Mozart, W. A. (Savall)
Requiem
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Info |
Musikrichtung:
Wiener Klassik
VÖ: 12.05.2023
(AliaVox / Harmonia Mundi / CD / 2022 / Artikelnr. AVSA9953)
Gesamtspielzeit: 44:54
Internet:
Jordi Savall
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REIFE ERNTE
Sehr eindrücklich und nachvollziehbar beschreibt Jordi Savall, wie er als Jugendlicher von Mozarts Requiem so ergriffen war, dass daraus sein Entschluss erwuchs, sein Leben der Musik zu widmen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der mittlerweile über 80jährige Dirigent noch einmal auf das Werk zurückkommt und nach der Einspielung aus dem Jahre 1991 gewissermaßen als Frucht und Resümee seines künstlerischen Wirkens noch einmal eine Interpretation vorlegt. Als permanent Suchender und Forschender wäre er der Letzte, der diese nun als letztgültig würde verstanden wissen wollen. Aber sie ist unbestreitbar gereift und in jedem Detail durchdacht, zugleich aber auch "durchlebt".
Savall verlässt sich weitgehend auf die bekannte Süßmayer/Eybler-Fassung. Und er zeigt auf, dass es nicht wirklich darauf ankommt, wer welchen Teil niedergeschrieben hat, sofern das Werk aus einem Guss verstanden und musiziert wird. Hörbar wird dies beispielsweise daran, wie Savall das wohl von Süßmayer stammende, etwas blockartig anmutende "Osanna" ausführen lässt, nämlich mit aufstrahlender, packender Wucht und temporeichem Impetus - ein vollgültiger Teil, nicht weniger mozartisch als die anderen. Auch die Repetition des ersten Teils im Schluss (Communio) wird hier nicht als dem Streben nach Vervollständigung des Stücks geschuldete Notlösung, sondern als geschickter und "sprechender" Schachzug gedeutet und angelegt: Während etwa die Zeile "Et lux perpetua" im Introitus noch mit verzagter Zurückhaltung intoniert wird, hat sich das Ganze hier - gewissermaßen im kathartischen Erleben und Durcharbeiten von Furcht und Hoffnung - zur Gewißheit des Jenseitigen verfestigt.
Im Orchester sind vor allem die Streichereinwürfe besonders prägnant: Weit entfernt von romantischer Weichheit schneiden sie schon im Eingangsteil gewissermaßen "ins Fleisch" - sehr pointiert, sehr klar. Im Chor, hier auf 20 Personen begrenzt und damit eher klein besetzt, ist der Sopranglanz zurückgenommen zugunsten eines leichten abschattierten Gesamtklangs. Savall lässt den Sängerinnen und Sängern bisweilen bewusst die Zügel schießen, um statt bloßer Strukturklarheit für Eindringlichkeit zu sorgen. Zusammen mit den Posaunen und tief gestimmten Bassetthörner entstehen dadurch mal um mal Klangeffekte, die durchaus schon auf Verdi und Cherubini vorausweisen, zugleich aber ihre Wurzeln im Barock noch immer offenlegen.
Nicht ganz zu befriedigen vermag die Auswahl der Solistinnen und Solisten: So verfügt Rachel Redmond zwar über einen sehr schön knabenhaften Sopran, der aber nicht unbedingt durchsetzungsstark ist und bei dem die Höhen auch schon einmal ins Flackern geraten und der Tenor Mingjie Lei mischt eingangs einen larmoyanten Ton bei, der leichterhand verzichtbar wäre. Aber Mozarts-Requiem ist eben in erster Linie ein Chor- und Orchesterwerk, so dass dies der Qualität der verdienstvollen Aufnahme, keinen wesentlichen Abbruch tut.
Sven Kerkhoff
Besetzung |
Rachel Redmond: Sopran
Marianne Beate Kielland: Alt
Mingjie Lei: Tenor
Manuel Walser: Bass
La Capella Nacional de Catalunya
Le Concert des Nations
Jordi Savall: Ltg.
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