuten die Bühne und die Fans freuen sich auf die eine oder andere Zugabe. Leider gibt es hier jedoch keine weiteren Songs. Die Songs „Girls Girls Girls“ und „Dr. Feelgood“, ohne die normalerweise kein Mötley Crüe Konzert endet, werden einfach weggelassen! Meiner Meinung nach kann man sich bei dem „lustigen“ Wasserwerfer bedanken. Er hat sich und das komplette Publikum um zwei Highlights des Konzerts gebracht! Die Kunstblutaktion am Schluss wird leider auch weg gelassen. Lediglich Nikki Sixx spuckt ein paar Spritzer ins Publikum.
Setlist Mötley Crüe:
Wild Side
Live Wire
Too Fast for Love
Saints of Los Angeles
Shout at the Devil
Don't Go Away Mad (Just Go Away)
Same Ol' Situation (S.O.S.)
Looks That Kill
Piece of Your Action
Primal Scream
Smokin' in the Boys' Room
Schlagzeugsolo Solo
Home Sweet Home
Kickstart My Heart
Fazit: Zwei Superkonzerte sind leider viel zu schnell vorbei! Außerdem finde ich es ziemlich uncool, dass so genannte „Fans“ ihre Idole mit Wasserbechern bewerfen. Das muss einfach nicht sein und führt dazu, dass Konzerte abgebrochen oder verkürzt werden. Man kann nur hoffen, dass er von den umherstehenden einen Satz warme Ohren kassiert hat. Was mir an Mötley Crüe sehr gut gefällt: Bei aller Rivalität und Missgunst die in der Band herrschen lassen sie einen alten Recken wie Mick Mars trotzdem noch mitspielen. Manche Bands sortieren ihre Gitarristen aus, wenn sie ihnen optisch nicht mehr passend vorkommen (siehe Whitesnake). In dieser Form können Mötley Crüe ruhig noch öfters nach Deutschland kommen!
Stefan Graßl
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