Lully, J.-B. (Niquet)
Persée
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Info |
Musikrichtung:
Barockoper
VÖ: 17.03.05
EuroArts Music / Naxos DVD (AD live 2004) / Best. Nr. 2054178
Gesamtspielzeit: 127:00
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LEHRSTUNDE IN FRANZÖSISCHER DEKLAMATION MIT FRAU MALZAHN
Verglichen mit ihrem melodienseligen italienischen Gegenstück legt die französische Barockoper viel Wert auf das Drama und die Textverständlichkeit. Daher nimmt bei ihr das Rezitativ einen entsprechend großen Raum ein. Die Bezeichnung Tragedie lyrique oder Tragedie en musique ist da gewissermaßen Programm. Vor allem bei den Werken Jean-Baptiste Lullys müssen die Darsteller wenigstens so gute Schauspieler wie Sänger sein. Bei der Neueinrichtung der 1682 komponierten Tragedie Persée 2004 im Elgin Theatre, Toronto, hat der Dirigent Hervé Niquet den Akzent sogar vor allem auf den schauspielerischen Aspekt gelegt. Seine Sängerinnen und Sänger sollen auch in der szenischen Performance überzeugen. Zudem hat sich Regisseur Marshall Pynkoski für eine historisierende Inszenierung entschieden, bei der das barocke Maschinentheater inklusive Flugapparate und – nun ja - lebensechter Drachen fröhliche Urstände feiert. Für die Sänger/innen heißt das, dass sie nicht nur im französischen Stil des 17. Jahrhunderts singend deklamieren, sondern sich auch einer entsprechenden Mimik und Gestik bedienen müssen. Ein insgesamt überzeugendes Konzept: Es zeigt sich, wie sensibel Worte, Klangfarben, Melodie, Rhythmus und Bewegungen bei dieser Form des Musiktheaters aufeinander abgestimmt sind. Der Ryhthmus der Worte diktiert den Rhythmus der Musik, beide zusammen entwickeln eine starke körperliche Energie.
Der Plot mischt Episoden aus der antiken Mythologie und stimmt sie diskret auf die tagespolitische Situation im Frankreich des Sonnenkönigs ab. Perseus (alias Ludwig XIV.) rettet das von Götterzorn und Monstrositäten wie der schlangenköpfigen Medusa (sprich: außenpolitischen Feinden) bedrohte Äthiopien (also Frankreich) und bekommt zum Schluss seine Herzdame Andromeda (die aktuelle Mätresse). Der Prolog, der den Zeitgenossen die politisch korrekte Lesart für das Werk diktierte, wurde für die Torontoer Aufführung gestrichen. In seinem Booklet-Essay legt Matthias Hengelbrock zwar die Hintergründe offen, für das unmittelbar Verständnis des Werkes mit modernen Augen und Ohren sind diese Informationen allerdings nebensächlich. Das Urteil der Italiener, die französische Oper sei für die Ohren die Hölle und die Augen der Himmel, möchte man in diesem Fall nur mit Einschränkungen gelten lassen. Die Betonung des Deklamatorischen verlangt vom Hörer allerdings die Bereitschaft, sich auf diese sehr spezielle Form barocken Gesangs einzulassen. Gesungen und gespielt wird mit Verve, wobei die Herren den Damen an Eleganz und Schönklang überlegen sind. Die schlanken und biegsamen hohen Tenöre von Cyril Auvity und Colin Ainsworth lassen keine Wünsche offen – was für eine Wohltat verglichen mit den heutigen sogenannten romantischen Tenören! In der Doppelrolle als machtbewusster Kepheus und schrille Medusa brilliert Oliver Laquerre. Anrührend ist die zwischen Neigung und Pflicht hin- und hergerissene Andromeda von Marie Lenormand.
Szenisch gibt es, wie gesagt, neobarocke Welten zu entdecken. Vor allem die historisierende Choreographie mit ihren kraftvoll-eleganten Bewegungen korrespondiert sehr schön mit Lullys abwechslungsreichen Tänzen. Manches wirkt dagegen eher unfreiwillig komisch, da mögen sich die Sänger noch so ins Zeug legen. Wenn z. B. im 4. Akt das Meeresungeheuer wie eine überdimensionale Frau Malzahn auf der Bühne herumtapst, wähnt man sich in der Augsburger Puppenkiste. Im Ganzen mag das stimmig sein – barocke Pop-Art sozusagen – aber es wirkt doch eher museal.
Fazit: Für Liebhaber und Kenner.
Georg Henkel
Besetzung |
Cyril Auvity – Persée Marie Lenormand – Andromède Stephanie Novaceck – Cassiope Monica Wicher – Mérope Oliver Laquerre – Céphée / Méduse Alain Coulombe – Phinée Colin Ainsworth – Mercure
Tänzer/innen des Atelier Balletts Tafelmusik Kammerchor Tafelmusk Orchester
Ltg.: Hervé Niquet
Regie: Marschall Pynkoski / Marc Stone (TV-Version) Design: Gerard Gauci Choreographie: Jeannette Zingg
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