Ein Anfang mit offenem Ende
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Autor: Michael Fuchs-Gamböck / Thorsten Schatz
Titel: Genesis – 40 Jahre Rockgeschichte
Verlag: Heel Verlag
ISBN: 9-783-898808-002
Preis: € 14,95
148 Seiten
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Bereits das Titelbild dürfte bei „echten“ Genesis-Fans das Blut in Wallung bringen. Wie kann man es nur wagen auf den Titel eines Buches, das die ganze Genesis-History beleuchtet, ein Foto der "elenden" Pop-Genesis zu setzen, statt eines der „einzig wahren“ Genesis mit Peter Gabriel und Steve Hackett zu benutzen?
Damit sind wir auch schon bei einem Spezifikum dieses hochaktuellen Bandes, das bereits die derzeit laufende Genesis-Tour und die noch nicht abgeschlossene Edition der Genesis-Alben als SACD-Doppeldecker berücksichtigt (natürlich nur als Ausblick!). Fuchs-Gamböck, Jahrgang 65, und sein wohl deutlich jüngerer Mitautor Thorsten Schatz stellen zwei Generationen von Genesis-Fans da. Thorsten Schatz hat Genesis erst in den 80ern über den Umweg des Phil Collins-Hits „In the Air tonight“ kennen gelernt. Seine Erstbegegnung mit dem 83er Hitalbum Genesis. Für ihn kann die von Phil Collins geprägte Zeit also gar kein „Verrat“ an den „wahren“ Genesis sein. Fuchs-Gamböck dagegen ist bereits 1975 in der Phase der Vierer-Besetzung zum Fankreis dazu gestoßen, die in der Regel noch zu den „alten“ Genesis gezählt wird. Aber auch er ist offen für die weitere Geschichte. Außer dem Frühwerk From Genesis to Revelation kann er unter den bisher erschienen 20 Genesis-Alben nicht einen Durchhänger erkennen, erklärt er im Vorwort, auch wenn im Buch selber auch das letzte Album Calling all Nations (zu Recht) als recht fragwürdige Angelegenheit beschrieben wird. So liegt hier eine Biographie einer der erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten vor, das in der Lage ist, die Stärken der unterschiedlichen Phasen der Bandgeschichte mit nahezu gleich bleibender Begeisterung darzustellen. Auch die diversen Nebenprojekte werden ausführlich beschrieben, wobei Peter Gabriel und Steve Hackett weitgehend vernachlässigt werden. Man konzentriert sich auf die Nebenprojekte der Genesis-Mitglieder, nicht auf die weiteren Karrieren der Aussteiger. Eine Ausnahme wird bei Phil Collins gemacht, von dem auch die Alben betrachtet werden, die in der Zeit erschienen sind, in der er nicht bei Genesis war.
Das Buch enthält als Beigaben eine Genesis- und eine Phil Collins-Diskographie, sowie 16 farbige Hochglanzfotoseiten. Der ohne Mitwirkung der Band verfasste Text konzentriert sich auf die Musik und den Karriereverlauf. Private Verhältnisse werden gelegentlich kurz gestreift. Auf die Texte wird so gut wie nicht eingegangen. Das ist vielleicht auch besser so. Fuchs-Gamböck scheint sowohl mit der englischen Sprache, wie mit den Bibelkenntnissen, die bei Genesis gelegentlich eine Rolle spielen, seine Probleme zu haben. Den Titel des Debüts From Genesis to Revelation übersetzt er mit ” Vom (biblischen) Ursprung zur Erlösung“ (Seite 22). Aber natürlich heißt „Erlösung“ auf Englisch „Salvation“. „Revelation“ heißt Offenbarung. Und „The Book of Revelation“, die Offenbarung des Johannes, ist das letzte Buch des Neuen Testamentes, während die Genesis das erste Buch des Alten Testamentes ist. Genesis schlagen also mit diesem Titel ganz bewusst einen Bogen, der die gesamte Bibel umfasst. Songtitel wie „The Serpent“ (Die Schlange) oder „In Limbo“ (die Vorhölle in der katholischen Dogmatik) machen deutlich, dass das kein Zufall ist. Dieser zugegebenermaßen etwas böse Seitenhieb sei als Problemanzeige dahingehend verstanden, dass Fuchs-Gamböck und Thorsten Schatz der Verdienst zukommt eine gut lesbare, unvoreingenommen und begeisterte Darstellung der komplette Geschichte von Genesis vorgelegt zu haben. Ein Buch über die faszinierenden, oft schwer verständlichen Texte von Genesis, ihre Entwicklung und ihre zeitgeschichtlichen steht allerdings noch aus. Auf meinem Schreibtisch liegt bereits der neue Genesis-Band aus der Story und Songs kompakt Serie (übrigens mit demselben Foto auf der Titelseite!). Dass hier viel behoben wird, ist nach den Parallelbänden allerdings nicht zu erwarten. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe.
Am Ende des Buches stehen die drei Genesis-Recken, Phil Collins, Tony Bank und Mike Rutherford in Gedanken bereits gemeinsam in den Stadien der Welt. Eine Tür weiter in die Zukunft können die Autoren nicht öffnen. Träumen aber darf man. Und so liegen am Ende des Bandes weitere Tourneen, neue Genesis-Alben und natürlich auch die Fünfer-Reunion in der Luft. Gerüchte, die darauf hindeuten, werden akribisch gesammelt. Und auch wenn die Wahrscheinlichkeiten dafür von vielen Fans als eher gering eingeschätzt wird, bei dieser Band darf die Hoffnung wohl nie enden; bei einer Band, die sich nach der Genesis benannt hat, dem Buch, in dem beschreiben wird, wie aus der chaotischen Urflut eine paradiesische Welt entsteht, die Bühne sein wird für alle Lebensäußerungen und Emotionen, Hass, Liebe, Sehnsucht.
Norbert von Fransecky
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