Wie der Heavy Metal den Teufel aus der Bibel holte und nach Japan brachte. Manuel Trummer beschreibt das Satanische im Heavy Metal
Mit ihrem dritten Titel begibt sich die Reihe der Kohlhammer Metal Books auf den Highway to Hell. Die Auseinandersetzung mit dem „Satanischen im Heavy Metal“ steht dem geisteswissenschaftlichen Verlag mit theologischem Schwerpunkt gut an. Der Autor, Prof. Dr. Manuel Trummer, ist auf der einen Seite Außerplanmäßiger Professor für Vergleichende Kulturwissenschaft und Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Vergleichende Kulturwissenschaft der Universität Regensburg und Mitglied des Fachkomitees Immaterielles Kulturerbe der deutschen UNESCO Kommission; auf der anderen Seite Gitarrist der etablierten Metal Band Atlantean Kodex – und somit im doppelten Sinn Fachmann für das gewählte Thema. Trummer verfolgt im Wesentlichen die Spur des Satanischen durch die Zeiten. Zu Beginn sind Teufel und Satanismus Bedrohungen, die den Stücken den Thrill eines Horrorfilms verschaffen („The Number of the Beast“) oder Freifahrtscheine des ungehemmten Spaßes gegen spießigen Autoritarismus („Highway to Hell“). Im Lauf der Zeit wird die Identifikation mit dem “Bösen“ größer. Die Bands stellen sich auf seine Seite, geben sich als seine Personifikation aus. Sie sind „In League with Satan“ (Venom). Ein roter Faden der Darstellung ist die Frage, ob diese Satanisten das, was sie auf der Bühne darstellen, auch im Leben verkörpern. Die Antwort Trummers ist erst einmal ein klares “Nein“. Die Musiker werden wiederholt mit Schauspielern verglichen, die ihre Rolle so spielen, wie es das Drehbuch vorsieht. Der Vergleich hinkt an einem Punkt natürlich gewaltig. Gerade in der Rock-, Metal- und Punk-Szene ist die Frage der Authentizität und Credibility von großer Bedeutung. Eine Band, die allzu frei heraus sagen würde, dass das alles ja nur ein Spiel ist, handelt sich schnell Kratzer im Image ein. Von daher ist es erstaunlich, welch eindeutige sich von einem realen Satanismus distanzierende Statements Trummer bei Musikern einholen konnte. Wichtiger Aspekt der satanistischen Selbstdarstellung ist der Moment der Provokation der Umwelt und der Überbietung der bestehenden Konkurrenz. Dadurch entsteht eine Eigendynamik, die zu immer bizarreren, unmenschlicheren Gewalt- und Vernichtungsszenarien führt, die oft dezidiert anti-christlich, bzw. anti-kirchlich zugespitzt werden. Insbesondere in Norwegen bildete sich eine Black Metal Bewegung heraus, die sich entschieden von einem Satanismus distanzierte, der sich nur symbolisch äußert und als Mittel der Befreiung versteht. Eine weitere Drehung an der Eskalationsschraube führte zu dem, was die Band Darkthrone als „norwegisch-arischen Black Metal“ (S. 136) bezeichnet, der eindeutig antisemitische Züge trägt. „Sollte jemand versuchen, diese LP zu kritisieren, sollte er wegen seines offensichtlich jüdischen Benehmens gründlich gescholten werden,“ so Darkthrones Drummer Fenriz. (ebd.) An Varg Vikernes (Burzum) kann Trummer den Wandel vom Satanisten zum neuheidnischen Faschisten exemplarisch deutlich machen In den 90ern wird vor allem in Norwegen aus Spaß Ernst. Es kommt zu Kirchenbrandstiftungen und Morden. Hier verlässt „die Bejahung des Bösen eine spielerisch-ästhetische Dimension“ und kann „in instabilen Phasen oder persönlichen Krisen zu Gewalt, Selbstverletzung und einem Abgleiten in Depressionen oder Drogenmissbrauch führen.“ (S. 133) Überzeugend wird Highway to Hell nicht zuletzt dadurch, dass Trummer seine Reise nicht im Heavy Metal beginnt, sondern bei der “Geburt“ Satans in der Bibel, wo der Teufel noch wenig mehr als eine ziemlich kleine Nebenrolle innehat, die er dann erst im Rahmen der Kirchen- und Theologie- und dann der Kultur-Geschichte ausbauen kann. Gerade in letzterer ist der Aspekt der Befreiung von starren Gesellschaftsregeln ein wichtiger Impuls für den Siegeszug des Teufels in der Literatur und dann auch in Musik und Film. Trummer weist darüber hinaus darauf hin, dass der, bzw. die Teufel im Zuge der voranschreitenden Globalisierung auch Kulturgrenzen überschreiten – und zwar in beide Richtungen. Zum einen finden im Heavy Metal neben dem Gegenspieler des christlichen Schöpfergottes auch mehr oder weniger dämonische Gestalten aus anderen alten Kulturen (z.B. Ägypten, Mesopotamien) Verwendung. Zum anderen erreicht der zum Mainstream gewordene Black Metal als Teil der Popkultur auch nicht christlich geprägte Länder, in denen der Teufel, Satanismus und schwarze Messen besonders exotisch wirken. So z.B. die japanische Band Sabbat. „Der Teufel in alledem? Nur noch Folklore.“ (S. 143) Norbert von Fransecky |
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